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Gewalt im Computerspiel - Facetten eines Vergnügens
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AMBIVALENT 309 nicht einfach verschwinden, sondern sich verändern und neue Gestalt annehmen. Auch in Bezug auf ludisch-virtuelle Gewalt gibt es (zwar wandelbare, aber doch klar existierende) Gefühlsregeln, deren Bruch keinen Spaß mehr macht. Meist sind diese Erfahrungen unerwünscht und die SpielemacherInnen sind darum bemüht, sie gezielt zu unterbinden. Während man in zeitgenössischen Spielen wie GTA5 beispielsweise nach Belieben Unbeteiligte umbringen kann, tauchen hier keine Kinder auf, da deren virtuelle Tötung vermutlich ein für viele Spieler wirksames Tabu brechen würde. In den letzten Jahren wurden allerdings viele solcher Tabus gelockert oder in Ausnahmefällen auch genutzt, um die Spieler gezielt mit negativen Erfahrungen zu konfrontieren. Die Folter Das in Spielkulturen zur Zeit meiner Feldforschung berüchtigste Beispiel dieser Art entstammt ebenfalls GTA5 und wieder ist Trevor die treibende Kraft. Die Se- quenz – hier dargestellt am Beispiel des entsprechenden LP-Videos von Gronkh – beginnt, als Trevor und einige andere Charaktere in einem Keller zusammen- kommen, um aus einem gefangenen jungen Mann Informationen herauszupres- sen. Als Spieler wechselt man mehrfach zwischen dem Avatar Michael und dem Avatar Trevor. Während Michael zwischendurch die aus dem Gefangenen her- ausgepressten Informationen zu nutzen versucht, um eine Zielperson für einen Auftragsmord ausfindig zu machen, muss man als Trevor die Folter durchfüh- ren (empfohlenes Beispiel).37 Als erstes steht die Auswahl des Folterwerkzeugs an. „Ach du Scheiße!“, kommentiert Gronkh und wendet sich an seinen Kumpel Sarazar: „Willst du mal [die Steuerung] übernehmen?“ Aber Sarazar schweigt. Gronkh entscheidet sich also für eine Zange. Trevor bewegt sich mit dem Folter- instrument automatisch auf den Gefolterten zu und Gronkh flüstert jammernd: „Nein ... oh nein! Alter!“ An den Gefolterten ist ein Herzfrequenzmessgerät ange- schlossen, das nun beginnt, schneller zu piepen. Was das Video nicht zeigt: Das Gamepad der Konsole vibriert im Takt des Herzschlags im Verlauf der Folterse- quenz immer schneller und vermittelt so auch taktil die Panik des Gefolterten. „Boah das ist echt heftig“, kommentiert Sarazar, „find ich auch krass irgendwie.“ Plötzlich packt Trevor den Gefangenen im Nacken und setzt die Zange an seine Zähne an. Gronkh ist schockiert und weiß erst nicht, was er machen soll. Ein eingeblendeter Text gibt die Anweisung, dass er den Stick des Gamepads im Kreis bewegen muss, um so den Zahn des Gefolterten zu lockern und ihn schließlich auszureißen. Der Gefolterte schreit, Sarazar stößt ebenfalls einen Schmerzens- laut aus und Gronkh ruft, während er selbst mit dem Gamepad die Aktion durch- 37 | Gronkh: GTA V (GTA 5) [HD+] #041 - Folterknechte * Let’s Play GTA 5 (GTA V) (26.10.2013), 6:35-8:20 + 10:50-18:36. https://www.youtube.com/embed/buBF-6aan O4?start=395&end=500 + https://www.youtube.com/embed/buBF-6aanO4?start=650 &end=1116
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Gewalt im Computerspiel Facetten eines Vergnügens
Title
Gewalt im Computerspiel
Subtitle
Facetten eines Vergnügens
Author
Christoph Bareither
Date
2016
Language
German
License
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-8394-3559-5
Size
14.8 x 22.5 cm
Pages
370
Keywords
Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
Category
Medien

Table of contents

  1. 1. Einleitung 7
  2. 2. Theorie und Methode 15
    1. 2.1 Vergnügen 15
      1. 2.1.1 Pleasure 16
      2. 2.1.2 Praktiken 18
      3. 2.1.3 Doing Emotion 24
      4. 2.1.4 Emotionale Erfahrungen 33
    2. 2.2 Ludisch-virtuelle Gewalt 39
      1. 2.2.1 Zum Problem individueller Wahrnehmung 40
      2. 2.2.2 Physische Gewalt 47
      3. 2.2.3 Virtuelle Gewalt 51
      4. 2.2.4 Ludische Gewalt 58
    3. 2.3 Forschungsdesign 63
      1. 2.3.1 Eingrenzungen 64
      2. 2.3.2 Teilnehmende Beobachtung online und offline 65
      3. 2.3.3 Qualitative leitfadengestützte Interviews 75
      4. 2.3.4 Let’s Play-Videoanalyse 77
      5. 2.3.5 Analyse von Computerspielzeitschriften 83
      6. 2.3.6 Softwaregestützte Analyse ethnografischer Daten 85
      7. 2.3.7 Abgrenzungen 89
  3. 3. Virtuell-körperlich 93
    1. 3.1 Angriff 93
      1. 3.1.1 Effektstaunen 94
      2. 3.1.2 Einschlagslust 101
      3. 3.1.3 Avatare als Medien virtuell-körperlicher Erfahrung 108
      4. 3.1.4 Gekonntheit und Eleganz 115
      5. 3.1.5 Dominanz 126
      6. 3.1.6 ‚Männliche‘ Erfahrungen 137
    2. 3.2 Widerfahrnis 147
      1. 3.2.1 Stress, Spannung und Schreck 147
      2. 3.2.2 Affizierung 157
      3. 3.2.3 Schmerz und Tod 167
    3. 3.3 Aufrüstung 174
      1. 3.3.1 Waffe, Rüstung, Kampfmaschine 174
      2. 3.3.2 Looten und Leveln 190
  4. 4. Kompetitiv und kooperativ 199
    1. 4.1 Besser sein 199
      1. 4.1.1 Highscore 200
      2. 4.1.2 Player versus Player 205
    2. 4.2 Zusammenhalten 222
      1. 4.2.1 Gemeinsam kämpfen 224
      2. 4.2.2 Emotional Communities 235
  5. 5. Dramatisch und deviant 247
    1. 5.1 Einfühlen 247
      1. 5.1.1 Sich-Einlassen und Sich-Distanzieren 248
      2. 5.1.2 Traurigkeit und Wut 253
      3. 5.1.3 Gerechte Gewalt 261
    2. 5.2 Feinde machen 266
      1. 5.2.1 Abneigung und Hass 266
      2. 5.2.2 Dynamik der Rache 272
    3. 5.3 Überschreiten 279
      1. 5.3.1 Humorvolle Inkongruenzen 281
      2. 5.3.2 Ärgern und Trollen 293
  6. 6. Ambivalent 297
    1. 6.1 Ablehnen, rechtfertigen, genießen 297
      1. 6.1.1 Von der Ablehnung zur Akzeptanz 297
      2. 6.1.2 Positive Deutungen 301
    2. 6.2 Sich schlecht fühlen 304
      1. 6.2.1 Schockierung, Mitleid und kritische Reflexion 306
      2. 6.2.2 Schuld 313
  7. 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
  8. Literatur und Anhang 333
  9. Literatur 333
  10. Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
  11. Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
  12. Verzeichnis der geführten Interviews 364
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