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nennt dort dezidiert als seine Vorlage eine von dem Italiener49 Nicolas Aginelli stam-
mende Ansicht Raabs von 1566, die er aus einem größeren Exemplar auf eine kleinere
Tafel übertragen habe. Auf diesem Werk wird südlich außerhalb der befestigten Stadt
der Hinweis auf das Feldlager geboten, das Kaiser Maximilian II. in diesem Jahr hier
aufgeschlagen und bezogen hat.50 Daraus ergibt sich mit großer Gewissheit, dass Nicolò
am Feldzug gegen Süleiman II. teilgenommen hat, bei dem der habsburgische Kaiser
persönlich zugegen war und von August bis Oktober 1566 im Feldlager zu Raab weilte.51
Aus demselben Jahr stammt eine anonyme, aber eben datierte Landkarte des Bereichs
der habsburgisch-osmanischen Auseinandersetzungen, die eine Widmungsinschrift an
Kaiser Maximilian II. trägt und in der ungewöhnlichen Form einer Hinterglasmale rei
im Kunsthistorischen Museum Wien überliefert ist.52 Sie weist mannigfaltige Paral-
lelen zu der im Dresdner Atlas Nr. 11 überlieferten Karte auf, die den Titel »Be-
schreibung der hervorragendsten Plätze Ungarns durch Nicolò Angiel(ini) aus Italien«
trägt.53 Diese Parallelen betreffen etwa die dezidierte Hervorhebung von christlich be-
herrschten Territorien sowohl mit Namen und Wappen, die Kolorierung der christlich
sowie muslimisch beherrschten Gebiete in Grün und Rot, und auch die für die Orts-
namen verwendete Schrift weist manche Ähnlichkeiten auf. Umgekehrt ist freilich mit
Nachdruck darauf zu verweisen, dass auf der auf Glas überlieferten Karte gegenüber
der Dresdner Überlieferung zusätzliche Orte mit Namen eingetragen sind. Auch sind
die auf der Hinterglasmalerei verwendeten Namensformen für den ungarischen Raum
praktisch durchgehend italienisch gehalten, während auf der in Dresden überlieferten
Karte auch etliche deutsche Ortsnamen begegnen. Des Weiteren unterscheidet sich
die Einzeichnung der Festung von Satu Mare auf der Flussinsel des Someș auf den
beiden kartografischen Dokumenten deutlich voneinander.54 Und schließlich gibt es
im Hinblick auf die Ausdehnung der osmanisch bzw. habsburgisch dominierten Ge-
biete markante Unterschiede, was zeigt, dass die Karte im Dresdner Atlas nach 1566
eingetretene Veränderungen berücksichtigt. Die Darstellung eines einköpfigen Ad-
49 Hier findet sich leider kein Hinweis auf eine Herkunft aus Mailand ; als »Italiener« bezeichnete sich
Nicolò aber auch auf seiner Übersichtskarte von Ungarn im Dresdner Atlas Nr. 11, siehe unten Anhang
9.1, S. 338 Nr. 5.1.
50 Hoc in loco castra metatus est Anno 1566 Invictiss[imus] Rom[anorum] Imp[erator] Maximilianus II. – Zum
Städtebuch von Braun/Hogenberg vgl. jetzt Füssel (Hg.), Städte der Welt, die Ansicht von Győr, ebd.,
407–409.
51 Vgl. dazu Bibl, Maximilian II., 142–155.
52 Dazu unten Anhang 9.1, S. 340 Nr. 6.1.
53 Unten Anhang 9.1, S. 338 Nr. 5.1.
54 Beispiele für die Unterschiede bei Ortsnamen bieten etwa die Verwendung von IAVARINVM bzw.
RAAB für Győr, oder von SEGNA bzw. ZENG für Senj ; zu den Differenzen betreffs der Darstellung der
Festung Satu Mare siehe unten Anhang 9.1, S. 416 zu Nr. 35.
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Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Titel
- Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
- Untertitel
- Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Autoren
- Ferdinand Opll
- Heike Krause
- Christoph Sonnlechner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20210-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 586
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Inhalt
- Einleitung 9
- Die Angielinis, ihr Werk und Wirken 10
- Wien als Festungsstadt 13
- Terminologie und Onomastik 14
- Internet 16
- Abbildungen 17
- Dank 17
- 1 Die Familie Angielini und ihr kartografisches Schaffen 21
- 1.1 Biografisches 21
- 1.2 Das beruflich-persönliche Umfeld der Angielinis 38
- 1.3 Das kartografische Werk der Familie Angielini 44
- 1.4 Die Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten in Wien, Dresden und Karlsruhe 51
- 1.5 Exkurs : Die in den fünf »Angielini«-Atlanten vorkommenden Wasserzeichen 52
- 1.6 Analyse und Autopsie der fünf »Angielini«-Atlanten 59
- 2 Der in den »Angielini«-Atlanten erfasste Raum 87
- 3 Der ungarische Raum und die Stadt Wien in frühen kartografischen Zeugnissen 101
- 4 Der frühneuzeitliche Festungsbau in Theorie und Praxis 127
- 5 Wien wird Festungsstadt – Der Ausbau nach der Belagerung von 1529 bis in die Mitte der 1560er Jahre 147
- 5.1 Die fortifikatorischen Folgen der Ersten Türkenbelagerung von Wien im Jahr 1529 147
- 5.2 Der Festungsbau aus umwelthistorischer Perspektive 197
- 6 Autopsie und Kontextualisierung der drei »Angielini«-Pläne von Wien 221
- 6.1 Das weitere Umfeld – eine Annäherung an die Stadt 221
- 6.2 Die unmittelbare Umgebung der Stadt 228
- 6.3 Die Befestigung 250
- 6.3.1 Bastei bei dem Burgtor 252
- 6.3.2 Bastei zwischen Burg- und Schottentor 255
- 6.3.3 Bastei beim Schottentor 258
- 6.3.4 Elendbastei 261
- 6.3.5 Arsenal und Reste der mittelalterlichen Stadtmauer 263
- 6.3.6 Neutorbastei 267
- 6.3.7 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Werdertor und Piattaforma samt neuer Kurtine 268
- 6.3.8 Piattaforma 268
- 6.3.9 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Piattaforma und Biberbastei 270
- 6.3.10 Biberbastei 272
- 6.3.11 Bastei bei den Predigern 274
- 6.3.12 Stubentor und angrenzende Kurtinen 277
- 6.3.13 Untere Paradeisbastei 278
- 6.3.14 Unteres Zeughaus auf der Seilerstätte 281
- 6.3.15 Obere Paradeisbastei 282
- 6.3.16 Bastei beim Kärntner Tor 286
- 6.3.17 Mittelalterliche Stadtmauer und sogenannter Augustinerturm 290
- 6.3.18 Stadtgraben 292
- 6.3.19 Resümee 293
- 6.4 Das Stadtinnere 294
- 7 Zusammenfassung und Summary 305
- 8 Tafeln 313
- 9 Anhang 325
- 9.1 Die mit dem kartografischen Schaffen der Familie Angielini in Verbindung stehenden kartografischen Darstellungen 325
- 9.2 Anzahl der in den »Angielini«-Atlanten enthaltenen Stadtpläne, Festungsgrundrisse und -schrägansichten 457
- 9.3 Reihenfolge der in den Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten enthaltenen kartografischen Darstellungen 459
- 9.4 Konkordanz der in den Stadtplänen, Festungsgrundrissen und -schrägansichten der »Angielini«-Atlanten verwendeten Ortsnamen 462
- 9.5 Italienische Festungsbaumeister des 16. Jahrhunderts (bis ca. 1580) und ihre Einsatzgebiete im habsburgisch-osmanischen Grenzbereich 466
- 9.6 Festungsbautraktate des 15. und 16. Jahrhunderts und ihre Autoren 479
- 9.7 Chronologisches Verzeichnis der im Buch häufig verwendeten Wien-Pläne und Wien-Ansichten (15.‒18. Jahrhundert) 483
- 10 Glossar 494
- 11 Verzeichnisse 499