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Gewalt im Computerspiel - Facetten eines Vergnügens
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GEWALT IM COMPUTERSPIEL314 setzen voraus, dass man eine Wahl hat und sich für eine als negativ gedeutete Tätigkeit entscheidet. Das folgende Beispiel stammt aus der LP-Reihe von Sarazar zum in Deutsch- land entwickelten Third-Person-Shooter Spec Ops: The Line. Im Spiel steuert man einen Elitesoldaten, begleitet von zwei Kameraden, durch ein von abtrünnigen US-Militäreinheiten und Terroristen besetztes Dubai, das zu großen Teilen unter den Folgen eines Sandsturms begraben liegt. Der Shooter startet wie viele andere mit markanten Sprüchen der Soldaten, ersten Scharmützeln mit Terroristen und dann einer ganzen Reihe actionreicher Ballereien. Sarazar kommentiert das Spiel ebenfalls wie jedes andere Actiongame: Er artikuliert Stress, Gefühle der Domi- nanz, Effektstaunen und Einschlagslust. Nach und nach entfaltet sich hier aber auch eine andere Seite. Es ist völlig un- klar, wer in diesem halb-zerstörten Dubai die Guten und wer die Bösen sind. Jeder scheint auf jeden zu schießen. In der siebten Folge der Reihe stolpern die drei Elitesoldaten über ein erstes Massengrab. Per Funk hört man, wie Menschen ge- foltert werden. Zwischendurch kommt es immer wieder zu actionreichen Kämp- fen. Dann stoßen sie aber noch einmal auf ein Massengrab.42 „Ach du Heilige!“, kommentiert Sarazar. Diesmal bewegt sich einer der Sterbenden noch. Sarazar sieht ihm einen Moment zu, hebt dann seine Waffe und schießt. „Ein Herz für virtuelle Menschen, ne?“, erklärt er leicht bedrückt: „Den wollten wir von seinem Leid erlösen, den Burschen. Aber zu viel Munition dürfen wir nicht verschwen- den.“ Als sie aus dem tunnelartigen Massengrab hinaustreten, sehen die Soldaten eine Gruppe von Menschen, die gerade der chemischen Waffe weißer Phosphor ausgesetzt wurden und sich am Boden liegend vor Schmerzen winden. Bereits hier wird deutlich, dass Spec Ops: The Line physische Gewalt und de- ren Folgen zumindest in einzelnen Sequenzen auf für Actionspiele ungewohn- te Weise darstellt. Eine Folge später sehen sich die drei Elitesoldaten mit einer Übermacht an Gegnern konfrontiert und haben die Wahl, ob sie mit konventio- nellen Waffen kämpfen oder den eben kennengelernten weißen Phosphor selbst einsetzen möchten.43 In einer Zwischensequenz weist einer der Soldaten noch- mals auf die verheerende Wirkung dieser Waffe hin. Trotzdem entscheidet sich Sarazar für deren Einsatz beziehungsweise denkt, diese Entscheidung getroffen zu haben. Tatsächlich ist es unmöglich, die gegnerische Übermacht mit konven- tionellen Waffen zu besiegen – das Spiel gaukelt dem Spieler also gewissermaßen vor, dass er selbst die Entscheidung zum Einsatz einer chemischen Waffe trifft. Die Ansicht wechselt auf eine Drohnen-Kamera, durch die man seine Gegner 42 | Sarazar: Let’s Play Spec Ops: The Line #008 - Massenvernichtung [Full-HD] [Deutsch] (12.7.2012), 12:24-13:57. https://www.youtube.com/embed/0rVAAM3Bif0?start=744&e nd=837 43 | Sarazar: Let’s Play Spec Ops: The Line #009 - Die totale Zerstörung [Full-HD] [Deutsch] (13.7.2012), 11:05-14:51. https://www.youtube.com/embed/Dwyp47GOlF0?start=665& end=891
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Gewalt im Computerspiel Facetten eines Vergnügens
Title
Gewalt im Computerspiel
Subtitle
Facetten eines Vergnügens
Author
Christoph Bareither
Date
2016
Language
German
License
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-8394-3559-5
Size
14.8 x 22.5 cm
Pages
370
Keywords
Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
Category
Medien

Table of contents

  1. 1. Einleitung 7
  2. 2. Theorie und Methode 15
    1. 2.1 Vergnügen 15
      1. 2.1.1 Pleasure 16
      2. 2.1.2 Praktiken 18
      3. 2.1.3 Doing Emotion 24
      4. 2.1.4 Emotionale Erfahrungen 33
    2. 2.2 Ludisch-virtuelle Gewalt 39
      1. 2.2.1 Zum Problem individueller Wahrnehmung 40
      2. 2.2.2 Physische Gewalt 47
      3. 2.2.3 Virtuelle Gewalt 51
      4. 2.2.4 Ludische Gewalt 58
    3. 2.3 Forschungsdesign 63
      1. 2.3.1 Eingrenzungen 64
      2. 2.3.2 Teilnehmende Beobachtung online und offline 65
      3. 2.3.3 Qualitative leitfadengestützte Interviews 75
      4. 2.3.4 Let’s Play-Videoanalyse 77
      5. 2.3.5 Analyse von Computerspielzeitschriften 83
      6. 2.3.6 Softwaregestützte Analyse ethnografischer Daten 85
      7. 2.3.7 Abgrenzungen 89
  3. 3. Virtuell-körperlich 93
    1. 3.1 Angriff 93
      1. 3.1.1 Effektstaunen 94
      2. 3.1.2 Einschlagslust 101
      3. 3.1.3 Avatare als Medien virtuell-körperlicher Erfahrung 108
      4. 3.1.4 Gekonntheit und Eleganz 115
      5. 3.1.5 Dominanz 126
      6. 3.1.6 ‚Männliche‘ Erfahrungen 137
    2. 3.2 Widerfahrnis 147
      1. 3.2.1 Stress, Spannung und Schreck 147
      2. 3.2.2 Affizierung 157
      3. 3.2.3 Schmerz und Tod 167
    3. 3.3 Aufrüstung 174
      1. 3.3.1 Waffe, Rüstung, Kampfmaschine 174
      2. 3.3.2 Looten und Leveln 190
  4. 4. Kompetitiv und kooperativ 199
    1. 4.1 Besser sein 199
      1. 4.1.1 Highscore 200
      2. 4.1.2 Player versus Player 205
    2. 4.2 Zusammenhalten 222
      1. 4.2.1 Gemeinsam kämpfen 224
      2. 4.2.2 Emotional Communities 235
  5. 5. Dramatisch und deviant 247
    1. 5.1 Einfühlen 247
      1. 5.1.1 Sich-Einlassen und Sich-Distanzieren 248
      2. 5.1.2 Traurigkeit und Wut 253
      3. 5.1.3 Gerechte Gewalt 261
    2. 5.2 Feinde machen 266
      1. 5.2.1 Abneigung und Hass 266
      2. 5.2.2 Dynamik der Rache 272
    3. 5.3 Überschreiten 279
      1. 5.3.1 Humorvolle Inkongruenzen 281
      2. 5.3.2 Ärgern und Trollen 293
  6. 6. Ambivalent 297
    1. 6.1 Ablehnen, rechtfertigen, genießen 297
      1. 6.1.1 Von der Ablehnung zur Akzeptanz 297
      2. 6.1.2 Positive Deutungen 301
    2. 6.2 Sich schlecht fühlen 304
      1. 6.2.1 Schockierung, Mitleid und kritische Reflexion 306
      2. 6.2.2 Schuld 313
  7. 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
  8. Literatur und Anhang 333
  9. Literatur 333
  10. Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
  11. Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
  12. Verzeichnis der geführten Interviews 364
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