Seite - 50 - in Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert - Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
Bild der Seite - 50 -
Text der Seite - 50 -
50 | Ferdinand Opll
notdürftig besetzt werden müsse. Besondere Initiativen setzte Johann Freiherr von Len-
kowitsch (Ivan Lenković, gest. 1569), der als Oberst der kroatischen und slawonischen
Grenzen (1556–1567) bereits im ersten Jahr seiner Bestellung, 1556, ein Verzeichnis
der hier gelegenen Festungen anfertigen ließ.131 Im Kontext der von Kaiser Ferdinand
I.
angeordneten, im Herbst 1563 durchgeführten Evaluierung der kroatischen und sla-
wonischen Grenzfestungen ist dann die Anfertigung nicht nur einer Karte, sondern
auch von Rissen der gränitzenflecken, waßmassen dieselben bevestiget werden sollen132 die
Rede. Derartige Pläne – zum Teil bloße Skizzen, zum Teil freilich mit regelrechten
Ansichten der Plätze ergänzt und sogar mit Einbeziehung der jeweiligen Umgebung
außerhalb der Festungsanlagen versehen
– sind in beachtlicher Zahl in den Atlanten in
Wien, Dresden und Karlsruhe erhalten.133 Nur in Fällen, da eine Parallelüberlieferung
in den Akten des Hofkriegsrates vorliegt – und das ist einzig und allein für den von
Nicolò Angielini angefertigten Riss von Veszprém der Fall134 –, ist die Zugehörigkeit
zum Schaffen der Familie Angielini unzweifelhaft zu fassen. In vielen anderen Fällen
handelt es sich um Darstellungen, auf denen mehrfach die Diskussionen zwischen ver-
schiedenen Festungsbauspezialisten um den Ausbau bzw. die Verstärkung der betreffen-
den Festungsanlage in der einen oder anderen Art dokumentiert sind, ohne dass sie mit
Sicherheit einem bestimmten Verfasser zuzuordnen wären. Die »Angielini«-Atlanten
umfassen somit ausschließlich anonyme Federzeichnungen von Festungen und befes-
tigten Städten, die zwar mit hoher Wahrscheinlichkeit im Kontext des Angielinischen
Schaffens entstanden sind, für die sich aber nicht mit Sicherheit sagen lässt, ob sie von
einem der drei Angielinis stammen, von einem der drei kopiert wurden, oder ob es sich
um eine Kompilation von grafischen Arbeiten handelt, die von anderen Verfassern als
den Angielinis stammen, von diesen aber dann kopiert wurden.
Dazu tritt schließlich noch eine weitere Problematik, die hier ebenfalls erwähnt
werden und die Beachtung finden muss : Angesichts der zum weitaus überwiegenden
Teil fehlenden Detailüberlieferung zum Ablauf und zur Durchführung der eigentli-
chen Festungsarbeiten – gleich ob es sich um Verbesserungen, Wiederherstellungen,
einen Ausbau oder überhaupt um Neuanlagen gehandelt hat – ist es im Regelfall ab-
solut unmöglich zu entscheiden, ob die in den fünf Atlanten auf uns gekommenen
Grundrisse und Ansichten von Städten und befestigten Plätzen den jeweils gegebenen
Bauzustand oder einen Projektvorschlag135 dokumentieren. Mehrfach sind jedenfalls
131 Loserth, Innerösterreich, 55 ; Pálffy, Anfänge, 34.
132 Pálffy, ebd., 34 Anm. 91.
133 Siehe dazu unten Anhang 9.1, S. 325–457.
134 Siehe dazu oben S. 39 f. bei Anmm. 86‒88 und unten Anhang 9.1, S. 447 Nr. 46.
135 Ein gutes Beispiele für eine ganze Serie solcher Vorschläge bietet etwa die Überlieferung zu Eger,
siehe unten Anhang 9.1, S.
359 Nr. 8 ; vgl. daneben auch den Hinweis auf einer der Darstellungen von
Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Titel
- Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
- Untertitel
- Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Autoren
- Ferdinand Opll
- Heike Krause
- Christoph Sonnlechner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20210-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 586
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Inhalt
- Einleitung 9
- Die Angielinis, ihr Werk und Wirken 10
- Wien als Festungsstadt 13
- Terminologie und Onomastik 14
- Internet 16
- Abbildungen 17
- Dank 17
- 1 Die Familie Angielini und ihr kartografisches Schaffen 21
- 1.1 Biografisches 21
- 1.2 Das beruflich-persönliche Umfeld der Angielinis 38
- 1.3 Das kartografische Werk der Familie Angielini 44
- 1.4 Die Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten in Wien, Dresden und Karlsruhe 51
- 1.5 Exkurs : Die in den fünf »Angielini«-Atlanten vorkommenden Wasserzeichen 52
- 1.6 Analyse und Autopsie der fünf »Angielini«-Atlanten 59
- 2 Der in den »Angielini«-Atlanten erfasste Raum 87
- 3 Der ungarische Raum und die Stadt Wien in frühen kartografischen Zeugnissen 101
- 4 Der frühneuzeitliche Festungsbau in Theorie und Praxis 127
- 5 Wien wird Festungsstadt – Der Ausbau nach der Belagerung von 1529 bis in die Mitte der 1560er Jahre 147
- 5.1 Die fortifikatorischen Folgen der Ersten Türkenbelagerung von Wien im Jahr 1529 147
- 5.2 Der Festungsbau aus umwelthistorischer Perspektive 197
- 6 Autopsie und Kontextualisierung der drei »Angielini«-Pläne von Wien 221
- 6.1 Das weitere Umfeld – eine Annäherung an die Stadt 221
- 6.2 Die unmittelbare Umgebung der Stadt 228
- 6.3 Die Befestigung 250
- 6.3.1 Bastei bei dem Burgtor 252
- 6.3.2 Bastei zwischen Burg- und Schottentor 255
- 6.3.3 Bastei beim Schottentor 258
- 6.3.4 Elendbastei 261
- 6.3.5 Arsenal und Reste der mittelalterlichen Stadtmauer 263
- 6.3.6 Neutorbastei 267
- 6.3.7 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Werdertor und Piattaforma samt neuer Kurtine 268
- 6.3.8 Piattaforma 268
- 6.3.9 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Piattaforma und Biberbastei 270
- 6.3.10 Biberbastei 272
- 6.3.11 Bastei bei den Predigern 274
- 6.3.12 Stubentor und angrenzende Kurtinen 277
- 6.3.13 Untere Paradeisbastei 278
- 6.3.14 Unteres Zeughaus auf der Seilerstätte 281
- 6.3.15 Obere Paradeisbastei 282
- 6.3.16 Bastei beim Kärntner Tor 286
- 6.3.17 Mittelalterliche Stadtmauer und sogenannter Augustinerturm 290
- 6.3.18 Stadtgraben 292
- 6.3.19 Resümee 293
- 6.4 Das Stadtinnere 294
- 7 Zusammenfassung und Summary 305
- 8 Tafeln 313
- 9 Anhang 325
- 9.1 Die mit dem kartografischen Schaffen der Familie Angielini in Verbindung stehenden kartografischen Darstellungen 325
- 9.2 Anzahl der in den »Angielini«-Atlanten enthaltenen Stadtpläne, Festungsgrundrisse und -schrägansichten 457
- 9.3 Reihenfolge der in den Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten enthaltenen kartografischen Darstellungen 459
- 9.4 Konkordanz der in den Stadtplänen, Festungsgrundrissen und -schrägansichten der »Angielini«-Atlanten verwendeten Ortsnamen 462
- 9.5 Italienische Festungsbaumeister des 16. Jahrhunderts (bis ca. 1580) und ihre Einsatzgebiete im habsburgisch-osmanischen Grenzbereich 466
- 9.6 Festungsbautraktate des 15. und 16. Jahrhunderts und ihre Autoren 479
- 9.7 Chronologisches Verzeichnis der im Buch häufig verwendeten Wien-Pläne und Wien-Ansichten (15.‒18. Jahrhundert) 483
- 10 Glossar 494
- 11 Verzeichnisse 499