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Auftrag dieses Habsburgers nach Friaul.27 Offenbar waren seine Fähigkeiten und Bega-
bungen zuerst dem jüngeren Sohn Kaiser Ferdinands I., Erzherzog Karl, und spätestens
1563 auch am kaiserlichen Hof aufgefallen. Dass er sowohl für den Erzherzog als auch
für den Monarchen
– zuerst Ferdinand I., dann Maximilian II.
– tätig war, dürfte nicht
zuletzt daraus resultiert haben, dass er angesichts nur selten regelmäßig eingehender
Besoldung28 gezwungen war, sein Auskommen durch vielfältige Aktivitäten zu sichern.
Auch für die folgenden Jahre lässt sich das Leben Natales vor allem im Zusammen-
hang mit seiner Arbeit nachzeichnen. Dabei hat der aktenmäßige Niederschlag in den
Aufzeichnungen der Administration des Hofkriegsrates öfter den Nachteil, dass sich
eben nicht mit absoluter Sicherheit nachweisen lässt, auf welches Werk des Mailän-
ders sich so manche Vermerke über erfolgte Zahlungen an ihn beziehen.29 Seit 1566
wissen wir von ausgestellten Pässen für Reisen Natales, und immer wieder erfahren wir
von Bitten betreffs der Auszahlung ausstehender Reisegelder. Natale nahm ohne jeden
Zweifel an Kommissionen im Königreich Ungarn teil, deren Aufgabe es war, die Ver-
teidigung des Landes möglichst effizient zu gestalten. Wiewohl er dabei nicht zur aller-
ersten Garde und zu den berühmtesten Baumeistern seiner Zeit gehörte, zum harten
Kern der Spezialisten der Epoche zählte er allemal. Dabei sollte sich der Schwerpunkt
seiner Tätigkeit in den späten 1560er Jahren abermals nach dem Süden zu verlagern,30
diesmal in das Umfeld des erst 1568 in kaiserliche Verwaltung gekommenen, bald zu
einer bastionären Festung um- und ausgebauten Nagykanizsa/Kanischa. Bedeutendstes
Zeugnis ist ohne jeden Zweifel die von Géza Pálffy erstmals der Forschung zugänglich
gemachte, von Natale signierte, als Einzelstück in der Kartensammlung der Öster-
reichischen Nationalbibliothek überlieferte Karte des Gebietes rings um Nagykanizsa
(Abb. 2). Sie ist infolge des bereits fünfeckigen und damit bastionären Grundrisses der
Festung wie der Eintragung der im August 1575 von den Osmanen zerstörten Burg
27 Zweimal, am 7. Jänner und am 26. Mai, wurde der Hofkammermeister 1565 von Erzherzog Karl an-
gewiesen, dem Natale Angielini Geld auszuzahlen, das erste Mal 40, das zweite Mal 50 Gulden, siehe
dazu oben S. 22 Anm. 6. – Die beiden Anweisungen an den Hofkammermeister erfolgten in Wien, wo-
raus jedoch nicht automatisch darauf geschlossen werden darf, dass Natale damals auch in Wien weilte.
Wenige Tage vor der ersten Anweisung, am 3. Dezember 1565, erhielt er jedenfalls in Graz für eine im
Auftrag Erzherzog Karls durchgeführte Reise nach Friaul 32 Gulden Reisegeld angewiesen, vgl. dazu
Pálffy, Anfänge, 18 mit Anm. 34.
28 Bereits im ersten Jahr seiner Dienste beim Hofkriegsrat, 1564, war ihm der Sold erst verspätet ausbezahlt
worden, siehe dazu Pálffy, Anfänge, 17 mit Anm. 29.
29 Pálffy, Anfänge, 30 Nr. 1 : Natale erhält wegen aines mappen, so er gemacht im April 1569 20 Gulden.
30 Verbindungen gab es eindeutig auch nach Ljubljana, da Natale im Sommer 1567 in die Erbschaftsange-
legenheiten nach Antonio Casali, Waagmeister zu Ljubljana, verwickelt war. Ein Jahr später, im Jänner
1568, wird erwähnt, dass Natale der Schwager des seit etwa 1540 in Ljubljana, an der kroatischen Grenze
und in Krain tätig gewesenen Baumeisters Antonio de Fadaldi, war, vgl. Pálffy, Anfänge, 21 f.
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Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Titel
- Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
- Untertitel
- Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Autoren
- Ferdinand Opll
- Heike Krause
- Christoph Sonnlechner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20210-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 586
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Inhalt
- Einleitung 9
- Die Angielinis, ihr Werk und Wirken 10
- Wien als Festungsstadt 13
- Terminologie und Onomastik 14
- Internet 16
- Abbildungen 17
- Dank 17
- 1 Die Familie Angielini und ihr kartografisches Schaffen 21
- 1.1 Biografisches 21
- 1.2 Das beruflich-persönliche Umfeld der Angielinis 38
- 1.3 Das kartografische Werk der Familie Angielini 44
- 1.4 Die Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten in Wien, Dresden und Karlsruhe 51
- 1.5 Exkurs : Die in den fünf »Angielini«-Atlanten vorkommenden Wasserzeichen 52
- 1.6 Analyse und Autopsie der fünf »Angielini«-Atlanten 59
- 2 Der in den »Angielini«-Atlanten erfasste Raum 87
- 3 Der ungarische Raum und die Stadt Wien in frühen kartografischen Zeugnissen 101
- 4 Der frühneuzeitliche Festungsbau in Theorie und Praxis 127
- 5 Wien wird Festungsstadt – Der Ausbau nach der Belagerung von 1529 bis in die Mitte der 1560er Jahre 147
- 5.1 Die fortifikatorischen Folgen der Ersten Türkenbelagerung von Wien im Jahr 1529 147
- 5.2 Der Festungsbau aus umwelthistorischer Perspektive 197
- 6 Autopsie und Kontextualisierung der drei »Angielini«-Pläne von Wien 221
- 6.1 Das weitere Umfeld – eine Annäherung an die Stadt 221
- 6.2 Die unmittelbare Umgebung der Stadt 228
- 6.3 Die Befestigung 250
- 6.3.1 Bastei bei dem Burgtor 252
- 6.3.2 Bastei zwischen Burg- und Schottentor 255
- 6.3.3 Bastei beim Schottentor 258
- 6.3.4 Elendbastei 261
- 6.3.5 Arsenal und Reste der mittelalterlichen Stadtmauer 263
- 6.3.6 Neutorbastei 267
- 6.3.7 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Werdertor und Piattaforma samt neuer Kurtine 268
- 6.3.8 Piattaforma 268
- 6.3.9 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Piattaforma und Biberbastei 270
- 6.3.10 Biberbastei 272
- 6.3.11 Bastei bei den Predigern 274
- 6.3.12 Stubentor und angrenzende Kurtinen 277
- 6.3.13 Untere Paradeisbastei 278
- 6.3.14 Unteres Zeughaus auf der Seilerstätte 281
- 6.3.15 Obere Paradeisbastei 282
- 6.3.16 Bastei beim Kärntner Tor 286
- 6.3.17 Mittelalterliche Stadtmauer und sogenannter Augustinerturm 290
- 6.3.18 Stadtgraben 292
- 6.3.19 Resümee 293
- 6.4 Das Stadtinnere 294
- 7 Zusammenfassung und Summary 305
- 8 Tafeln 313
- 9 Anhang 325
- 9.1 Die mit dem kartografischen Schaffen der Familie Angielini in Verbindung stehenden kartografischen Darstellungen 325
- 9.2 Anzahl der in den »Angielini«-Atlanten enthaltenen Stadtpläne, Festungsgrundrisse und -schrägansichten 457
- 9.3 Reihenfolge der in den Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten enthaltenen kartografischen Darstellungen 459
- 9.4 Konkordanz der in den Stadtplänen, Festungsgrundrissen und -schrägansichten der »Angielini«-Atlanten verwendeten Ortsnamen 462
- 9.5 Italienische Festungsbaumeister des 16. Jahrhunderts (bis ca. 1580) und ihre Einsatzgebiete im habsburgisch-osmanischen Grenzbereich 466
- 9.6 Festungsbautraktate des 15. und 16. Jahrhunderts und ihre Autoren 479
- 9.7 Chronologisches Verzeichnis der im Buch häufig verwendeten Wien-Pläne und Wien-Ansichten (15.‒18. Jahrhundert) 483
- 10 Glossar 494
- 11 Verzeichnisse 499