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Gewalt im Computerspiel - Facetten eines Vergnügens
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GEWALT IM COMPUTERSPIEL134 Der Ärger der Anderen Bisher standen die Erfahrungen des quasi-sozialen Umgangs mit computerge- steuerten Gegnern in Singleplayer-Games im Vordergrund. In Bezug auf die Erfahrung von Dominanz sind sie von denen in Multiplayer-Games zu unter- scheiden, insofern das Verhältnis zu den Gegnern in letzteren nicht mehr nur quasi-sozial ist. Akteure in Multiplayer-Games wissen, dass sich hinter den geg- nerischen Avataren menschliche Spieler verbergen, und auch wenn sie sich dieses Wissen nicht permanent vor Augen halten, ist es als praktisches Wissen jeder- zeit wirksam. Der bekannteste deutsche Let’s Player Gronkh, der normalerweise Singleplayer-Games spielt, bringt diesen Umstand in einer seiner ersten Runden im Multiplayer-Game GTA Online auf den Punkt: „Ist irgendwie schon geil, gegen andere Spieler, muss ich sagen. Das macht nochmal nen ganz anderen Kick.“151 Diesen Unterschied halten auch alle im Interview danach gefragten Spieler für signifikant. Einerseits hat er eine kompetitive Dimension, auf die ich später genauer eingehen werde (vgl. Kap. 4.1.2). Er prägt aber zugleich die virtuell-kör- perliche Erfahrung der Dominanz in der Ausübung von Computerspielgewalt. Denn in Multiplayer-Games ist die Erfahrung von Dominanz erweitert durch das Wissen um die emotionale Involviertheit der menschlichen Gegenüber. Der 32-Jährige Spieler Petator kommentiert: „Was für mich total den Reiz [an Multiplayer-Shootern, C.B.] ausmacht, ist, dass da ir- gendjemand X Kilometer von mir entfernt sitzt, genauso wie ich vor dem Rechner mit Headset und so, und sich darüber ärgert, dass er langsamer war als ich. Das macht mir total Spaß an Online-Spielen. Das hat mir auch schon vor 10 Jahren bei Counter-Strike Spaß gemacht, als ich angefangen hab, weil ich wusste: ‚Haha, du ärgerst dich jetzt, haha!‘“ (IV18) Ob der virtuelle Körper des Gegenübers nun effektvoll zerfetzt werde oder nicht, sei ihm gleichgültig, fügt er an. Im Vordergrund stehe die Freude am Ärger des Anderen. Die Erfahrung von Dominanz ist hier nicht mehr nur quasi-sozial wie in Singleplayer-Games, sondern tatsächlich sozial, insofern sie auf einer zwar meist anonymen, aber trotzdem zwischenmenschlichen Beziehung aufbaut. Das verdeutlicht auch der 32-Jährige Limaneel, der in seiner Anfangszeit im MMORPG World of Warcraft öfter von sogenannten Schurken getötet wurde, also von menschlichen Spielern, die sich einen Schurken-Avatar mit speziellen Tarn- fähigkeiten erstellen, um andere menschliche Spieler überraschen und meucheln zu können. Das habe ihn „wahnsinnig gemacht“, kommentiert er im Interview – allerdings müsse er auch gestehen, er habe dann für eine Weile erst einmal ge- 151 | Gronkh: GTA ONLINE [HD+] #003 - First Blood * Let’s Play GTA Online (3.10.2013), 16:20-16:35. http://youtu.be/bb3zukY4cRs?t=16m20s [Aufgrund von rechtlichen Be- schränkungen funktioniert der Video-Link für die Vollbild-Wiedergabe nicht, daher hier ein alternativer Link.]
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Gewalt im Computerspiel Facetten eines Vergnügens
Title
Gewalt im Computerspiel
Subtitle
Facetten eines Vergnügens
Author
Christoph Bareither
Date
2016
Language
German
License
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-8394-3559-5
Size
14.8 x 22.5 cm
Pages
370
Keywords
Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
Category
Medien

Table of contents

  1. 1. Einleitung 7
  2. 2. Theorie und Methode 15
    1. 2.1 Vergnügen 15
      1. 2.1.1 Pleasure 16
      2. 2.1.2 Praktiken 18
      3. 2.1.3 Doing Emotion 24
      4. 2.1.4 Emotionale Erfahrungen 33
    2. 2.2 Ludisch-virtuelle Gewalt 39
      1. 2.2.1 Zum Problem individueller Wahrnehmung 40
      2. 2.2.2 Physische Gewalt 47
      3. 2.2.3 Virtuelle Gewalt 51
      4. 2.2.4 Ludische Gewalt 58
    3. 2.3 Forschungsdesign 63
      1. 2.3.1 Eingrenzungen 64
      2. 2.3.2 Teilnehmende Beobachtung online und offline 65
      3. 2.3.3 Qualitative leitfadengestützte Interviews 75
      4. 2.3.4 Let’s Play-Videoanalyse 77
      5. 2.3.5 Analyse von Computerspielzeitschriften 83
      6. 2.3.6 Softwaregestützte Analyse ethnografischer Daten 85
      7. 2.3.7 Abgrenzungen 89
  3. 3. Virtuell-körperlich 93
    1. 3.1 Angriff 93
      1. 3.1.1 Effektstaunen 94
      2. 3.1.2 Einschlagslust 101
      3. 3.1.3 Avatare als Medien virtuell-körperlicher Erfahrung 108
      4. 3.1.4 Gekonntheit und Eleganz 115
      5. 3.1.5 Dominanz 126
      6. 3.1.6 ‚Männliche‘ Erfahrungen 137
    2. 3.2 Widerfahrnis 147
      1. 3.2.1 Stress, Spannung und Schreck 147
      2. 3.2.2 Affizierung 157
      3. 3.2.3 Schmerz und Tod 167
    3. 3.3 Aufrüstung 174
      1. 3.3.1 Waffe, Rüstung, Kampfmaschine 174
      2. 3.3.2 Looten und Leveln 190
  4. 4. Kompetitiv und kooperativ 199
    1. 4.1 Besser sein 199
      1. 4.1.1 Highscore 200
      2. 4.1.2 Player versus Player 205
    2. 4.2 Zusammenhalten 222
      1. 4.2.1 Gemeinsam kämpfen 224
      2. 4.2.2 Emotional Communities 235
  5. 5. Dramatisch und deviant 247
    1. 5.1 Einfühlen 247
      1. 5.1.1 Sich-Einlassen und Sich-Distanzieren 248
      2. 5.1.2 Traurigkeit und Wut 253
      3. 5.1.3 Gerechte Gewalt 261
    2. 5.2 Feinde machen 266
      1. 5.2.1 Abneigung und Hass 266
      2. 5.2.2 Dynamik der Rache 272
    3. 5.3 Überschreiten 279
      1. 5.3.1 Humorvolle Inkongruenzen 281
      2. 5.3.2 Ärgern und Trollen 293
  6. 6. Ambivalent 297
    1. 6.1 Ablehnen, rechtfertigen, genießen 297
      1. 6.1.1 Von der Ablehnung zur Akzeptanz 297
      2. 6.1.2 Positive Deutungen 301
    2. 6.2 Sich schlecht fühlen 304
      1. 6.2.1 Schockierung, Mitleid und kritische Reflexion 306
      2. 6.2.2 Schuld 313
  7. 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
  8. Literatur und Anhang 333
  9. Literatur 333
  10. Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
  11. Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
  12. Verzeichnis der geführten Interviews 364
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