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Gewalt im Computerspiel - Facetten eines Vergnügens
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GEWALT IM COMPUTERSPIEL272 es der Spieler Manny einmal ganz nebenbei im Sprachkanal formulierte, „jeder seinen persönlichen Lieblingsfeind.“ (FT) Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Im Interview stimmen alle Spieler überein, dass sich die Feindschaften zu den Gegnern niemals auf die jeweiligen Personen abseits des Computerspielens beziehen. Wenn Spieler aus irgendwelchen Gründen im Sprachkanal der Feinde landen, dann stellen sie, wie Wooshy, manchmal fest: „Wenn man mal bei denen [im Sprachkanal, C.B.] ist, dann sind das ganz normale Menschen.“ (IV24) Deshalb sei die Feindschaft im Spiel auch keine richtige Feindschaft, sondern eher, wie es Marco formuliert, „eine freundschaftliche Rivalität.“ (IV13) Die TESO-Gildenleiterin Lela erklärt: „Es ist auch glaub ich völlig normal, dass man [wenn man angegriffen wurde, C.B.] dann denkt, so: ‚Oah, du Penner!‘, ne? So: ‚Aus dem Hinterhalt!‘ Aber ich glaub das ist völlig normal und das gehört auch einfach zum Spielgefühl mit dazu. Aber wie gesagt, wir sind da alle klar im Kopf: Feindbild in dem Sinne ist die andere Allianz [beziehungsweise ein Spieler der anderen Allianz, C.B.] [...], aber der Mensch, der dieses Feindbild spielt, das ist nicht mein Feind [...].“ (IV10) So verbleibt die Feindschaft stets auf einer spielerischen Ebene. Die (mir bekann- ten) Akteure sind durchaus in der Lage, sich zu distanzieren und deutlich zwi- schen der Person des Spielers am Computer und seiner Repräsentation im Spiel zu unterscheiden. Verfeindet sind sie mit letzterer, denn die emotionale Intensität von Abneigung und Hass kann auch nur hier, auf der spielerischen Ebene, genos- sen werden. Und um diese positiv gedeuteten Erfahrungen, nicht um eine als ne- gativ erlebte Feindschaft, geht es den Spielern. Oder wie es Pirou formuliert: „Das sind halt diese Reibereien, die auch im Spiel ein bisschen hochgepusht werden, damit es irgendwie mehr Spaß macht [...]. Das ist aber nicht böse gemeint.“ (IV19) 5.2.2 Dynamik der Rache Zu sprechen ist demnach stets von einer ludischen Feindschaft. Deren Emotions- potenzial geht zugleich über ihren Eigenwert als emotionale Erfahrung hinaus. Genau wie die Narrative der Wiederherstellung von Gerechtigkeit in Singleplayer- Games prägt die spielerische Feindschaft zu den Gegnern in Multiplayer-Games die Ausübung ludisch-virtueller Gewalt. Es greifen prinzipiell die gleichen Me- chanismen, die Jürgen Grimm als „Rache in moralischem Gewand“ beschreibt (vgl. Kap. 5.1.3), nur dass statt einer narrativen Aufladung die soziale Dynamik zum Ausgangspunkt und schließlich auch Austragungsfeld dieser Rache wird. Wieder ist es das Spiel DayZ, in dem diese Prozesse aufgrund der hohen Ent- scheidungsfreiheit der Spieler am deutlichsten zutage treten. Wie oben beschrie- ben, werden Attacken der Gegner sehr häufig als ungerechte Gewalt gedeutet, obwohl sich letztlich alle Spieler sehr ähnlich verhalten. Die Widerfahrnis einer ungerechten Gewalt wird nichtsdestotrotz zum Ausgangspunkt einer als legitim
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Gewalt im Computerspiel Facetten eines Vergnügens
Title
Gewalt im Computerspiel
Subtitle
Facetten eines Vergnügens
Author
Christoph Bareither
Date
2016
Language
German
License
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-8394-3559-5
Size
14.8 x 22.5 cm
Pages
370
Keywords
Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
Category
Medien

Table of contents

  1. 1. Einleitung 7
  2. 2. Theorie und Methode 15
    1. 2.1 Vergnügen 15
      1. 2.1.1 Pleasure 16
      2. 2.1.2 Praktiken 18
      3. 2.1.3 Doing Emotion 24
      4. 2.1.4 Emotionale Erfahrungen 33
    2. 2.2 Ludisch-virtuelle Gewalt 39
      1. 2.2.1 Zum Problem individueller Wahrnehmung 40
      2. 2.2.2 Physische Gewalt 47
      3. 2.2.3 Virtuelle Gewalt 51
      4. 2.2.4 Ludische Gewalt 58
    3. 2.3 Forschungsdesign 63
      1. 2.3.1 Eingrenzungen 64
      2. 2.3.2 Teilnehmende Beobachtung online und offline 65
      3. 2.3.3 Qualitative leitfadengestützte Interviews 75
      4. 2.3.4 Let’s Play-Videoanalyse 77
      5. 2.3.5 Analyse von Computerspielzeitschriften 83
      6. 2.3.6 Softwaregestützte Analyse ethnografischer Daten 85
      7. 2.3.7 Abgrenzungen 89
  3. 3. Virtuell-körperlich 93
    1. 3.1 Angriff 93
      1. 3.1.1 Effektstaunen 94
      2. 3.1.2 Einschlagslust 101
      3. 3.1.3 Avatare als Medien virtuell-körperlicher Erfahrung 108
      4. 3.1.4 Gekonntheit und Eleganz 115
      5. 3.1.5 Dominanz 126
      6. 3.1.6 ‚Männliche‘ Erfahrungen 137
    2. 3.2 Widerfahrnis 147
      1. 3.2.1 Stress, Spannung und Schreck 147
      2. 3.2.2 Affizierung 157
      3. 3.2.3 Schmerz und Tod 167
    3. 3.3 Aufrüstung 174
      1. 3.3.1 Waffe, Rüstung, Kampfmaschine 174
      2. 3.3.2 Looten und Leveln 190
  4. 4. Kompetitiv und kooperativ 199
    1. 4.1 Besser sein 199
      1. 4.1.1 Highscore 200
      2. 4.1.2 Player versus Player 205
    2. 4.2 Zusammenhalten 222
      1. 4.2.1 Gemeinsam kämpfen 224
      2. 4.2.2 Emotional Communities 235
  5. 5. Dramatisch und deviant 247
    1. 5.1 Einfühlen 247
      1. 5.1.1 Sich-Einlassen und Sich-Distanzieren 248
      2. 5.1.2 Traurigkeit und Wut 253
      3. 5.1.3 Gerechte Gewalt 261
    2. 5.2 Feinde machen 266
      1. 5.2.1 Abneigung und Hass 266
      2. 5.2.2 Dynamik der Rache 272
    3. 5.3 Überschreiten 279
      1. 5.3.1 Humorvolle Inkongruenzen 281
      2. 5.3.2 Ärgern und Trollen 293
  6. 6. Ambivalent 297
    1. 6.1 Ablehnen, rechtfertigen, genießen 297
      1. 6.1.1 Von der Ablehnung zur Akzeptanz 297
      2. 6.1.2 Positive Deutungen 301
    2. 6.2 Sich schlecht fühlen 304
      1. 6.2.1 Schockierung, Mitleid und kritische Reflexion 306
      2. 6.2.2 Schuld 313
  7. 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
  8. Literatur und Anhang 333
  9. Literatur 333
  10. Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
  11. Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
  12. Verzeichnis der geführten Interviews 364
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