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Heimatrecht und Staatsbürgerschaft österreichischer Juden - Vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in die Gegenwart
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Einführung 11 Wiederbelebung des Römischen Rechts im Zuge des Humanismus (etwa eines Jo- hannes Reuchlin) seit Mitte des 16. Jahrhunderts zur (Wieder-)Anerkennung der ursprünglichen Stellung von Juden als cives romani, als römische Bürger, geführt und damit allmählich zur Durchsetzung des Prinzips einer grundsätzlich unbeschränkten Teilhabe an der allgemeinen Untertanenschaft.9 Juden immer wieder zugeschriebene vermeintliche Eigenschaften wie Ortlosigkeit, ewige Wanderer (Ahasver-Motiv), Kos- mopolitismus, Andersheit (Otherness) erscheinen vor dem Hintergrund der jüngeren Forschung obsolet.10 Es sind vielmehr die Setzungen des Rechts, seine Einschlie- ßungen und Ausschließungen, die darüber befinden, wer, zu einer bestimmten Zeit, an einem bestimmten Ort als zugehörig und einheimisch, bzw. als nicht zugehörig und fremd gilt. Die Geschichte der Staatsbürgerschaft ist deshalb immer auch und zuallererst eine Geschichte des Fremden.11 Aus dieser Einsicht folgt eine Forschungsperspektive, die sich dem Thema Staats- bürgerschaft gleichsam vom Rand her nähert, eine Perspektive, der der »Ausnah- mefall« (jener der Juden) als Indikator für die Entwicklung der Staatsbürgerschaft insgesamt gilt. (Tatsächlich galt die Inklusion der Juden in die allgemeinen Rechte der Staatsbürger während des 19. Jahrhunderts als Gradmesser für die Reife eines Staates  – als Ausweis guter Gouvernementalität.) Die Beschreibung des sich über mehr als ein Jahrhundert erstreckenden, steinigen, von vielen Rückschlägen gekenn- zeichneten Weges der Einbeziehung der Juden in die allgemeine Staatsbürgerschaft (vom exklusiven Judenregal über die Toleranz oder Familienstelle bis zur vollen Staatsbürgerschaft) ermöglicht zugleich auch einen neuen Blick auf den bisher wenig beleuchteten Akt der Ausbürgerung der Juden während der nationalsozialistischen Herrschaft. Die Ausbürgerung der österreichischen Juden und Jüdinnen zwischen 1938 und 1941 war ein überaus komplexer, in mehreren Schüben ablaufender Pro- zess, der sich ähnlich wie im »Altreich«, doch zeitlich verschoben und bereits unter schenräume als jüdische Rechts- und Handlungsspielräume. Einleitung zum Band : Juden im Recht. Neue Zugänge zur Rechtsgeschichte der Juden im Alten Reich, Zeitschrift für Historische For- schung, Beiheft 39 (2007), S.  1–11, hier : S.  2 und 4. 9 J. Friedrich Battenberg : Von der Kammerknechtschaft zum Judenregal. Reflexionen zur Rechts- stellung der Judenschaft im Heiligen Römischen Reich am Beispiel Johannes Reuchlins, in : Sabine Hödl et al (Hg.) : Hofjuden und Landjuden. Jüdisches Leben in der Frühen Neuzeit (Berlin 2004), S.  65–91, hier : S.  83. Zur Stellung der Juden als cives romani vgl. auch : Peter Riesenberg : Citizen- ship in the Western Tradition (Chapel Hill/London 1992), S.  48 sowie Raph W. Mathisen : Perigrini, Barbari, and Cives Romani. Concepts of Citizenship and the Legal Identity of Barbarians in the Later Roman Empire. The American Historical Review 11.4 (2006) : 48 pars. 19 Juni 2012, htp :// www.historycooperative.org/journals/ahr/111.4/mathisen.html. 10 Vgl. Zygmunt Baumann : Moderne und Ambivalenz. Das Ende der Eindeutigkeit (Hamburg 1992), S.  80. Siehe dazu auch : Kernmeyer/Hödl/ Ernst, Assimilation, S.  291–322. 11 Vgl. Jacques Derrida : Von der Gastfreundschaft (Paris 1977), S.  57 und 101.
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Heimatrecht und Staatsbürgerschaft österreichischer Juden Vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in die Gegenwart
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Heimatrecht und Staatsbürgerschaft österreichischer Juden
Untertitel
Vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in die Gegenwart
Autor
Hannelore Burger
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79495-0
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
292
Schlagwörter
Heimatrecht, Staatsbürgerschaft, Juden, Österreichische Juden, Judenemanzipation, Toleranz, Josephinische Reformen, Österreichische Monarchie, Ausgleich, Österreich-Ungarn, Erste Republik, Nationalsozialistische Judenverfolgung, Ausbürgerung
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Einführung 9
  2. Von der Epoche des josephinischen Reformabsolutismus bis zum Ende des Neoabsolutismus 15
  3. Die Frage der jüdischen Bürgerrechte in der Aufklärung 15
  4. Exkurs : Juden in den österreichischen Ländern vom Hochmittelalter bis in das Zeitalter der Emanzipation 19
  5. Die josephinische Zäsur 26
  6. Das böhmisch-mährische System der Familienstellen 29
  7. Das Toleranzpatent für die Juden Galiziens 34
  8. Anhaltende »Verschiedenheit des politischen Zustandes« 38
  9. Die Vertretung der Tolerierten 39
  10. Das Judenamt 40
  11. Die Hofkanzlei als Hüterin der Toleranz 45
  12. Taufen und Nobilitierungen 47
  13. Die Kodifizierung des Staatsbürgerschaftsrechts 51
  14. Die staatsbürgerliche Stellung der Juden im Vormärz
  15. und das Auftauchen der »Judenfrage« 53
  16. Die bürgerliche Revolution von 1848 und die veränderte staatsbürgerliche Stellung der Juden 59
  17. Juden als österreichische Reichsbürger 62
  18. Inklusion und Exklusion von Juden in der Zeit des Neoabsolutismus 64
  19. Das Heimatrecht der österreichischen Juden 70
  20. Die Sonderstellung der »türkischen« Juden 74
  21. Die Entwicklung von Heimatrecht und Staatsbürgerschaft in der Epoche des Ausgleichs 77
  22. Der Anteil der Juden an den Einbürgerungen 77
  23. Die Vermehrung der jüdischen Bevölkerung in Cisleithanien 80
  24. Die rechtliche Gleichstellung der Juden durch das Staatsgrundgesetz über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger im Dezember 1867 82
  25. Rückkehr in die »verbotene Stadt« 83
  26. Paradoxe Fremde 85
  27. Die dualistische Verschärfung 86
  28. Motive für den Erwerb von Heimatrecht und Staatsbürgerschaft 88
  29. Heimatrecht und Staatsbürgerschaft jüdischer Frauen 90
  30. Heimatrecht und soziale Frage 91
  31. Der Fall Dr. Hugo Stark 92
  32. Der Fall Julia Singer 93
  33. Der Fall Lea Weitzmann 95
  34. »Schutzgenossen« und »Untertanen de facto« 96
  35. Zur Ambivalenz von Heimatrecht und Staatsbürgerschaft 97
  36. Die Nationalitätenkonflikte der Verfassungszeit und die (sprach-)nationale Identität der Juden 100
  37. Kafkas Sprachen 100
  38. Die Bedeutung von Bildung im Judentum 103
  39. Sprache, Nationalität und Recht im Unterrichtswesen 105
  40. Jüdische Kinder in den Mühlen des Nationalitätenkampfes 109
  41. Der Anteil jüdischer Schüler am höheren Bildungswesen 112
  42. Sprachen, Nationalitäten, Identitäten 114
  43. Das mehrsprachige Unterrichtswesen in der Bukowina 115
  44. Der Verdacht gegen die Mehrsprachigkeit 116
  45. Die Ethnisierung der Nationalitätenkonflikte 117
  46. Die Wiederkehr der »Judenfrage« in der Epoche des Ausgleichs 119
  47. Juden im Ersten Weltkrieg 130
  48. Theorie und Praxis von Heimatrecht und Staatsbürgerschaft in der Ersten Republik 132
  49. Die Aus- und Einbürgerungen des autoritären Ständestaates 141
  50. Verfolgung, Vertreibung, Ausbürgerung, Vernichtung während der NS-Herrschaft 146
  51. Die Implementierung der Nürnberger Gesetze in Österreich 146
  52. Signaturen der Vertreibung 152
  53. Die Ausbürgerung und der Befehl zur »Endlösung« 155
  54. Die Wiederherstellung der Staatsbürgerschaft in der Zweiten Republik 166
  55. Der Fall Raviv 172
  56. Staatenlosigkeit als Massenschicksal 187
  57. Der Fall Elias Canetti 188
  58. Der Fall Manès Sperber 200
  59. Semantische Nachbemerkungen 213
  60. Verzeichnis der Archive 222
  61. Literaturverzeichnis 223
  62. Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen 244
  63. Zeittafel 245
  64. Register 264
  65. Personen 264
  66. Orte 269
  67. Sachen 271
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