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24 | Ferdinand Opll
einiger Wahrscheinlichkeit war er dann19 Mitglied einer am 4. August 1563 vom Kaiser
entsandten Kommission zur Evaluierung der kroatischen und slawonischen Grenzfes-
tungen, einer Kommission, der der Landeshauptmann von Krain, Jakob von Lamberg,
sowie auch der spätere Oberstbaukommissar (1569–1572) Franz von Poppendorf ange-
hörten. Die Visitation erfolgte im September und Oktober 1563. Da dabei in Summe
nicht weniger als 60 kleinere und größere Grenzburgen vermessen und abgerissen (ge-
zeichnet) wurden, müssen Burgbaumeister und Spezialisten für die Anfertigung sol-
cher Darstellungen an dieser Besichtigungsreise teilgenommen haben. Nicht zuletzt
der Übertritt Natales in kaiserliche Dienste
– er stand ab Anfang 1564 in Diensten Fer-
dinands I. und erhielt einen monatlichen Sold von 10 Gulden20
– könnte darauf deuten,
dass er sich – wenn nicht schon zuvor – jedenfalls spätestens bei der Visitationsreise
vom Herbst 1563 bewährt hatte. Ergebnis dieses Lokalaugenscheins könnte wohl eine
erste Fassung der Karte von Kroatien und Slawonien gewesen sein, die in drei Versio-
nen – (1) innerhalb des Wiener Cod. 8609 Han, (2) als aus dem Kontext des zweiten
Wiener Atlasses (Cod. 8609 Han) stammendes Einzelblatt in der Kartensammlung
der Österreichischen Nationalbibliothek und (3) im Karlsruher Atlas – enthalten ist.21
In den letzten beiden Lebensjahren Ferdinands I. hatte es infolge eines 1562 auf-
grund des damaligen Besitzstandes und unter Zusage eines jährlichen Ehrengeschen-
kes an die Hohe Pforte geschlossenen achtjährigen Friedens eine Atempause für die
kaiserlich-habsburgische Seite gegeben, die man zur Verbesserung und zum Ausbau
der vorhandenen Grenzbefestigungen nutzen wollte. Der Tod des Herrschers am
25. Juli 1564 ließ die Dinge wieder in Bewegung geraten,22 wobei nun das östliche
Ungarn verstärkt zum Kriegsschauplatz werden sollte. Der Sohn des bereits 1540
verstorbenen Gegenkönigs Johann Zápolya (ungar. Szapolyai), Johann Sigismund von
Siebenbürgen, überfiel schon bald nach dem Tod des Kaisers, im September 1564,
die Festungen von Satu Mare und Nagybánya und eroberte sie. Als die Kaiserlichen
unter Feldoberst Lazarus von Schwendi zu Anfang des folgenden Jahres erfolgreich
gegen die Gegner vorgingen und im Februar 1565 nicht nur die beiden verloren ge-
gangenen Festungen zurückeroberten, sondern sogar Tokaj und Szerencs einnehmen
ite.« – Pálffy, Anfänge, 16 mit Anm. 16, führt dazu aus, dass Natale damals am Hof des die inneröster-
reichischen Länder regierenden Erzherzogs Karl weilte. Dazu ist allerdings anzumerken, dass es einen
eigenen Hof in Graz erst ab 1564 gab, als nämlich Karl II. (1540–1590) nach dem Tod seines Vaters (bei
Pálffy, ebd., irrtümlich »Bruders«) Ferdinand die Regentschaft über Innerösterreich antrat.
19 Vgl. zu dieser und den folgenden Angaben Pálffy, Anfänge, 16–22.
20 Pálffy, Anfänge, 17 mit Anm. 27, zitiert die kaiserliche Anweisung an den Kriegszahlmeister in Ungarn
vom 29. Dezember 1563, Natale ab 1. Jänner 1564 10 g. monatlicher besöldung zuraichen.
21 Siehe dazu unten Anhang 9.1, S. 326 Nr. 1.2, S. 327 Nr. 2.1 und S. 337 Nr. 4.5.
22 Zur Situation im Allgemeinen vgl. sowohl Kohler, Ferdinand I., als auch Bibl, Maximilian II.
Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Titel
- Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
- Untertitel
- Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Autoren
- Ferdinand Opll
- Heike Krause
- Christoph Sonnlechner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20210-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 586
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Inhalt
- Einleitung 9
- Die Angielinis, ihr Werk und Wirken 10
- Wien als Festungsstadt 13
- Terminologie und Onomastik 14
- Internet 16
- Abbildungen 17
- Dank 17
- 1 Die Familie Angielini und ihr kartografisches Schaffen 21
- 1.1 Biografisches 21
- 1.2 Das beruflich-persönliche Umfeld der Angielinis 38
- 1.3 Das kartografische Werk der Familie Angielini 44
- 1.4 Die Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten in Wien, Dresden und Karlsruhe 51
- 1.5 Exkurs : Die in den fünf »Angielini«-Atlanten vorkommenden Wasserzeichen 52
- 1.6 Analyse und Autopsie der fünf »Angielini«-Atlanten 59
- 2 Der in den »Angielini«-Atlanten erfasste Raum 87
- 3 Der ungarische Raum und die Stadt Wien in frühen kartografischen Zeugnissen 101
- 4 Der frühneuzeitliche Festungsbau in Theorie und Praxis 127
- 5 Wien wird Festungsstadt – Der Ausbau nach der Belagerung von 1529 bis in die Mitte der 1560er Jahre 147
- 5.1 Die fortifikatorischen Folgen der Ersten Türkenbelagerung von Wien im Jahr 1529 147
- 5.2 Der Festungsbau aus umwelthistorischer Perspektive 197
- 6 Autopsie und Kontextualisierung der drei »Angielini«-Pläne von Wien 221
- 6.1 Das weitere Umfeld – eine Annäherung an die Stadt 221
- 6.2 Die unmittelbare Umgebung der Stadt 228
- 6.3 Die Befestigung 250
- 6.3.1 Bastei bei dem Burgtor 252
- 6.3.2 Bastei zwischen Burg- und Schottentor 255
- 6.3.3 Bastei beim Schottentor 258
- 6.3.4 Elendbastei 261
- 6.3.5 Arsenal und Reste der mittelalterlichen Stadtmauer 263
- 6.3.6 Neutorbastei 267
- 6.3.7 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Werdertor und Piattaforma samt neuer Kurtine 268
- 6.3.8 Piattaforma 268
- 6.3.9 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Piattaforma und Biberbastei 270
- 6.3.10 Biberbastei 272
- 6.3.11 Bastei bei den Predigern 274
- 6.3.12 Stubentor und angrenzende Kurtinen 277
- 6.3.13 Untere Paradeisbastei 278
- 6.3.14 Unteres Zeughaus auf der Seilerstätte 281
- 6.3.15 Obere Paradeisbastei 282
- 6.3.16 Bastei beim Kärntner Tor 286
- 6.3.17 Mittelalterliche Stadtmauer und sogenannter Augustinerturm 290
- 6.3.18 Stadtgraben 292
- 6.3.19 Resümee 293
- 6.4 Das Stadtinnere 294
- 7 Zusammenfassung und Summary 305
- 8 Tafeln 313
- 9 Anhang 325
- 9.1 Die mit dem kartografischen Schaffen der Familie Angielini in Verbindung stehenden kartografischen Darstellungen 325
- 9.2 Anzahl der in den »Angielini«-Atlanten enthaltenen Stadtpläne, Festungsgrundrisse und -schrägansichten 457
- 9.3 Reihenfolge der in den Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten enthaltenen kartografischen Darstellungen 459
- 9.4 Konkordanz der in den Stadtplänen, Festungsgrundrissen und -schrägansichten der »Angielini«-Atlanten verwendeten Ortsnamen 462
- 9.5 Italienische Festungsbaumeister des 16. Jahrhunderts (bis ca. 1580) und ihre Einsatzgebiete im habsburgisch-osmanischen Grenzbereich 466
- 9.6 Festungsbautraktate des 15. und 16. Jahrhunderts und ihre Autoren 479
- 9.7 Chronologisches Verzeichnis der im Buch häufig verwendeten Wien-Pläne und Wien-Ansichten (15.‒18. Jahrhundert) 483
- 10 Glossar 494
- 11 Verzeichnisse 499