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Gewalt im Computerspiel - Facetten eines Vergnügens
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GEWALT IM COMPUTERSPIEL282 Aufgegriffen wurde genau dieses Prinzip von den MacherInnen des Action- games Grand Theft Auto. Im ersten Teil der Spielereihe von 1997 sieht man das Geschehen aus der Vogelperspektive und steuert einen abstrakt repräsentierten Avatar durch eine großstädtische Umgebung, um verschiedene kriminelle Auf- träge zu erfüllen und so auf der Gangster-Karriereleiter aufzusteigen. Die Spiele- testerInnen sind sichtlich angetan, denn GTA „bricht sämtliche Gesetze“ und macht „den Spieler zum Autodieb, Entführer und Killer. Dass er sich dabei mör- derisch gut amüsiert, dürfte allenfalls ganz verknöcherte Moralapostel stören.“57 Es ist aber nicht nur das Treiben eines jenseits des Gesetzes angesiedelten Krimi- nellen, das hier fasziniert, sondern vor allem die für die GTA-Serie bis heute ty- pische Möglichkeit, Zivilisten und auch Polizisten zu gefährden oder umzubrin- gen. Ganz ohne kritischen Unterton zitiert ein Spieletest das in der Presseinfo des ersten Teils enthaltene Versprechen: „Spüren Sie Ihr Blut pulsieren, wenn Sie zum ersten Mal einen Schulbus entführen!“58 Daneben werden zwei Screenshots abgebildet, die zeigen, wie der Avatar mehrere Polizisten erledigt und dann an- rückenden Krankenwagen zusieht. Darunter das bissige Kommentar: „Typisch Mafia: Erst ein Blutbad unter der Polizei anrichten ... und dann in aller Ruhe Feuerwehr und Sanitätern bei den Aufräumarbeiten zuschauen.“59 In den folgenden Jahren baute die GTA-Reihe dieses Konzept aus und wurde dadurch zu einer der erfolgreichsten Spielereihen aller Zeiten. Seit dem dritten Teil ist das Geschehen aus der Third-Person-Perspektive des Avatars spielbar und wurde in dieser Erscheinungsform zum Inbegriff eines „Sandbox-“ oder auch „Open-World-Games“. Denn in den GTA-Spielen können Spieler auch abseits der sich langsam entfaltenden Hauptnarrative auf eigene Faust die jeweilige Stadt er- kunden, kleinere Nebenmissionen annehmen, zwischendurch auch virtuell Sport treiben, Kleidung einkaufen und mit computergesteuerten Freunden in den Strip Club oder ins Kino gehen. In diesen Spielen geht es also – das sei hier noch- mals betont – um weit mehr als nur Computerspielgewalt. Lange Passagen in GTA5 enthalten beispielsweise überhaupt keine Computerspielgewalt, laden zum (friedlichen) Erkunden der Umgebung ein oder liefern ein satirisches Porträt der US-amerikanischen Gesellschaft. Dennoch rückt ludisch-virtuelle Gewalt immer wieder in den Mittelpunkt des Spiels.60 In vielen Haupt- und Nebenmissionen muss gekämpft werden oder es wird einseitig Gewalt ausgeübt (Auftragsmorde, 57 | Steffen Schamberger: Grand Theft Auto. In: PC Joker 1998, H. 2, S. 82. http://www. kultboy.com/index.php?site=t&id=5330 58 | Ebd. 59 | Ebd. 60 | Vgl. dazu auch die Überlegungen zu den moralischen Implikationen von Entschei- dungssequenzen im vierten Teil der GTA-Reihe von Sebastian Ring: „das hat mir echt mein kleines herz zerrissen“. Anmerkungen zur Rolle von Emotionen beim moralischen Urteilen im Spiel Grand Theft Auto IV. In: Jörg von Brincken/Horst Konietzny (Hg.): Emotional Ga- ming. Gefühlsdimensionen des Computerspielens. München 2012, S. 239-250.
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Gewalt im Computerspiel Facetten eines Vergnügens
Title
Gewalt im Computerspiel
Subtitle
Facetten eines Vergnügens
Author
Christoph Bareither
Date
2016
Language
German
License
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-8394-3559-5
Size
14.8 x 22.5 cm
Pages
370
Keywords
Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
Category
Medien

Table of contents

  1. 1. Einleitung 7
  2. 2. Theorie und Methode 15
    1. 2.1 Vergnügen 15
      1. 2.1.1 Pleasure 16
      2. 2.1.2 Praktiken 18
      3. 2.1.3 Doing Emotion 24
      4. 2.1.4 Emotionale Erfahrungen 33
    2. 2.2 Ludisch-virtuelle Gewalt 39
      1. 2.2.1 Zum Problem individueller Wahrnehmung 40
      2. 2.2.2 Physische Gewalt 47
      3. 2.2.3 Virtuelle Gewalt 51
      4. 2.2.4 Ludische Gewalt 58
    3. 2.3 Forschungsdesign 63
      1. 2.3.1 Eingrenzungen 64
      2. 2.3.2 Teilnehmende Beobachtung online und offline 65
      3. 2.3.3 Qualitative leitfadengestützte Interviews 75
      4. 2.3.4 Let’s Play-Videoanalyse 77
      5. 2.3.5 Analyse von Computerspielzeitschriften 83
      6. 2.3.6 Softwaregestützte Analyse ethnografischer Daten 85
      7. 2.3.7 Abgrenzungen 89
  3. 3. Virtuell-körperlich 93
    1. 3.1 Angriff 93
      1. 3.1.1 Effektstaunen 94
      2. 3.1.2 Einschlagslust 101
      3. 3.1.3 Avatare als Medien virtuell-körperlicher Erfahrung 108
      4. 3.1.4 Gekonntheit und Eleganz 115
      5. 3.1.5 Dominanz 126
      6. 3.1.6 ‚Männliche‘ Erfahrungen 137
    2. 3.2 Widerfahrnis 147
      1. 3.2.1 Stress, Spannung und Schreck 147
      2. 3.2.2 Affizierung 157
      3. 3.2.3 Schmerz und Tod 167
    3. 3.3 Aufrüstung 174
      1. 3.3.1 Waffe, Rüstung, Kampfmaschine 174
      2. 3.3.2 Looten und Leveln 190
  4. 4. Kompetitiv und kooperativ 199
    1. 4.1 Besser sein 199
      1. 4.1.1 Highscore 200
      2. 4.1.2 Player versus Player 205
    2. 4.2 Zusammenhalten 222
      1. 4.2.1 Gemeinsam kämpfen 224
      2. 4.2.2 Emotional Communities 235
  5. 5. Dramatisch und deviant 247
    1. 5.1 Einfühlen 247
      1. 5.1.1 Sich-Einlassen und Sich-Distanzieren 248
      2. 5.1.2 Traurigkeit und Wut 253
      3. 5.1.3 Gerechte Gewalt 261
    2. 5.2 Feinde machen 266
      1. 5.2.1 Abneigung und Hass 266
      2. 5.2.2 Dynamik der Rache 272
    3. 5.3 Überschreiten 279
      1. 5.3.1 Humorvolle Inkongruenzen 281
      2. 5.3.2 Ärgern und Trollen 293
  6. 6. Ambivalent 297
    1. 6.1 Ablehnen, rechtfertigen, genießen 297
      1. 6.1.1 Von der Ablehnung zur Akzeptanz 297
      2. 6.1.2 Positive Deutungen 301
    2. 6.2 Sich schlecht fühlen 304
      1. 6.2.1 Schockierung, Mitleid und kritische Reflexion 306
      2. 6.2.2 Schuld 313
  7. 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
  8. Literatur und Anhang 333
  9. Literatur 333
  10. Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
  11. Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
  12. Verzeichnis der geführten Interviews 364
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