Page - 325 - in Gewalt im Computerspiel - Facetten eines Vergnügens
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ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK 323
dimension durch vorprogrammierte Animationen und Effekte, beispielsweise die
Bullet Time-Zeitlupe, die es den Spielern erlauben, Computerspielgewalt als eine
kreative und gestaltende Tätigkeit zu verstehen und zu praktizieren.
Die Ausübung von ludisch-virtueller Gewalt hat zugleich eine soziale Dimen-
sion. In Auseinandersetzung mit medienpsychologischen Ansätzen wurde argu-
mentiert, dass Spieler durch ihren Avatar ein quasi-soziales Verhältnis zu Compu-
tergegnern (in Singleplayer-Games) einnehmen können, was auch die Erfahrung
der Ausübung von Computerspielgewalt bereichert. Verschiedene Überlegungen
aus der Gewaltforschung zeigen, dass physische Gewalt (auch abseits des Com-
puterspielens) ein Mittel der sozialen Unterwerfung sein kann. Kommunikative
Emotionspraktiken von Spielern und Let’s Playern (bspw. Schmährufe oder ein
Auslachen der Gegner) machen nachvollziehbar, wie dieses Bedeutungs- und
Emotionspotenzial physischer Gewalt auch in Actiongames aufgegriffen wird,
um in der quasi-sozialen Auseinandersetzung mit Computergegnern emotionale
Erfahrungen einer virtuell-körperlichen und zugleich sozial aufgeladenen Domi-
nanz zu machen.
In Multiplayer-Games geschieht ähnliches, doch hier ist das Verhältnis zu den
Gegnern nicht mehr nur quasi-sozial. Eine besondere Freude bei der Ausübung
von Computerspielgewalt – so beschreiben es viele Spieler in Interviews – ent-
steht aus dem Wissen um den Ärger der Anderen. Weil die besiegten Gegner die
ludisch-virtuellen Prozesse für voll nehmen und sich über ihre Niederlage ärgern,
erfahren sich die überlegenen Spieler als dominant.
Die Frage nach Dominanzerfahrungen wirft zugleich auch die Frage nach
spezifisch ‚männlichen‘ Qualitäten des Vergnügens an der Ausübung von Com-
puterspielgewalt auf. Actiongames werden noch immer vor allem von männli-
chen Spielern gespielt und die Konversationsprozesse in Online-Sprachkanälen
sind nicht selten von einem ‚männlichen Gehabe‘ geprägt. Das schlägt sich auch
in den kommunizierenden Emotionspraktiken nieder, vor allem bei der Artikula-
tion von Dominanzerfahrungen. Manche Spieler umschreiben den dominanten
Sieg über Gegner durch Begriffe wie „ficken“ oder „rapen“. Dabei betreiben sie
zugleich eine Form des doing gender, die eine spezifische Variante von dominanter
Männlichkeit als Spielelement aufgreift. Diese Art der Männlichkeit wird aber
nicht zwangsläufig ernst genommen, sondern die Akteure nehmen auf spiele-
rische Weise darauf Bezug, um besondere emotionale Erfahrungen zu machen.
Auch weibliche Spielerinnen können prinzipiell – das zeigen bereits wenige Bei-
spiele – Freude an virtuell-körperlichen Dominanzerfahrungen haben und ge-
rade dadurch vielleicht auch die eher als männlich konnotierte Praxis der Aus-
übung von Computerspielgewalt für sich entdecken.
Im zweiten Unterkapitel zur Facette virtuell-körperlicher Erfahrungen stand
die Widerfahrnis von Computerspielgewalt zur Diskussion. Fast immer greift der
Avatar nicht nur an, sondern Spieler werden durch die embodiment relation zu
ihm auch virtuell-körperlich bedroht. Darunter fällt erstens die Erfahrung von
positiv gedeutetem Stress (durch akute virtuell-körperliche Bedrohung), zweitens
Gewalt im Computerspiel
Facetten eines Vergnügens
- Title
- Gewalt im Computerspiel
- Subtitle
- Facetten eines Vergnügens
- Author
- Christoph Bareither
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3559-5
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 370
- Keywords
- Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
- Category
- Medien
Table of contents
- 1. Einleitung 7
- 2. Theorie und Methode 15
- 3. Virtuell-körperlich 93
- 4. Kompetitiv und kooperativ 199
- 5. Dramatisch und deviant 247
- 6. Ambivalent 297
- 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
- Literatur und Anhang 333
- Literatur 333
- Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
- Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
- Verzeichnis der geführten Interviews 364