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Gewalt im Computerspiel - Facetten eines Vergnügens
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GEWALT IM COMPUTERSPIEL300 Gewaltrepräsentationen zurückschreckt. Im Test des Spiels zum gleichnami- gen Antikriegsfilm Platoon von 1988 kommentiert Anatol Locker: „Zart besaitet darf man hier wirklich nicht sein. Bei Platoon wird gekillt, dass der Dschungel wackelt. Sieht man einmal von der offensichtlichen Brutalität ab, so bleibt ein rassiges Actionspiel, in dem man messerscharfe Reaktionen braucht, um zu überleben. Alle zwei bis drei Sekunden steht ein Gegner da, den man wegputzen muss.“12 Und auch beim Actiongame Project Firestart von 1989 gilt: „Wer sich [...] an detaillierten Grafiken von zermatschten Monster-Opfern nicht stört, bekommt ein prima Action-Adventure geboten.“13 Sogar solche Autoren, die sonst dezidiert kritisch gegenüber Kriegs- und Ballerspielen eingestellt sind, werden manchmal zu positiven Wertungen hingerissen. Volker Weitz ist 1990 beispielsweise von der Panzersimulation Sherman M4 sehr angetan, in der man – genau wie im 1983 von Helge Andersen noch heftig kritisierten Battlezone (s.o.) – aus der Ego-Perspekti- ve einen Panzer steuert: „Normalerweise habe ich bei solch kriegerischen Programmen eher ein mulmiges Gefühl, aber ich muss trotz Pazifistenseele gestehen, dass ‚Sherman M4‘ Spaß macht. Hat man erst einmal alle Skrupel über Bord geworfen, dann wartet eine knallharte Simulation auf einen. Der Computer schenkt euch nichts. Auch wenn man alle 15 Missionen durchge- spielt hat, bleibt der Reiz, erneut auf Feindfahrt zu gehen.“14 Wie hier lassen sich auch in anderen Testberichten Artikulationen deutlich ambi- valenter emotionaler Erfahrungen finden, die zwischen moralischem Unbehagen und der Freude an gut gemachter Action schwanken. Im Verlauf der 1980er-Jahre kristallisieren sich zwei Diskursstrategien der AutorInnen heraus, um öffentlich mit dieser Ambivalenz umzugehen: Die erste ist zu signalisieren, dass die Ent- scheidung über die Legitimität des Vergnügens an solchen Spielen ganz allein bei den Spielern liegt. Um das zu unterstreichen, scheuen sich die TesterInnen auch nicht, sehr unterschiedliche Meinungsbilder zu den gleichen Games in den Tests zu vereinen. Oft werden die Haupttexte begleitet durch Meinungskästen, in denen dann mehrere TesterInnen nicht den sachlichen Blick auf das Spiel beschreiben, sondern ihre ganz subjektive Meinung darlegen. Gregor Neumann beispielsweise schreibt in seinem Meinungskasten zum Actionspiel Ikari Warriors von 1986, in dem man sich mit Supersoldaten durch den Dschungel kämpft: 12 | Heinrich Lenhardt/Anatol Locker: Platoon. In: Power Play (1988), H. 3, S. 38-39, hier: S. 39. http://www.kultpower.de/archiv/heft_powerplay_1988-03_seite38 13 | Michael Hengst: Project Firestart. In: Power Play (1989), Sonderheft: Die hundert besten Spiele, S. 77. http://www.kultpower.de/archiv/heft_powerplay_1989-beste-spie le_seite76 14 | Volker Weitz: Sherman M4. In: Power Play (1990), Sonderheft: Die 100 besten Spiele, S. 93. http://www.kultpower.de/archiv/heft_powerplay_1990-beste-spiele_seite92
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Gewalt im Computerspiel Facetten eines Vergnügens
Title
Gewalt im Computerspiel
Subtitle
Facetten eines Vergnügens
Author
Christoph Bareither
Date
2016
Language
German
License
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-8394-3559-5
Size
14.8 x 22.5 cm
Pages
370
Keywords
Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
Category
Medien

Table of contents

  1. 1. Einleitung 7
  2. 2. Theorie und Methode 15
    1. 2.1 Vergnügen 15
      1. 2.1.1 Pleasure 16
      2. 2.1.2 Praktiken 18
      3. 2.1.3 Doing Emotion 24
      4. 2.1.4 Emotionale Erfahrungen 33
    2. 2.2 Ludisch-virtuelle Gewalt 39
      1. 2.2.1 Zum Problem individueller Wahrnehmung 40
      2. 2.2.2 Physische Gewalt 47
      3. 2.2.3 Virtuelle Gewalt 51
      4. 2.2.4 Ludische Gewalt 58
    3. 2.3 Forschungsdesign 63
      1. 2.3.1 Eingrenzungen 64
      2. 2.3.2 Teilnehmende Beobachtung online und offline 65
      3. 2.3.3 Qualitative leitfadengestützte Interviews 75
      4. 2.3.4 Let’s Play-Videoanalyse 77
      5. 2.3.5 Analyse von Computerspielzeitschriften 83
      6. 2.3.6 Softwaregestützte Analyse ethnografischer Daten 85
      7. 2.3.7 Abgrenzungen 89
  3. 3. Virtuell-körperlich 93
    1. 3.1 Angriff 93
      1. 3.1.1 Effektstaunen 94
      2. 3.1.2 Einschlagslust 101
      3. 3.1.3 Avatare als Medien virtuell-körperlicher Erfahrung 108
      4. 3.1.4 Gekonntheit und Eleganz 115
      5. 3.1.5 Dominanz 126
      6. 3.1.6 ‚Männliche‘ Erfahrungen 137
    2. 3.2 Widerfahrnis 147
      1. 3.2.1 Stress, Spannung und Schreck 147
      2. 3.2.2 Affizierung 157
      3. 3.2.3 Schmerz und Tod 167
    3. 3.3 Aufrüstung 174
      1. 3.3.1 Waffe, Rüstung, Kampfmaschine 174
      2. 3.3.2 Looten und Leveln 190
  4. 4. Kompetitiv und kooperativ 199
    1. 4.1 Besser sein 199
      1. 4.1.1 Highscore 200
      2. 4.1.2 Player versus Player 205
    2. 4.2 Zusammenhalten 222
      1. 4.2.1 Gemeinsam kämpfen 224
      2. 4.2.2 Emotional Communities 235
  5. 5. Dramatisch und deviant 247
    1. 5.1 Einfühlen 247
      1. 5.1.1 Sich-Einlassen und Sich-Distanzieren 248
      2. 5.1.2 Traurigkeit und Wut 253
      3. 5.1.3 Gerechte Gewalt 261
    2. 5.2 Feinde machen 266
      1. 5.2.1 Abneigung und Hass 266
      2. 5.2.2 Dynamik der Rache 272
    3. 5.3 Überschreiten 279
      1. 5.3.1 Humorvolle Inkongruenzen 281
      2. 5.3.2 Ärgern und Trollen 293
  6. 6. Ambivalent 297
    1. 6.1 Ablehnen, rechtfertigen, genießen 297
      1. 6.1.1 Von der Ablehnung zur Akzeptanz 297
      2. 6.1.2 Positive Deutungen 301
    2. 6.2 Sich schlecht fühlen 304
      1. 6.2.1 Schockierung, Mitleid und kritische Reflexion 306
      2. 6.2.2 Schuld 313
  7. 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
  8. Literatur und Anhang 333
  9. Literatur 333
  10. Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
  11. Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
  12. Verzeichnis der geführten Interviews 364
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