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ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK 329
über das Sterben des eigenen Avatars durch die in das Looten investierte Arbeit
um ein Vielfaches intensiviert wird; oder wie die Feindschaft zu anderen Spieler-
gruppen zugleich den Zusammenhalt der eigenen Spielergruppe und ihre Funk-
tion als emotional community stärken kann. Zahlreiche solche Verschränkungen
ließen sich anfügen. Kurzum: Die hier nacheinander beschriebenen Erfahrungs-
facetten sind zugleich auf vielfältige Weise miteinander verbunden, ergänzen und
bereichern sich gegenseitig. Genau darauf soll der Begriff der Facetten letztlich
verweisen: ein Phänomen, das sich in vielen Dimensionen von eigener Qualität
ausprägt, das zugleich aber durch einen gemeinsamen Kern zusammengehalten
wird. Dieser Kern ist die ludisch-virtuelle Gewalt.
Abschließend bleibt zu fragen, welchen weiterführenden Erkenntnisgewinn
die Einsicht in diesen Facettenreichtum der Erfahrungen letztlich bringt. Was
kann man aus einer solchen ethnografischen Studie für die rund um Computer-
spielgewalt schwelenden Konflikte zwischen Spielenden und kritischen Außen-
stehenden, und was für die Forschung zu Computerspielgewalt lernen?
Wie einleitend erwähnt, wurde im bisherigen Diskurs rund um Computer-
spielgewalt fast nie danach gefragt, was eigentlich das Vergnügen von Millionen
Menschen daran ausmacht. Das ist auch deshalb ein Versäumnis, weil dieses
Vergnügen dadurch implizit simplifiziert wird. Viele Studien oder populärwis-
senschaftliche und journalistische Erörterungen scheinen als gegeben hinzu-
nehmen, dass in Actiongames eine (nicht näher spezifizierte) Form der Gewalt
stattfindet und dass diese Gewalt den Spielern Spaß macht. In den Mittelpunkt
werden vor allem die Software-Programme gerückt und das, was diese den Spie-
lern anbieten, oder es wird die Frage gestellt, wie diese Angebote auf die Spieler
wirken. Dahinter scheint die Vorstellung zu stehen, dass die Spieler diese Ange-
bote stets unreflektiert aufgreifen und linear umsetzen.
Die vorliegende Studie zeigt, wie problematisch diese implizite Vorannahme
ist. Das heißt nicht, dass es unwichtig wäre, was die jeweilige Software an Reprä-
sentationen und Möglichkeiten bietet. Aber die ethnografische Perspektive de-
monstriert, dass Computerspielen immer ein Prozess ist, der sowohl die Potenzi-
ale eines Spiels als auch spezifische Nutzungsweisen der Spieler mit einschließt.
Dieser Perspektive entsprechend habe ich in der Studie wiederholt versucht her-
vorzuheben, wie durch die spezifischen Nutzungsweisen der Spieler die Emoti-
onspotenziale virtueller Gewalt genutzt und dadurch sehr unterschiedliche emo-
tionale Erfahrungen gemacht werden. Unabhängig davon, dass die erkundeten
Erfahrungsfacetten niemals vollständige Repräsentativität beanspruchen kön-
nen, zeigt das empirische Material sehr deutlich, dass das Vergnügen an Compu-
terspielgewalt ohne einen Blick für dieses Machen nicht verstanden werden kann.
Damit verbunden ist eine grundsätzliche Aufforderung an alle, die sich analy-
tisch mit Computerspielgewalt, auch aus pädagogischer oder an Medienwirkun-
gen interessierter Perspektive beschäftigen: Es genügt nicht, nur auf die Soft-
ware-Programme zu schauen. Und genauso wenig genügt es, die Spieler in vom
Spielprozess losgelösten Gesprächssituationen nach ihrer Meinung zu fragen.
Gewalt im Computerspiel
Facetten eines Vergnügens
- Title
- Gewalt im Computerspiel
- Subtitle
- Facetten eines Vergnügens
- Author
- Christoph Bareither
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3559-5
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 370
- Keywords
- Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
- Category
- Medien
Table of contents
- 1. Einleitung 7
- 2. Theorie und Methode 15
- 3. Virtuell-körperlich 93
- 4. Kompetitiv und kooperativ 199
- 5. Dramatisch und deviant 247
- 6. Ambivalent 297
- 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
- Literatur und Anhang 333
- Literatur 333
- Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
- Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
- Verzeichnis der geführten Interviews 364