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40 | Ferdinand Opll
Risses der Stadt Veszprém und wohl auch eines dem Kaiser präsentierten Modells
des Schlosses von Veszprém genannt,88 worin sich seine breit gestreute Begabung als
Kartograf und Zeichner sowie Modellbauer spiegelt. Seinem Selbstverständnis ent-
sprach jedenfalls die Eigenbezeichnung als »Architekt«.89 Obwohl er schon bei seiner
Aufnahme in den kaiserlichen Dienst 1567 mit 12 Gulden einen um 20 Prozent hö-
heren Anfangssold pro Monat erhalten hatte als Natale drei Jahre zuvor, scheiterte sein
Bemühen um Beförderung zum ordentlichen Baumeister mit 20 Gulden pro Monat
1570 und abermals 1571. Mit Genehmigung des Herrschers begab er sich (daher ?)
noch in diesem Jahr in seine italienische Heimat zurück. Erst als er sechs Jahre später
–
Kaiser Maximilian II. war inzwischen verstorben – wieder in Wien in habsburgische
Dienste trat, erreichte er sein lange angestrebtes Ziel. Schon im Frühjahr 1577 gehörte
er als paumaister einer hochrangig besetzten Kommission von Bausachverständigen in
Nagykanisza/Kanischa an.
Komplizierter liegen die Dinge bei Natales Sohn Paolo, für den nur für die Jahre
1574 und 1575 überprüfbare Nachrichten vorliegen. Er wird dabei 1574 als Schöpfer
einer mappa, also einer Landkarte, für die er 20 Gulden Belohnung erhielt, erwähnt,
die vielleicht mit dem von ihm gleichfalls dem Hofkriegsrat übergebenen abriß der
Crabatischen granitzen90 identisch war. Darüber hinaus erhielt er für ein schönes khunst
stuckh (ein dreidimensionales Modell ?) ebenfalls noch 1574 sogar 30 Gulden. Hin-
weise auf eine Tätigkeit als »Baumeister« sind dagegen für ihn nicht belegbar, und auch
seine Bezeichnung als adumbrator regionum in einem Befehl Erzherzog Ernsts zur
Auszahlung von 80 Gulden, die noch seinem verstorbenen Vater Natale zugestanden
worden waren,91 deutet viel mehr auf eine rein oder weitgehend kartografische Tätig-
keit des jüngsten der drei Angielinis.
Schon mehrfach war die Rede von den vielen »Baumeistern« italienischer Herkunft,
die damals in habsburgischen Diensten standen und vor allem als Festungsspezialis-
ten gegen die Osmanen eingesetzt waren, und dem ist im Hinblick auf nachweisbare
Kontakte der Angielinis mit ihren Kollegen hier noch weiter nachzugehen. Auch dabei
bilden Nachrichten aus den Beständen des Hofkriegsrats die verlässlichsten Quellen,
während Notizen auf einer Reihe der Festungsgrundrisse und -ansichten in den
»Angielini«-Atlanten wegen der Schwierigkeit, diese mit Sicherheit der einen oder
88 Pálffy, ebd., 62 : Nicolò erhielt dafür am 29. Mai 1570 vermug particular bevelchs und quittung (also wohl
im besonderen Auftrag des Kaisers) die ansehnliche Summe von 40 fl.
89 Siehe dazu oben S. 31.
90 Pálffy, Anfänge, 39, vermutet, dass es sich dabei um die Überarbeitung einer auf Natale (und Nicolò)
Angielini zurückgehenden älteren Karte dieses Gebietes handeln könnte, siehe dazu auch unten Anhang
9.1, S. 327 Nr. 2.1 und S. 337 Nr. 4.5.
91 Alle Belege bei Pálffy, ebd., 30–32.
Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Titel
- Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
- Untertitel
- Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Autoren
- Ferdinand Opll
- Heike Krause
- Christoph Sonnlechner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20210-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 586
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Inhalt
- Einleitung 9
- Die Angielinis, ihr Werk und Wirken 10
- Wien als Festungsstadt 13
- Terminologie und Onomastik 14
- Internet 16
- Abbildungen 17
- Dank 17
- 1 Die Familie Angielini und ihr kartografisches Schaffen 21
- 1.1 Biografisches 21
- 1.2 Das beruflich-persönliche Umfeld der Angielinis 38
- 1.3 Das kartografische Werk der Familie Angielini 44
- 1.4 Die Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten in Wien, Dresden und Karlsruhe 51
- 1.5 Exkurs : Die in den fünf »Angielini«-Atlanten vorkommenden Wasserzeichen 52
- 1.6 Analyse und Autopsie der fünf »Angielini«-Atlanten 59
- 2 Der in den »Angielini«-Atlanten erfasste Raum 87
- 3 Der ungarische Raum und die Stadt Wien in frühen kartografischen Zeugnissen 101
- 4 Der frühneuzeitliche Festungsbau in Theorie und Praxis 127
- 5 Wien wird Festungsstadt – Der Ausbau nach der Belagerung von 1529 bis in die Mitte der 1560er Jahre 147
- 5.1 Die fortifikatorischen Folgen der Ersten Türkenbelagerung von Wien im Jahr 1529 147
- 5.2 Der Festungsbau aus umwelthistorischer Perspektive 197
- 6 Autopsie und Kontextualisierung der drei »Angielini«-Pläne von Wien 221
- 6.1 Das weitere Umfeld – eine Annäherung an die Stadt 221
- 6.2 Die unmittelbare Umgebung der Stadt 228
- 6.3 Die Befestigung 250
- 6.3.1 Bastei bei dem Burgtor 252
- 6.3.2 Bastei zwischen Burg- und Schottentor 255
- 6.3.3 Bastei beim Schottentor 258
- 6.3.4 Elendbastei 261
- 6.3.5 Arsenal und Reste der mittelalterlichen Stadtmauer 263
- 6.3.6 Neutorbastei 267
- 6.3.7 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Werdertor und Piattaforma samt neuer Kurtine 268
- 6.3.8 Piattaforma 268
- 6.3.9 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Piattaforma und Biberbastei 270
- 6.3.10 Biberbastei 272
- 6.3.11 Bastei bei den Predigern 274
- 6.3.12 Stubentor und angrenzende Kurtinen 277
- 6.3.13 Untere Paradeisbastei 278
- 6.3.14 Unteres Zeughaus auf der Seilerstätte 281
- 6.3.15 Obere Paradeisbastei 282
- 6.3.16 Bastei beim Kärntner Tor 286
- 6.3.17 Mittelalterliche Stadtmauer und sogenannter Augustinerturm 290
- 6.3.18 Stadtgraben 292
- 6.3.19 Resümee 293
- 6.4 Das Stadtinnere 294
- 7 Zusammenfassung und Summary 305
- 8 Tafeln 313
- 9 Anhang 325
- 9.1 Die mit dem kartografischen Schaffen der Familie Angielini in Verbindung stehenden kartografischen Darstellungen 325
- 9.2 Anzahl der in den »Angielini«-Atlanten enthaltenen Stadtpläne, Festungsgrundrisse und -schrägansichten 457
- 9.3 Reihenfolge der in den Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten enthaltenen kartografischen Darstellungen 459
- 9.4 Konkordanz der in den Stadtplänen, Festungsgrundrissen und -schrägansichten der »Angielini«-Atlanten verwendeten Ortsnamen 462
- 9.5 Italienische Festungsbaumeister des 16. Jahrhunderts (bis ca. 1580) und ihre Einsatzgebiete im habsburgisch-osmanischen Grenzbereich 466
- 9.6 Festungsbautraktate des 15. und 16. Jahrhunderts und ihre Autoren 479
- 9.7 Chronologisches Verzeichnis der im Buch häufig verwendeten Wien-Pläne und Wien-Ansichten (15.‒18. Jahrhundert) 483
- 10 Glossar 494
- 11 Verzeichnisse 499