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Heimatrecht und Staatsbürgerschaft österreichischer Juden - Vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in die Gegenwart
Seite - 169 -
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Seite - 169 - in Heimatrecht und Staatsbürgerschaft österreichischer Juden - Vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in die Gegenwart

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Die Wiederherstellung der Staatsbürgerschaft in der Zweiten Republik 169 nisterrat wurden beschämende Debatten um die Ernährung und die Arbeitsfähig- keit der DPs geführt.617 Waren die sogenannten »volksdeutschen« DPs zwar anfangs auch nicht willkommen, wurden jedoch später zügig und bevorrechtigt eingebür- gert618, so hatten die wenigen jüdische DPs, die in Österreich bleiben wollten, kaum eine Chance auf Einbürgerung.619 Mit der Wiederverlautbarung des Staatsbürgerschafts- und des Staatsbürgerschafts- überleitungsgesetzes (samt zahlreichen Novellierungen) im Jahr 1949 war für die ös- terreichische Regierung die Restitution der Staatsbürgerschaft abgeschlossen. Wäh- rend der folgenden sechzehn Jahre sollte es für ehemalige österreichische Staatsbür- ger keinerlei Möglichkeiten eines erleichterten Erwerbs der Staatsbürgerschaft mehr geben. In der Praxis allerdings wurden die zwischen 1945 und 1949 bestehenden Sondererwerbsmöglichkeiten für die Mehrheit der jüdischen Vertriebenen gar nicht relevant, da österreichische Auslandsvertretungen, bei denen sich Emigranten hätten informieren können, zu diesem Zeitpunkt in vielen Ländern noch gar nicht errichtet waren und eine Rückkehr vielfach schon aufgrund der bestehenden verkehrstechni- schen oder politischen Reisebeschränkungen nur eingeschränkt möglich war. Eines der Hauptprobleme der Praxis der österreichischen Staatsbürgerschafts- gesetzgebung aber bestand darin, dass der endgültige Verlust der österreichischen Staatsbürgerschaft nicht nach nationalsozialistischem, sondern nach genuin öster- reichischem Recht erfolgte. Während man nämlich auf Seiten der österreichischen Regierung mit der gewählten Form der Staatsbürgerschaftsüberleitung : Nichtigkeits- erklärung aller während der NS-Zeit getätigten Ausbürgerungen plus der Rechts- fiktion eines Weiterbestehens früherer österreichischer Rechtsnormen in gewisser Weise versucht hatte, das Geschehene gleichsam ungeschehen zu machen, waren die vertriebenen österreichischen Juden mit den gar nicht fiktiven Folgen ihrer Ausbür- gerung zu jedem Zeitpunkt konfrontiert. Wollten sie nicht staatenlos bleiben, sahen sie sich vielfach gezwungen, die Staatsbürgerschaft ihres Aufnahmestaates anzuneh- 617 Insbesondere in den Ministerratssitzungen vom 20. Mai, 29. Juli, 26. September 1947 und 16. März 1948, abgedruckt in : Robert Knight (Hg.) : »Ich bin dafür, die Sache in die Länge zu ziehen«. Die Wortprotokolle der österreichischen Bundesregierung von 1945 bis 1952 über die Entschädi- gung der Juden (Wien/Köln/Weimar 2000), S.  128–145. 618 Im April 1954 passierte ein Gesetzesentwurf den Nationalrat, der die Vereinfachung des Staatsbür- gerschaftserwerbs für Volksdeutsche zum Inhalt hatte. Bis dahin hatten, laut Innenminister Oskar Helmer, rund 114 000 Volksdeutsche (mit Familienangehörigen 228 000 Personen) die österrei- chische Staatsbürgerschaft erhalten. Burger/Wendelin, Staatsbürgerschaft und Vertreibung, S.  357. Siehe dazu auch : Tara Zahra : »Prisoners of the Postwar« : Expellees, Displaced Perrsons, and the Jews in Austria after World War II, in : Austrian History Yearbook XLI (2010), S.  191–215. 619 Nach einem Bericht der US-Botschaft in Wien an das State Department vom 2. April 1953 waren Ende 1952 erst 23 jüdische Displaced Persons in Österreich eingebürgert worden. Siehe : Albrich, Zwischenstation, S.  134.
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Heimatrecht und Staatsbürgerschaft österreichischer Juden Vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in die Gegenwart
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Heimatrecht und Staatsbürgerschaft österreichischer Juden
Untertitel
Vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in die Gegenwart
Autor
Hannelore Burger
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79495-0
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
292
Schlagwörter
Heimatrecht, Staatsbürgerschaft, Juden, Österreichische Juden, Judenemanzipation, Toleranz, Josephinische Reformen, Österreichische Monarchie, Ausgleich, Österreich-Ungarn, Erste Republik, Nationalsozialistische Judenverfolgung, Ausbürgerung
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Einführung 9
  2. Von der Epoche des josephinischen Reformabsolutismus bis zum Ende des Neoabsolutismus 15
  3. Die Frage der jüdischen Bürgerrechte in der Aufklärung 15
  4. Exkurs : Juden in den österreichischen Ländern vom Hochmittelalter bis in das Zeitalter der Emanzipation 19
  5. Die josephinische Zäsur 26
  6. Das böhmisch-mährische System der Familienstellen 29
  7. Das Toleranzpatent für die Juden Galiziens 34
  8. Anhaltende »Verschiedenheit des politischen Zustandes« 38
  9. Die Vertretung der Tolerierten 39
  10. Das Judenamt 40
  11. Die Hofkanzlei als Hüterin der Toleranz 45
  12. Taufen und Nobilitierungen 47
  13. Die Kodifizierung des Staatsbürgerschaftsrechts 51
  14. Die staatsbürgerliche Stellung der Juden im Vormärz
  15. und das Auftauchen der »Judenfrage« 53
  16. Die bürgerliche Revolution von 1848 und die veränderte staatsbürgerliche Stellung der Juden 59
  17. Juden als österreichische Reichsbürger 62
  18. Inklusion und Exklusion von Juden in der Zeit des Neoabsolutismus 64
  19. Das Heimatrecht der österreichischen Juden 70
  20. Die Sonderstellung der »türkischen« Juden 74
  21. Die Entwicklung von Heimatrecht und Staatsbürgerschaft in der Epoche des Ausgleichs 77
  22. Der Anteil der Juden an den Einbürgerungen 77
  23. Die Vermehrung der jüdischen Bevölkerung in Cisleithanien 80
  24. Die rechtliche Gleichstellung der Juden durch das Staatsgrundgesetz über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger im Dezember 1867 82
  25. Rückkehr in die »verbotene Stadt« 83
  26. Paradoxe Fremde 85
  27. Die dualistische Verschärfung 86
  28. Motive für den Erwerb von Heimatrecht und Staatsbürgerschaft 88
  29. Heimatrecht und Staatsbürgerschaft jüdischer Frauen 90
  30. Heimatrecht und soziale Frage 91
  31. Der Fall Dr. Hugo Stark 92
  32. Der Fall Julia Singer 93
  33. Der Fall Lea Weitzmann 95
  34. »Schutzgenossen« und »Untertanen de facto« 96
  35. Zur Ambivalenz von Heimatrecht und Staatsbürgerschaft 97
  36. Die Nationalitätenkonflikte der Verfassungszeit und die (sprach-)nationale Identität der Juden 100
  37. Kafkas Sprachen 100
  38. Die Bedeutung von Bildung im Judentum 103
  39. Sprache, Nationalität und Recht im Unterrichtswesen 105
  40. Jüdische Kinder in den Mühlen des Nationalitätenkampfes 109
  41. Der Anteil jüdischer Schüler am höheren Bildungswesen 112
  42. Sprachen, Nationalitäten, Identitäten 114
  43. Das mehrsprachige Unterrichtswesen in der Bukowina 115
  44. Der Verdacht gegen die Mehrsprachigkeit 116
  45. Die Ethnisierung der Nationalitätenkonflikte 117
  46. Die Wiederkehr der »Judenfrage« in der Epoche des Ausgleichs 119
  47. Juden im Ersten Weltkrieg 130
  48. Theorie und Praxis von Heimatrecht und Staatsbürgerschaft in der Ersten Republik 132
  49. Die Aus- und Einbürgerungen des autoritären Ständestaates 141
  50. Verfolgung, Vertreibung, Ausbürgerung, Vernichtung während der NS-Herrschaft 146
  51. Die Implementierung der Nürnberger Gesetze in Österreich 146
  52. Signaturen der Vertreibung 152
  53. Die Ausbürgerung und der Befehl zur »Endlösung« 155
  54. Die Wiederherstellung der Staatsbürgerschaft in der Zweiten Republik 166
  55. Der Fall Raviv 172
  56. Staatenlosigkeit als Massenschicksal 187
  57. Der Fall Elias Canetti 188
  58. Der Fall Manès Sperber 200
  59. Semantische Nachbemerkungen 213
  60. Verzeichnis der Archive 222
  61. Literaturverzeichnis 223
  62. Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen 244
  63. Zeittafel 245
  64. Register 264
  65. Personen 264
  66. Orte 269
  67. Sachen 271
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