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Heimatrecht und Staatsbürgerschaft österreichischer Juden - Vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in die Gegenwart
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60 Von der Epoche des josephinischen Reformabsolutismus ser Prinzipien quasi von selbst erledigen. Jüdische Aktivisten bemühten sich  – wohl auch unter dem Eindruck antisemitischer Ausschreitungen  –, die Judenfrage gerade nicht zu einem zentralen Thema zu machen. So mahnte der Prediger des Wiener Tempels, Isaak Noah Mannheimer, anlässlich einer ökumenischen Feier zu Ehren der Märzgefallenen : Unter den ersten, die das Wort ergriffen und geführt in den stürmischen Tagen, waren die Juden !  … Jetzt nichts für uns ! Kein Wort von »Judenemanzipation«, wenn andere es nicht sprechen für uns ! Wir haben genug 30 Jahre lang  … ge- beten um Recht und Menschlichkeit  … Erst das Recht des Menschen zu leben, zu atmen, zu denken, zu sprechen ; erst das Recht des Bürgers, des edlen, freien ; nachher kommt der Jude !  … Wir sind die Leidenden in jedem Falle. Wo die rohe Gewalt einbricht, bricht sie gegen uns ein ; wo die Gewalt der Herrschaft regiert, regiert sie gegen uns.189 Zwar war nun die Glaubens- und Gewissensfreiheit ebenso wie die Gleichstellung der Konfessionen in der nach der Märzrevolution erlassenen Verfassung vom 25. April 1848 (die sogenannte Pillersdorfsche Verfassung) erstmals garantiert worden, auch anerkannte die Aprilverfassung die Juden als Staatsbürger und gewährte ihnen das aktive und passive Wahlrecht zum Reichsrat, doch die Aufhebung aller für Juden noch immer geltenden Beschränkungen wurde ausdrücklich der Entscheidung des sich kon- stituierenden Reichstages vorbehalten. In dessen Grundrechtsentwurf, den der Ver- fassungsausschuss in einer erster Lesung Ende September 1848 behandelte, hieß es in § 17 : »Die Religionsverschiedenheit begründet keinen Unterschied in den Rechten und Pflichten der Staatsbürger.«190 Als jedoch wegen der zunehmenden Unruhen in Wien der Reichstag nach dem mährischen Kremsier/Kromeříž verlegt werden sollte, beschloss man am letzten Sitzungstag in Wien, dem 5. Oktober 1848, im Rahmen einer Budgetdebatte lediglich die Aufhebung aller den Juden auferlegten Steuern. Nach der blutigen Niederschlagung der zweiten Phase der Revolution, im Ok- tober 1848, setzte die neue Regierung unter Fürst Felix von Schwarzenberg in der Frage der Gleichstellung der Juden zunächst den Kurs der vorherigen Regierung fort. Als jedoch im November im Ministerrat ein Antrag auf Zulassung eines Ju- den zum Gerichtsdienst eingebracht wurde, sprach sich Justizminister Bach gegen die Gewährung des Gesuchs aus, mit der Begründung, dass man der Emanzipation 189 Zit. nach : Walter Grab : Der deutsche Weg der Judenemanzipation 1789–1938 (München/Zürich 1991), S.  120. 190 Alfred Fischel : Die Protokolle des Verfassungsausschusses über die Grundrechte. Ein Beitrag zur Geschichte des österreichischen Reichstags vom Jahre 1848 (Wien/Leipzig 1912), Anhang, S.  185.
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Heimatrecht und Staatsbürgerschaft österreichischer Juden Vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in die Gegenwart
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Heimatrecht und Staatsbürgerschaft österreichischer Juden
Untertitel
Vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in die Gegenwart
Autor
Hannelore Burger
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79495-0
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
292
Schlagwörter
Heimatrecht, Staatsbürgerschaft, Juden, Österreichische Juden, Judenemanzipation, Toleranz, Josephinische Reformen, Österreichische Monarchie, Ausgleich, Österreich-Ungarn, Erste Republik, Nationalsozialistische Judenverfolgung, Ausbürgerung
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Einführung 9
  2. Von der Epoche des josephinischen Reformabsolutismus bis zum Ende des Neoabsolutismus 15
  3. Die Frage der jüdischen Bürgerrechte in der Aufklärung 15
  4. Exkurs : Juden in den österreichischen Ländern vom Hochmittelalter bis in das Zeitalter der Emanzipation 19
  5. Die josephinische Zäsur 26
  6. Das böhmisch-mährische System der Familienstellen 29
  7. Das Toleranzpatent für die Juden Galiziens 34
  8. Anhaltende »Verschiedenheit des politischen Zustandes« 38
  9. Die Vertretung der Tolerierten 39
  10. Das Judenamt 40
  11. Die Hofkanzlei als Hüterin der Toleranz 45
  12. Taufen und Nobilitierungen 47
  13. Die Kodifizierung des Staatsbürgerschaftsrechts 51
  14. Die staatsbürgerliche Stellung der Juden im Vormärz
  15. und das Auftauchen der »Judenfrage« 53
  16. Die bürgerliche Revolution von 1848 und die veränderte staatsbürgerliche Stellung der Juden 59
  17. Juden als österreichische Reichsbürger 62
  18. Inklusion und Exklusion von Juden in der Zeit des Neoabsolutismus 64
  19. Das Heimatrecht der österreichischen Juden 70
  20. Die Sonderstellung der »türkischen« Juden 74
  21. Die Entwicklung von Heimatrecht und Staatsbürgerschaft in der Epoche des Ausgleichs 77
  22. Der Anteil der Juden an den Einbürgerungen 77
  23. Die Vermehrung der jüdischen Bevölkerung in Cisleithanien 80
  24. Die rechtliche Gleichstellung der Juden durch das Staatsgrundgesetz über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger im Dezember 1867 82
  25. Rückkehr in die »verbotene Stadt« 83
  26. Paradoxe Fremde 85
  27. Die dualistische Verschärfung 86
  28. Motive für den Erwerb von Heimatrecht und Staatsbürgerschaft 88
  29. Heimatrecht und Staatsbürgerschaft jüdischer Frauen 90
  30. Heimatrecht und soziale Frage 91
  31. Der Fall Dr. Hugo Stark 92
  32. Der Fall Julia Singer 93
  33. Der Fall Lea Weitzmann 95
  34. »Schutzgenossen« und »Untertanen de facto« 96
  35. Zur Ambivalenz von Heimatrecht und Staatsbürgerschaft 97
  36. Die Nationalitätenkonflikte der Verfassungszeit und die (sprach-)nationale Identität der Juden 100
  37. Kafkas Sprachen 100
  38. Die Bedeutung von Bildung im Judentum 103
  39. Sprache, Nationalität und Recht im Unterrichtswesen 105
  40. Jüdische Kinder in den Mühlen des Nationalitätenkampfes 109
  41. Der Anteil jüdischer Schüler am höheren Bildungswesen 112
  42. Sprachen, Nationalitäten, Identitäten 114
  43. Das mehrsprachige Unterrichtswesen in der Bukowina 115
  44. Der Verdacht gegen die Mehrsprachigkeit 116
  45. Die Ethnisierung der Nationalitätenkonflikte 117
  46. Die Wiederkehr der »Judenfrage« in der Epoche des Ausgleichs 119
  47. Juden im Ersten Weltkrieg 130
  48. Theorie und Praxis von Heimatrecht und Staatsbürgerschaft in der Ersten Republik 132
  49. Die Aus- und Einbürgerungen des autoritären Ständestaates 141
  50. Verfolgung, Vertreibung, Ausbürgerung, Vernichtung während der NS-Herrschaft 146
  51. Die Implementierung der Nürnberger Gesetze in Österreich 146
  52. Signaturen der Vertreibung 152
  53. Die Ausbürgerung und der Befehl zur »Endlösung« 155
  54. Die Wiederherstellung der Staatsbürgerschaft in der Zweiten Republik 166
  55. Der Fall Raviv 172
  56. Staatenlosigkeit als Massenschicksal 187
  57. Der Fall Elias Canetti 188
  58. Der Fall Manès Sperber 200
  59. Semantische Nachbemerkungen 213
  60. Verzeichnis der Archive 222
  61. Literaturverzeichnis 223
  62. Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen 244
  63. Zeittafel 245
  64. Register 264
  65. Personen 264
  66. Orte 269
  67. Sachen 271
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