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Heimatrecht und Staatsbürgerschaft österreichischer Juden - Vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in die Gegenwart
Seite - 154 -
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154 Verfolgung, Vertreibung, Ausbürgerung, Vernichtung während der NS-Herrschaft Hilferding, die Schauspielerin und Gattin Bert Brechts, Helene Weigel, die Auto- rin Alice Henriette Zuckmayer, der Kinderpsychologe Bruno Bettelheim oder der Schriftsteller und nunmehrige Vorsitzende des »Komitees der Österreicher« in Groß- britannien Friedrich Hertz. Sie alle erfuhren  – wenn überhaupt  – von ihrer strafwei- sen Ausbürgerung durch Anzeige im Deutschen Reichsanzeiger.554 Die Gründe für den Verlust ihrer Staatsbürgerschaft wurden ihnen nicht mitgeteilt. Ein Rechtsmittel gegen die Verfügung gab es nicht. Eine der Folgen der strafweisen Ausbürgerung war die Beschlagnahmung des gesamten Vermögens des/der Betroffenen durch die Geheime Staatspolizei zugunsten des Deutschen Reiches. Die große Mehrheit der österreichischen Juden aber verlor ihre mit dem An- schluss Österreichs an das Deutsche Reich zwangsweise erworbene deutsche Staatsangehörigkeit erst mit der Elften Verordnung zum Reichsbürgergesetz vom 25. November 1941.555 Mit der Elften Verordnung verloren nicht nur jene ihre Staatsbürgerschaft, die sich bereits im Ausland aufhielten (und noch nicht straf- weise ausgebürgert waren), sondern auch all diejenigen, die, wie der Gesetzgeber zynisch formulierte, künftig die »Verlegung des gewöhnlichen Aufenthalts ins Aus- land« planten (was, da seit dem 18. Oktober 1941 jede Auswanderung von Juden verboten war, nur mehr den Vorgang der Deportation in die Konzentrationslager bedeuten konnte).556 Diese Elfte Verordnung ermöglichte nicht nur den sofortigen vollständigen Vermögensentzug  – und vollendete somit den Raubzug am Vermögen der jüdischen Bürger und Bürgerinnen557  –, sondern markierte darüber hinaus den 554 Vgl. Michael Hepp/Hans Georg Lehmann (Hg.) : Die Ausbürgerung deutscher Staatsangehöriger 1933–45 nach den im Reichsanzeiger veröffentlichten Listen, Bd. 3, Liste der Geburtsorte und der letzten Wohnorte (München/New York/London 1985). In welchem Maße Emigranten und Emi- grantinnen durch die Auslandsmissionen des Deutschen Außenministeriums überwacht wurden und in welcher Weise dieses am Prozess der Ausbürgerung deutscher und österreichischer Juden beteiligt war, wird in der umfangreichen Studie über das Deutsche Außenministerium, »Das Amt«, deutlich. Eckart Conze et al. (Hg.) : Das Amt und die Vergangenheit. Deutsche Diplomaten im Dritten Reich und in der Bundesrepublik Deutschland (Hamburg 2010), S.  14ff. 555 § 1 Ein Jude, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hat, kann nicht deutscher Staatsan- gehöriger sein. Der gewöhnliche Aufenthalt ist dann gegeben, wenn sich ein Jude im Ausland unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er dort nur vorübergehend verweilt. § 2 Ein Jude verliert die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn er beim Inkrafttreten dieser Verordnung seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hat ; mit dem Inkrafttreten der Verordnung wenn er seinen gewöhnlichen Aufenthalt später im Ausland nimmt, mit der Verlegung des gewöhnlichen Aufenthalts im Ausland. § 3 (und alle weiteren Paragraphen der Elften Verordnung) zielen auf das Vermögen der Juden. RGBl. 133/1941. Ausführlicher dazu : Burger/Wendelin, Staatsbürgerschaft, S.  296ff. 556 § 2 der Elften Verordnung. RGBl. 1941/133. 557 Das Gesamtvermögen der österreichischen Juden wurde in einer Studie der Österreichischen His- torikerkommission, die auf der Auswertung der »Verzeichnisse über das Vermögen der Juden nach dem Stande vom 27. April 1938« basiert, auf etwa 1,8 bis 2,0 Milliarden Reichsmark geschätzt.
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Heimatrecht und Staatsbürgerschaft österreichischer Juden Vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in die Gegenwart
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Heimatrecht und Staatsbürgerschaft österreichischer Juden
Untertitel
Vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in die Gegenwart
Autor
Hannelore Burger
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79495-0
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
292
Schlagwörter
Heimatrecht, Staatsbürgerschaft, Juden, Österreichische Juden, Judenemanzipation, Toleranz, Josephinische Reformen, Österreichische Monarchie, Ausgleich, Österreich-Ungarn, Erste Republik, Nationalsozialistische Judenverfolgung, Ausbürgerung
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Einführung 9
  2. Von der Epoche des josephinischen Reformabsolutismus bis zum Ende des Neoabsolutismus 15
  3. Die Frage der jüdischen Bürgerrechte in der Aufklärung 15
  4. Exkurs : Juden in den österreichischen Ländern vom Hochmittelalter bis in das Zeitalter der Emanzipation 19
  5. Die josephinische Zäsur 26
  6. Das böhmisch-mährische System der Familienstellen 29
  7. Das Toleranzpatent für die Juden Galiziens 34
  8. Anhaltende »Verschiedenheit des politischen Zustandes« 38
  9. Die Vertretung der Tolerierten 39
  10. Das Judenamt 40
  11. Die Hofkanzlei als Hüterin der Toleranz 45
  12. Taufen und Nobilitierungen 47
  13. Die Kodifizierung des Staatsbürgerschaftsrechts 51
  14. Die staatsbürgerliche Stellung der Juden im Vormärz
  15. und das Auftauchen der »Judenfrage« 53
  16. Die bürgerliche Revolution von 1848 und die veränderte staatsbürgerliche Stellung der Juden 59
  17. Juden als österreichische Reichsbürger 62
  18. Inklusion und Exklusion von Juden in der Zeit des Neoabsolutismus 64
  19. Das Heimatrecht der österreichischen Juden 70
  20. Die Sonderstellung der »türkischen« Juden 74
  21. Die Entwicklung von Heimatrecht und Staatsbürgerschaft in der Epoche des Ausgleichs 77
  22. Der Anteil der Juden an den Einbürgerungen 77
  23. Die Vermehrung der jüdischen Bevölkerung in Cisleithanien 80
  24. Die rechtliche Gleichstellung der Juden durch das Staatsgrundgesetz über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger im Dezember 1867 82
  25. Rückkehr in die »verbotene Stadt« 83
  26. Paradoxe Fremde 85
  27. Die dualistische Verschärfung 86
  28. Motive für den Erwerb von Heimatrecht und Staatsbürgerschaft 88
  29. Heimatrecht und Staatsbürgerschaft jüdischer Frauen 90
  30. Heimatrecht und soziale Frage 91
  31. Der Fall Dr. Hugo Stark 92
  32. Der Fall Julia Singer 93
  33. Der Fall Lea Weitzmann 95
  34. »Schutzgenossen« und »Untertanen de facto« 96
  35. Zur Ambivalenz von Heimatrecht und Staatsbürgerschaft 97
  36. Die Nationalitätenkonflikte der Verfassungszeit und die (sprach-)nationale Identität der Juden 100
  37. Kafkas Sprachen 100
  38. Die Bedeutung von Bildung im Judentum 103
  39. Sprache, Nationalität und Recht im Unterrichtswesen 105
  40. Jüdische Kinder in den Mühlen des Nationalitätenkampfes 109
  41. Der Anteil jüdischer Schüler am höheren Bildungswesen 112
  42. Sprachen, Nationalitäten, Identitäten 114
  43. Das mehrsprachige Unterrichtswesen in der Bukowina 115
  44. Der Verdacht gegen die Mehrsprachigkeit 116
  45. Die Ethnisierung der Nationalitätenkonflikte 117
  46. Die Wiederkehr der »Judenfrage« in der Epoche des Ausgleichs 119
  47. Juden im Ersten Weltkrieg 130
  48. Theorie und Praxis von Heimatrecht und Staatsbürgerschaft in der Ersten Republik 132
  49. Die Aus- und Einbürgerungen des autoritären Ständestaates 141
  50. Verfolgung, Vertreibung, Ausbürgerung, Vernichtung während der NS-Herrschaft 146
  51. Die Implementierung der Nürnberger Gesetze in Österreich 146
  52. Signaturen der Vertreibung 152
  53. Die Ausbürgerung und der Befehl zur »Endlösung« 155
  54. Die Wiederherstellung der Staatsbürgerschaft in der Zweiten Republik 166
  55. Der Fall Raviv 172
  56. Staatenlosigkeit als Massenschicksal 187
  57. Der Fall Elias Canetti 188
  58. Der Fall Manès Sperber 200
  59. Semantische Nachbemerkungen 213
  60. Verzeichnis der Archive 222
  61. Literaturverzeichnis 223
  62. Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen 244
  63. Zeittafel 245
  64. Register 264
  65. Personen 264
  66. Orte 269
  67. Sachen 271
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