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Gewalt im Computerspiel - Facetten eines Vergnügens
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Page - 291 - in Gewalt im Computerspiel - Facetten eines Vergnügens

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DRAMATISCH UND DEVIANT 289 hand sein Maschinengewehr und schießt einer Gruppe Davonrennender in den Rücken. Schreie der Sterbenden ertönen, einige fallen tot zu Boden. Süffisant kommentiert Gronkh: „So, ich bin kein gutes Vorbild, Kinder! Nicht zuhause nachmachen! Aber ist sowieso ab 18 [das LP ist ab 18 Jahren freigegeben, C.B.].74 Ihr habt das ja eh nicht gesehen.“ Er sieht sich mit seinem Avatar um und schießt noch einigen weiteren Unbeteiligten in den Rücken, die nun schon um die nächs- te Häuserecke biegen, während bereits die ersten Polizeisirenen ertönen. Als er mit seinem Avatar ins Auto steigt, um abzuhauen, gibt Gronkh einen befriedigten Seufzer von sich und erklärt: „Ich wollt einfach mal, ich wollt einfach mal ... das musste einfach mal sein.“ Dann tut er sogleich verwundert über das hohe Poli- zeiaufgebot: „Ich hab doch nichts gemacht. Ich bin unschuldig! Ich bin ein Opfer der Medien! Ich spiele Killerspiele, ich kann nichts dafür!“ Die Verfolgung endet unspektakulär: Gronkh entkommt der Polizei, die Fahndung wird eingestellt und er spielt weiter wie zuvor. Als emotionaler Prozess ähnelt dieser Amoklauf, darauf weisen Gronkhs kommunizierende Emotionspraktiken hin, dem oben bereits diskutierten Killen von Unbeteiligten. Auch hier lacht Gronkh schelmisch, tut unschuldig und ver- gegenwärtigt genau diejenigen Tabus, die er bricht. Anders als beim Überfahren Unschuldiger kann er hier zusätzlich auf die in Deutschland lange Zeit hitzig ge- führte Debatte über den möglichen Zusammenhang von Amokläufen an Schulen und sogenannten Killerspielen hinweisen. Aus emotionspraxistheoretischer Pers- pektive werden dadurch Gefühlsregeln vergegenwärtigt, denen zufolge Amokläu- fe absolut nicht zum Scherzen sind, während er genau das aber tut – mehr noch: Er überschreitet diese feeling rules auch performativ, indem er einen Amoklauf virtuell durchführt und daraufhin einen befriedigten Seufzer hören lässt. Ein Teil der über 230.000 ZuschauerInnen dieser Folge teilen den Eindruck, dass genau das lustig und somit positiv zu deuten ist. Eine Auswahl: „Hauptsache Gronkh läuft erstmal Amok. :D [grinsender Smiley, C.B.]“ „Läuft Gronkh erstmal Amok. Was los XD [grinsender Smiley mit lachend zusammenge- kniffenen Augen, C.B.]“ „Amoklauf ;) [lächelnd zwinkernder Smiley, C.B.]“ „Kaum ist der Sarazar weg läuft der Gronkh Amok :D“ „Am Anfang einfach mal einen Amoklauf :D Hammer :D“ „direkt am anfang alle menschen umbringen hahahaha“ 74 | Gronkh verweist also darauf, dass Let’s Play-Videos von Spielen mit einer Alters- freigabe ab 18 Jahren eigentlich auch nur von Personen ab 18 Jahren angesehen werden dürfen. Allerdings fehlen jegliche Kontrollmechanismen und auch die Let’s Player sind sich, wie Gronkh hier signalisiert, durchaus bewusst, dass auch Minderjährige zusehen. Dennoch bemühen sich zumindest Gronkh und Sarazar regelmäßig, auf die Altersbe- schränkung der von ihnen gespielten Spiele hinzuweisen.
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Gewalt im Computerspiel Facetten eines Vergnügens
Title
Gewalt im Computerspiel
Subtitle
Facetten eines Vergnügens
Author
Christoph Bareither
Date
2016
Language
German
License
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-8394-3559-5
Size
14.8 x 22.5 cm
Pages
370
Keywords
Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
Category
Medien

Table of contents

  1. 1. Einleitung 7
  2. 2. Theorie und Methode 15
    1. 2.1 Vergnügen 15
      1. 2.1.1 Pleasure 16
      2. 2.1.2 Praktiken 18
      3. 2.1.3 Doing Emotion 24
      4. 2.1.4 Emotionale Erfahrungen 33
    2. 2.2 Ludisch-virtuelle Gewalt 39
      1. 2.2.1 Zum Problem individueller Wahrnehmung 40
      2. 2.2.2 Physische Gewalt 47
      3. 2.2.3 Virtuelle Gewalt 51
      4. 2.2.4 Ludische Gewalt 58
    3. 2.3 Forschungsdesign 63
      1. 2.3.1 Eingrenzungen 64
      2. 2.3.2 Teilnehmende Beobachtung online und offline 65
      3. 2.3.3 Qualitative leitfadengestützte Interviews 75
      4. 2.3.4 Let’s Play-Videoanalyse 77
      5. 2.3.5 Analyse von Computerspielzeitschriften 83
      6. 2.3.6 Softwaregestützte Analyse ethnografischer Daten 85
      7. 2.3.7 Abgrenzungen 89
  3. 3. Virtuell-körperlich 93
    1. 3.1 Angriff 93
      1. 3.1.1 Effektstaunen 94
      2. 3.1.2 Einschlagslust 101
      3. 3.1.3 Avatare als Medien virtuell-körperlicher Erfahrung 108
      4. 3.1.4 Gekonntheit und Eleganz 115
      5. 3.1.5 Dominanz 126
      6. 3.1.6 ‚Männliche‘ Erfahrungen 137
    2. 3.2 Widerfahrnis 147
      1. 3.2.1 Stress, Spannung und Schreck 147
      2. 3.2.2 Affizierung 157
      3. 3.2.3 Schmerz und Tod 167
    3. 3.3 Aufrüstung 174
      1. 3.3.1 Waffe, Rüstung, Kampfmaschine 174
      2. 3.3.2 Looten und Leveln 190
  4. 4. Kompetitiv und kooperativ 199
    1. 4.1 Besser sein 199
      1. 4.1.1 Highscore 200
      2. 4.1.2 Player versus Player 205
    2. 4.2 Zusammenhalten 222
      1. 4.2.1 Gemeinsam kämpfen 224
      2. 4.2.2 Emotional Communities 235
  5. 5. Dramatisch und deviant 247
    1. 5.1 Einfühlen 247
      1. 5.1.1 Sich-Einlassen und Sich-Distanzieren 248
      2. 5.1.2 Traurigkeit und Wut 253
      3. 5.1.3 Gerechte Gewalt 261
    2. 5.2 Feinde machen 266
      1. 5.2.1 Abneigung und Hass 266
      2. 5.2.2 Dynamik der Rache 272
    3. 5.3 Überschreiten 279
      1. 5.3.1 Humorvolle Inkongruenzen 281
      2. 5.3.2 Ärgern und Trollen 293
  6. 6. Ambivalent 297
    1. 6.1 Ablehnen, rechtfertigen, genießen 297
      1. 6.1.1 Von der Ablehnung zur Akzeptanz 297
      2. 6.1.2 Positive Deutungen 301
    2. 6.2 Sich schlecht fühlen 304
      1. 6.2.1 Schockierung, Mitleid und kritische Reflexion 306
      2. 6.2.2 Schuld 313
  7. 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
  8. Literatur und Anhang 333
  9. Literatur 333
  10. Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
  11. Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
  12. Verzeichnis der geführten Interviews 364
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