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VIRTUELL-KÖRPERLICH 183
lenes Beispiel).265 Das Wortspiel mit dem Adjektiv „scharf“ fasst gut die doppelte
Funktion von virtuellen Waffen zusammen. Sie sind erstens „scharf“ im Sinne ei-
nes besonderen Aktionspotenzials (s.o.). Sie sind aus Sicht der Akteure aber auch
als Anschauungsobjekte „scharf“ im Sinne von „schön“ oder „sexy“. Mit anderen
Worten: Entscheidend ist zwar einerseits, was man mit einer Waffe tun bezie-
hungsweise wie man mit ihr killen kann. Zugleich aber werden Waffen von vielen
Spielern, etwa wegen ihrer besonderen Gestaltung und Formschönheit, auch als
ästhetische Objekte bewundert.
Auch in zeitgenössischen LP-Videos wird letzteres immer wieder deutlich:
Piet findet beispielsweise, sein großer Kriegshammer in Skyrim „sieht schon cool
aus, muss man mal ganz ehrlich sagen“,266 und Sarazar tauscht in Battlefield 3
sogar seine Schrotflinte gegen einen „Raketenwerfer, das wunderschöne Teil“267.
Vergleichbare Artikulationen sind auch in den Sprachkanälen von Multiplayer-
Games immer wieder zu hören. Darkdragon freute sich beispielsweise während
einer Runde DayZ über eine von ihm soeben gefundene (in diesem Spiel recht sel-
tene) Scharfschützenwaffe. Sogleich zeigte er sie seinem Kumpel Strife, der mit
seinem Avatar in der Nähe war. „Schau mal, wie schön sie glänzt!“, unterstrich
er seinen Fund im Sprachkanal. Strife hielt dagegen: „Meine Lee Enfield [älteres
Repetiergewehr, C.B.] auch!“ Darkdragon aber blieb dabei, dass er die schönere
Waffe hat. Das nicht zuletzt, weil sein Avatar einen dunkelgrünen Tarnanzug
trug, der mit der Waffe optisch harmonierte. „Aber meine ist so schön mattgrün“,
erklärte er Strife, „passt perfekt zu meinem Outfit.“ (FT)
Besonders pointiert lässt sich diese Erfahrungsfacette anhand der neuesten
Version des Ego-Shooters Counter-Strike: Global Offensive verdeutlichen. Wie bei
vielen aktuellen Online-Games soll auch bei diesem Spiel durch den Verkauf von
zusätzlichen Spielinhalten gegen Echtgeld der finanzielle Umsatz gesteigert wer-
den. Da Counter-Strike aber als kompetitives Wettkampfspiel auf die Chancen-
gleichheit der Spieler angewiesen ist und ein Verkauf von funktionell stärkeren
virtuellen Waffen unfair wäre, beschränken sich die MacherInnen des Spiels auf
den Verkauf rein optischer Zusatzinhalte. In Form sogenannter Skins werden
besondere Texturen für die verschiedenen virtuellen Waffen im Spiel veräußert.
Dadurch kann ein Spieler beispielsweise sein normalerweise mattschwarzes
M4A1-Sturmgewehr in eine schickere Version mit orange-weißem Designer-
muster verwandeln, ohne dass er dadurch spielerische Vorteile erhält. Erworben
werden solche Skins durch ein kompliziertes Verfahren: Durch Leistungen im
265 | Karels: Turok 2, hier: S. 62. http://www.kultboy.com/index.php?site=t&id=9543
266 | PietSmiet (Piet): SKYRIM # 12 - Traut euch! «» Let’s Play The Elder Scrolls V: Skyrim |
HD (6.8.2013), 10:00-10:05. https://www.youtube.com/embed/4iugd_KcbBE?start=600
&end=605
267 | Sarazar: Let’s Play Battlefield 3 #007 [Deutsch] [Full-HD] - Die Schlacht um Tehe-
ran (1.11.2011), 4:30-4:50. https://www.youtube.com/embed/zMwmEeJx_C8?start=270
&end=290
Gewalt im Computerspiel
Facetten eines Vergnügens
- Title
- Gewalt im Computerspiel
- Subtitle
- Facetten eines Vergnügens
- Author
- Christoph Bareither
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3559-5
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 370
- Keywords
- Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
- Category
- Medien
Table of contents
- 1. Einleitung 7
- 2. Theorie und Methode 15
- 3. Virtuell-körperlich 93
- 4. Kompetitiv und kooperativ 199
- 5. Dramatisch und deviant 247
- 6. Ambivalent 297
- 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
- Literatur und Anhang 333
- Literatur 333
- Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
- Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
- Verzeichnis der geführten Interviews 364