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Gewalt im Computerspiel - Facetten eines Vergnügens
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KOMPETITIV UND KOOPERATIV 237 killt hatte, was in DayZ schwer ist und selten passiert. Sein „bestes DayZ-Erlebnis ever“ sei das gewesen: „Wie geil das war, Mann!“, schwärmte er. (FT) Während einer Videoaufzeichnung in DayZ, die ich ergänzend mit Zustim- mung der Spieler durchführte und die hier transkribiert wiedergegeben wird, er- zählte auch der 16-jährige Joey seinem Freund Cido und mir von einer kurz zuvor vorgefallenen Situation, in der er zwei Spieler erledigt hatte: „Es war halt echt so, dass ich sie beide mit einem Magazin getötet hab, ne? [...] Die haben sich ja echt doof angestellt. Die lagen da beide in der Tanne. Der eine hat da ge- hockt, gell? Ich erschieß den erstmal, dann geht der [andere] dahin. Ich will so zu dem hin, auf einmal schießt der – ‚Bam bam bam bam bam!‘ – mit seiner blöden DMR [Scharf- schützengewehr, C.B.] auf mich, gell? Kein einziges Mal getroffen, weil er wahrscheinlich genoscoped hat [nicht in den Zielmodus gewechselt hat, C.B.]. Lauf ich einmal um die Tanne rum, [denke mir]: ‚Der was?‘ Mit der M9SD [einfache Pistole, C.B.], ja? Und guckt mich an (lacht) und ich hau ihm einfach das restliche AK-Magazin in die Fresse [schieße ihm alle restlichen Kugeln in den Kopf, C.B.].“ (FT) Für Spieler sind solche Arten des Prahlens nicht befremdlich, sondern alltäglich. Zwar mögen sich einige mehr zurückhalten mit dem Eigenlob und andere im Stillen den Kopf über die Prahlereien schütteln, aber letztere werden allgemein in Computerspielkulturen nicht als etwas Negatives thematisiert. Man kann sich an seinen Kampferfolgen und an der Ausübung von Computerspielgewalt erfreuen und darf diese Freude auch ganz ungeniert zur Sprache bringen. Da- bei werden auch die für Spielkulturen spezifischen emotionalen Konventionen sichtbar. In ihrer Funktion als emotional communities sind Spielergruppen auch Projektions- und Reflexionsflächen emotionaler Erfahrungen, die – das ist für die vorliegende Arbeit entscheidend – auch die Freude an Computerspielgewalt nicht nur tolerieren, sondern sie diskursiv als etwas Erstrebenswertes vermitteln. Innerhalb dieser emotional communities fungiert das Prahlen als eine kommuni- kative Emotionspraxis, die eigene Leistungen hervorhebt, mit anderen teilt, um die Anerkennung der Mitspieler wirbt und dadurch auf die Mobilisierung posi- tiver emotionaler Erfahrungen hinarbeitet. Es geht also einerseits um die bereits beschriebenen Erfahrungen, besser gewesen zu sein als andere, die Gegner domi- niert oder eine Spielaktion gekonnt ausgeführt zu haben. Diese Erfahrungen wer- den aber durch die Mitspieler reflektiert und dadurch um eine wichtige soziale Dimen sion erweitert. Die Reflexion dieser Erfahrungen durch die Mitspieler ist natürlich nicht nur passiv, sondern drückt sich häufig durch aktives Lob aus. In Kap. 3.1.4 wurde bereits beschrieben, wie der Let’s Player Sarazar seinen Kumpel Gronkh für ge- konnte Spielaktionen in GTA5 so regelmäßig wie ausführlich lobt. Auch bei der Beschreibung von LAN-Partys in Kap. 4.1.2 spielte diese Praxis eine Rolle – nicht nur verbales Lob, sondern auch gestisches, beispielsweise ein In-die-Hände-Klat- schen und Auf-die-Schulter-Klopfen oder der Austausch anerkennender Blicke.
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Gewalt im Computerspiel Facetten eines Vergnügens
Title
Gewalt im Computerspiel
Subtitle
Facetten eines Vergnügens
Author
Christoph Bareither
Date
2016
Language
German
License
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-8394-3559-5
Size
14.8 x 22.5 cm
Pages
370
Keywords
Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
Category
Medien

Table of contents

  1. 1. Einleitung 7
  2. 2. Theorie und Methode 15
    1. 2.1 Vergnügen 15
      1. 2.1.1 Pleasure 16
      2. 2.1.2 Praktiken 18
      3. 2.1.3 Doing Emotion 24
      4. 2.1.4 Emotionale Erfahrungen 33
    2. 2.2 Ludisch-virtuelle Gewalt 39
      1. 2.2.1 Zum Problem individueller Wahrnehmung 40
      2. 2.2.2 Physische Gewalt 47
      3. 2.2.3 Virtuelle Gewalt 51
      4. 2.2.4 Ludische Gewalt 58
    3. 2.3 Forschungsdesign 63
      1. 2.3.1 Eingrenzungen 64
      2. 2.3.2 Teilnehmende Beobachtung online und offline 65
      3. 2.3.3 Qualitative leitfadengestützte Interviews 75
      4. 2.3.4 Let’s Play-Videoanalyse 77
      5. 2.3.5 Analyse von Computerspielzeitschriften 83
      6. 2.3.6 Softwaregestützte Analyse ethnografischer Daten 85
      7. 2.3.7 Abgrenzungen 89
  3. 3. Virtuell-körperlich 93
    1. 3.1 Angriff 93
      1. 3.1.1 Effektstaunen 94
      2. 3.1.2 Einschlagslust 101
      3. 3.1.3 Avatare als Medien virtuell-körperlicher Erfahrung 108
      4. 3.1.4 Gekonntheit und Eleganz 115
      5. 3.1.5 Dominanz 126
      6. 3.1.6 ‚Männliche‘ Erfahrungen 137
    2. 3.2 Widerfahrnis 147
      1. 3.2.1 Stress, Spannung und Schreck 147
      2. 3.2.2 Affizierung 157
      3. 3.2.3 Schmerz und Tod 167
    3. 3.3 Aufrüstung 174
      1. 3.3.1 Waffe, Rüstung, Kampfmaschine 174
      2. 3.3.2 Looten und Leveln 190
  4. 4. Kompetitiv und kooperativ 199
    1. 4.1 Besser sein 199
      1. 4.1.1 Highscore 200
      2. 4.1.2 Player versus Player 205
    2. 4.2 Zusammenhalten 222
      1. 4.2.1 Gemeinsam kämpfen 224
      2. 4.2.2 Emotional Communities 235
  5. 5. Dramatisch und deviant 247
    1. 5.1 Einfühlen 247
      1. 5.1.1 Sich-Einlassen und Sich-Distanzieren 248
      2. 5.1.2 Traurigkeit und Wut 253
      3. 5.1.3 Gerechte Gewalt 261
    2. 5.2 Feinde machen 266
      1. 5.2.1 Abneigung und Hass 266
      2. 5.2.2 Dynamik der Rache 272
    3. 5.3 Überschreiten 279
      1. 5.3.1 Humorvolle Inkongruenzen 281
      2. 5.3.2 Ärgern und Trollen 293
  6. 6. Ambivalent 297
    1. 6.1 Ablehnen, rechtfertigen, genießen 297
      1. 6.1.1 Von der Ablehnung zur Akzeptanz 297
      2. 6.1.2 Positive Deutungen 301
    2. 6.2 Sich schlecht fühlen 304
      1. 6.2.1 Schockierung, Mitleid und kritische Reflexion 306
      2. 6.2.2 Schuld 313
  7. 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
  8. Literatur und Anhang 333
  9. Literatur 333
  10. Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
  11. Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
  12. Verzeichnis der geführten Interviews 364
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