Seite - 34 - in Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert - Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
Bild der Seite - 34 -
Text der Seite - 34 -
34 | Ferdinand Opll
Kriegsschauplatz zum Bruder stieß. Tatsächlich ist er vor 1566 nicht nachzuweisen,
und in all den Quellen, die Natale Angielinis Aktivitäten vor diesem Jahr erwähnen,
ist von ihm keine Rede. In jedem Fall muss das Talent des Nicolò – nicht anders als
das seines Bruders – dem Herrscher bzw. dessen Militärs ziemlich bald aufgefallen
sein. Tatsächlich war er 1566 sowohl mit einer Ansicht von Győr, einer der wichtigsten
Festungen im Vorfeld von Wien, als auch einer prachtvoll ausgeführten Karte des ge-
samten umkämpften Raumes hervorgetreten, die ausdrücklich dem Kaiser gewidmet
war. Diese ist zwar nicht auf uns gekommen, hat sich aber in Form einer auch künst-
lerisch äußerst hochstehenden Hinterglasmalerei erhalten. Schon am 11. Juli 156758
wurde auch der jüngere Angielini in kaiserliche Dienste aufgenommen. Er erhielt im
Übrigen von Beginn an mit zwölf Gulden einen höheren Monatssold als drei Jahre
zuvor sein Bruder Natale, dem monatlich nur zehn Gulden zustanden.
In den Folgejahren nahm Nicolò nach den Unterlagen des Hofkriegsrats – nicht
anders als sein Bruder – an diversen Visitationen ungarischer Festungen teil. Die Aus-
zahlung seines Solds verlief ebenso schleppend und erfolgte nicht selten erst verspätet,
wie dies auch von anderen Beschäftigten des Hofkriegsrates bekannt ist. Und auch ihm
gegenüber wurde ein zu Anfang Mai 157059 eingebrachtes Gesuch um Erhöhung des
Solds auf den eines sogenannten ordentlichen Baumeisters
– d. h. wie bei Giulio Turco
oder Natale Angielini auf 20 Gulden monatlich
– seitens der notorisch finanzknappen
Hofkammer abschlägig beschieden. Selbst die mehrfach fassbare Unterstützung durch
den Oberstbaukommissar Franz von Poppendorf vermochte nichts zu bewirken. Als
dann ein erneuter Vorstoß in diese Richtung im Jahr darauf erneut ohne Erfolg blieb,
bat er um Erlaubnis zur Heimkehr nach Italien,60 von wo er erst zu Anfang 1577 wie-
der nach Wien zurückkehrte.61
Nach seinem abermaligen Dienstantritt am 11. Februar 157762 wurde ihm bereits
ab Ende dieses Monats der sechs Jahre zuvor noch verwehrte höhere Sold von 20 Gul-
58 Nach einem Hinweis bei Marosi, Partecipazione di architetti militari Veneziani, 214 IV Nr. 11 soll
Nicolò Angielini um 1567 in der Festung Szendrő tätig gewesen sein.
59 Genau damals wurde ihm für einen offensichtlich besonders prächtigen Grundriss von Veszprém ein
Betrag von 40 Gulden zuerkannt, siehe dazu unten S. 45 mit Anm. 114. Zu Anfang des Jahres weilte er
in der Festung Kisvárda, vgl. Marosi, Partecipazione di architetti militari Veneziani, 215 VI Nr. 11.
60 Anders als dies bei der im Auftrag Erzherzog Karls durchgeführten Reise Natale Angielinis nach Friaul
zu Ende 1565 und in den ersten Monaten 1566 der Fall war (Pálffy, Anfänge, 18), schied Nicolò 1571
aus den kaiserlichen Diensten regelrecht aus. – Im Übrigen kehrte auch Giuseppe Arcimboldo in den
langen Jahren seines Aufenthalts am Wiener Hof mehrfach, allerdings nur für kürzere Zeitspannen, in
seine Heimat, nach Mailand, zurück, vgl. dazu Leydi, Arcimboldi in Mailand, 46 f.
61 Zwischen 1571 und 1577 schweigen die Quellen zu Nicolò. Wäre er schon vor 1577 nach Wien zurück-
gekommen, hätte sich wohl ein Hinweis in den Beständen des Hofkriegsrats erhalten.
62 Zu den Belegen für Nicolòs Tätigkeit im Jahre 1577 vgl. Pálffy, Anfänge, 27 f.
Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Titel
- Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
- Untertitel
- Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Autoren
- Ferdinand Opll
- Heike Krause
- Christoph Sonnlechner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20210-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 586
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Inhalt
- Einleitung 9
- Die Angielinis, ihr Werk und Wirken 10
- Wien als Festungsstadt 13
- Terminologie und Onomastik 14
- Internet 16
- Abbildungen 17
- Dank 17
- 1 Die Familie Angielini und ihr kartografisches Schaffen 21
- 1.1 Biografisches 21
- 1.2 Das beruflich-persönliche Umfeld der Angielinis 38
- 1.3 Das kartografische Werk der Familie Angielini 44
- 1.4 Die Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten in Wien, Dresden und Karlsruhe 51
- 1.5 Exkurs : Die in den fünf »Angielini«-Atlanten vorkommenden Wasserzeichen 52
- 1.6 Analyse und Autopsie der fünf »Angielini«-Atlanten 59
- 2 Der in den »Angielini«-Atlanten erfasste Raum 87
- 3 Der ungarische Raum und die Stadt Wien in frühen kartografischen Zeugnissen 101
- 4 Der frühneuzeitliche Festungsbau in Theorie und Praxis 127
- 5 Wien wird Festungsstadt – Der Ausbau nach der Belagerung von 1529 bis in die Mitte der 1560er Jahre 147
- 5.1 Die fortifikatorischen Folgen der Ersten Türkenbelagerung von Wien im Jahr 1529 147
- 5.2 Der Festungsbau aus umwelthistorischer Perspektive 197
- 6 Autopsie und Kontextualisierung der drei »Angielini«-Pläne von Wien 221
- 6.1 Das weitere Umfeld – eine Annäherung an die Stadt 221
- 6.2 Die unmittelbare Umgebung der Stadt 228
- 6.3 Die Befestigung 250
- 6.3.1 Bastei bei dem Burgtor 252
- 6.3.2 Bastei zwischen Burg- und Schottentor 255
- 6.3.3 Bastei beim Schottentor 258
- 6.3.4 Elendbastei 261
- 6.3.5 Arsenal und Reste der mittelalterlichen Stadtmauer 263
- 6.3.6 Neutorbastei 267
- 6.3.7 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Werdertor und Piattaforma samt neuer Kurtine 268
- 6.3.8 Piattaforma 268
- 6.3.9 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Piattaforma und Biberbastei 270
- 6.3.10 Biberbastei 272
- 6.3.11 Bastei bei den Predigern 274
- 6.3.12 Stubentor und angrenzende Kurtinen 277
- 6.3.13 Untere Paradeisbastei 278
- 6.3.14 Unteres Zeughaus auf der Seilerstätte 281
- 6.3.15 Obere Paradeisbastei 282
- 6.3.16 Bastei beim Kärntner Tor 286
- 6.3.17 Mittelalterliche Stadtmauer und sogenannter Augustinerturm 290
- 6.3.18 Stadtgraben 292
- 6.3.19 Resümee 293
- 6.4 Das Stadtinnere 294
- 7 Zusammenfassung und Summary 305
- 8 Tafeln 313
- 9 Anhang 325
- 9.1 Die mit dem kartografischen Schaffen der Familie Angielini in Verbindung stehenden kartografischen Darstellungen 325
- 9.2 Anzahl der in den »Angielini«-Atlanten enthaltenen Stadtpläne, Festungsgrundrisse und -schrägansichten 457
- 9.3 Reihenfolge der in den Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten enthaltenen kartografischen Darstellungen 459
- 9.4 Konkordanz der in den Stadtplänen, Festungsgrundrissen und -schrägansichten der »Angielini«-Atlanten verwendeten Ortsnamen 462
- 9.5 Italienische Festungsbaumeister des 16. Jahrhunderts (bis ca. 1580) und ihre Einsatzgebiete im habsburgisch-osmanischen Grenzbereich 466
- 9.6 Festungsbautraktate des 15. und 16. Jahrhunderts und ihre Autoren 479
- 9.7 Chronologisches Verzeichnis der im Buch häufig verwendeten Wien-Pläne und Wien-Ansichten (15.‒18. Jahrhundert) 483
- 10 Glossar 494
- 11 Verzeichnisse 499