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Gewalt im Computerspiel - Facetten eines Vergnügens
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DRAMATISCH UND DEVIANT 253 Oder anders gewendet: Wie wird Computerspielgewalt zu einem die Narrative und damit die emotionalen Erfahrungen des Spielprozesses prägenden Faktor und welche spezifischen Erfahrungsfacetten entstehen aus dieser Verbindung? 5.1.2 Traurigkeit und Wut Die Narrative von Computerspielen nutzen häufig die Bedeutungspotenziale, die der Ausübung von physischer Gewalt in unserem Alltag anhaften. In vielen Fäl- len dient Gewalt als Mittel zur physischen Umsetzung von Macht und steht damit immer auch in einem Verhältnis zu gültigen Rechtsstrukturen beziehungsweise zu einem common sense,13 demzufolge ihre Ausübung nur unter sehr spezifischen Umständen als gerechtfertigt gelten kann. Im Gegenzug wird sie vor allem dann als ungerecht gedeutet, wenn sie sich gegen Unschuldige richtet, das heißt gegen solche Akteure, die weder den common sense in Sachen Gewaltausübung verletzt haben noch überhaupt zur Verteidigung gegen physische Gewalt in der Lage sind (was stereotypisierend Frauen und Kindern unterstellt wird, weshalb Gewaltaus- übung gegen diese Gruppen als besonderer Tabubruch gilt). Aus emotionspraxistheoretischer Perspektive hat die als ungerecht geltende Ausübung von physischer Gewalt – im Folgenden spreche ich aus sprach-ökono- mischen Gründen nur noch von „ungerechter Gewalt“, was die Konstruiertheit der Zuschreibung aber mit einschließen soll – ein besonderes Potenzial zur Mo- bilisierung von emotionalen Erfahrungen. Durch die Einbindung in spezifische Bedeutungsbezüge lädt sie diese Erfahrungen gewissermaßen dramatisch auf, wobei es mir bei der Wahl des Adjektivs „dramatisch“ weniger um den Bezug zur Dramentheorie als vielmehr darum geht, die mit diesem Begriff im Alltagssprach- gebrauch verbundenen Konnotationen einzufangen. Dramatische Erfahrungen sind besonders „atemberaubend, aufregend, aufwühlend, bewegt, erregend, fes- selnd, mitreißend, nervenaufreibend, packend, spannend, spannungsgeladen, spannungsreich, spannungsvoll“.14 Ein Großteil aller Singleplayer-Actiongames seit den 1980er-Jahren nimmt als Ausgangspunkt ein Narrativ, das in diesem Sinne auf die dramatische Aufladung des Spielgeschehens zielt. Dazu widerfährt dem Avatar oder ihm nahestehenden, meist als unschuldig dargestellten Figuren auf die eine oder andere Weise unge- rechte Gewalt. Die Gegenspieler werden dabei narrativ auf der Seite des Bösen und der Avatar mit seinen Verbündeten auf der Seite des Guten verortet. In sol- chen Zuschreibungen spiegelt sich – wie sich aus Knut Hickethiers Überlegun- gen zum „narrativen Bösen“ ableiten lässt – ein altbekanntes narratives Muster: 13 | Vgl. für eine spezifisch ethnografische Konzeptualisierung des Begriffs Clifford Ge- ertz: Common Sense als kulturelles System. In: Ders.: Dichte Beschreibung. Beiträge zum Verstehen kultureller Systeme. Frankfurt a.M. 1987, S. 261-288. 14 | Vgl. http://www.duden.de/rechtschreibung/dramatisch
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Gewalt im Computerspiel Facetten eines Vergnügens
Title
Gewalt im Computerspiel
Subtitle
Facetten eines Vergnügens
Author
Christoph Bareither
Date
2016
Language
German
License
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-8394-3559-5
Size
14.8 x 22.5 cm
Pages
370
Keywords
Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
Category
Medien

Table of contents

  1. 1. Einleitung 7
  2. 2. Theorie und Methode 15
    1. 2.1 Vergnügen 15
      1. 2.1.1 Pleasure 16
      2. 2.1.2 Praktiken 18
      3. 2.1.3 Doing Emotion 24
      4. 2.1.4 Emotionale Erfahrungen 33
    2. 2.2 Ludisch-virtuelle Gewalt 39
      1. 2.2.1 Zum Problem individueller Wahrnehmung 40
      2. 2.2.2 Physische Gewalt 47
      3. 2.2.3 Virtuelle Gewalt 51
      4. 2.2.4 Ludische Gewalt 58
    3. 2.3 Forschungsdesign 63
      1. 2.3.1 Eingrenzungen 64
      2. 2.3.2 Teilnehmende Beobachtung online und offline 65
      3. 2.3.3 Qualitative leitfadengestützte Interviews 75
      4. 2.3.4 Let’s Play-Videoanalyse 77
      5. 2.3.5 Analyse von Computerspielzeitschriften 83
      6. 2.3.6 Softwaregestützte Analyse ethnografischer Daten 85
      7. 2.3.7 Abgrenzungen 89
  3. 3. Virtuell-körperlich 93
    1. 3.1 Angriff 93
      1. 3.1.1 Effektstaunen 94
      2. 3.1.2 Einschlagslust 101
      3. 3.1.3 Avatare als Medien virtuell-körperlicher Erfahrung 108
      4. 3.1.4 Gekonntheit und Eleganz 115
      5. 3.1.5 Dominanz 126
      6. 3.1.6 ‚Männliche‘ Erfahrungen 137
    2. 3.2 Widerfahrnis 147
      1. 3.2.1 Stress, Spannung und Schreck 147
      2. 3.2.2 Affizierung 157
      3. 3.2.3 Schmerz und Tod 167
    3. 3.3 Aufrüstung 174
      1. 3.3.1 Waffe, Rüstung, Kampfmaschine 174
      2. 3.3.2 Looten und Leveln 190
  4. 4. Kompetitiv und kooperativ 199
    1. 4.1 Besser sein 199
      1. 4.1.1 Highscore 200
      2. 4.1.2 Player versus Player 205
    2. 4.2 Zusammenhalten 222
      1. 4.2.1 Gemeinsam kämpfen 224
      2. 4.2.2 Emotional Communities 235
  5. 5. Dramatisch und deviant 247
    1. 5.1 Einfühlen 247
      1. 5.1.1 Sich-Einlassen und Sich-Distanzieren 248
      2. 5.1.2 Traurigkeit und Wut 253
      3. 5.1.3 Gerechte Gewalt 261
    2. 5.2 Feinde machen 266
      1. 5.2.1 Abneigung und Hass 266
      2. 5.2.2 Dynamik der Rache 272
    3. 5.3 Überschreiten 279
      1. 5.3.1 Humorvolle Inkongruenzen 281
      2. 5.3.2 Ärgern und Trollen 293
  6. 6. Ambivalent 297
    1. 6.1 Ablehnen, rechtfertigen, genießen 297
      1. 6.1.1 Von der Ablehnung zur Akzeptanz 297
      2. 6.1.2 Positive Deutungen 301
    2. 6.2 Sich schlecht fühlen 304
      1. 6.2.1 Schockierung, Mitleid und kritische Reflexion 306
      2. 6.2.2 Schuld 313
  7. 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
  8. Literatur und Anhang 333
  9. Literatur 333
  10. Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
  11. Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
  12. Verzeichnis der geführten Interviews 364
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