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Das verwendete Papier ist jedenfalls nach einer Untersuchung der Wasserzeichen
eindeutig in das dritte Viertel des 16. Jahrhunderts einzuordnen.187 Für den in diesem
Atlas enthaltenen Wien-Plan kann daraus, dass er als Vorlage für den um 1622/24 ent-
standenen Wien-Plan des Job Hartmann von Enenkel188 verwendet wurde, ein weite-
rer Terminus ante quem genannt werden. Die Bindung der Handschrift und auch der
schmucklose Einband weisen keinerlei datierbaren Besonderheiten auf. Die im Atlas
enthaltenen Darstellungen wurden höchstwahrscheinlich von einem der Mitglieder
der Familie Angielini geschaffen, wobei zum Teil ältere Erstfassungen überarbeitet
worden sein könnten. In einem Vermerk in den Beständen des Hofkriegsrates vom
12. August 1572 heißt es, dass ein von Natale Angielini übergebenes model ainer pas-
stein oder cavelier in unnd vor ainer vesste zu prauchen … nicht zum buech gekommen sei,
woraus Pálffy überzeugend erschließt, dass damals bereits an einer Zusammenstellung
von Festungsplänen in Form eines gebundenen Werks gearbeitet wurde.189 Ohne Cod.
8609 Han mit Sicherheit mit dieser Wiener Überlieferung gleichsetzen zu können,190
dürfte sein Inhalt dennoch in jedem Fall eine von mehreren Kopien darstellen, die am
ehesten von Angehörigen der Angielini-Familie angefertigt wurden. In seiner heu-
tigen Form enthält er nicht nur eine eigene Einleitung auf einem Titelblatt (fol. 1),
sondern auf seinen letzten sechs Blättern (foll. 80r‒85r)191 eine Serie von ihrer grafi-
schen Ausführung sowie ihren Wasserzeichen nach eindeutig aus dem zweiten Wiener
Atlas Cod. 8607 Han stammende Darstellungen. Beide Beobachtungen – die Un-
einheitlichkeit der enthaltenen Darstellungen wie das wohl erst später hinzugefügte
Titelblatt – mahnen zur Vorsicht bei der Interpretation, weisen darauf hin, dass das
heute vorliegende Atlasexemplar des Cod. 8609 Han markante Züge einer erst später
erfolgten Komposition, wohl einer Neubindung bzw. erstmaligen Bindung (?), zeigt.192
Die Bedeutung des Titelblatts – von allen fünf Atlas-Überlieferungen weist aus-
schließlich der Wiener Cod. 8609 Han solch eine Einleitung auf – haben sowohl
Pálffy193 als zuletzt auch Török194 zu Recht betont. Wenngleich der letztgenannte
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&tb=t&vl%28freeText0%29=Martin%20Stier&vid=ONB (29.6.2015).
187 Siehe dazu oben S. 52–59.
188 Zu diesem Wien-Plan vgl. Opll/Scheutz, Schlierbach-Plan, unten Anhang 9.7, S.
491 Nr. 24 sowie
die Bemerkungen unten Kapitel 3.2, S. 125 f.
189 Pálffy, Anfänge, 65 f. mit Anm. 198.
190 Siehe dazu die differenzierte Stellungnahme bei Pálffy, Anfänge, 68.
191 Dabei handelt es sich um Darstellungen von Satu Mare, Hrastelnica, Veliki Gradac, Lička Jesenica,
Gradec und Zrinski Topolovac. – Siehe dazu auch S. 65 Anm. 204.
192 Siehe dazu unten S. 63 f.
193 Pálffy, Anfänge, 66.
194 Török, Fortification Atlases, 71 f.
Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Titel
- Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
- Untertitel
- Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Autoren
- Ferdinand Opll
- Heike Krause
- Christoph Sonnlechner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20210-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 586
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Inhalt
- Einleitung 9
- Die Angielinis, ihr Werk und Wirken 10
- Wien als Festungsstadt 13
- Terminologie und Onomastik 14
- Internet 16
- Abbildungen 17
- Dank 17
- 1 Die Familie Angielini und ihr kartografisches Schaffen 21
- 1.1 Biografisches 21
- 1.2 Das beruflich-persönliche Umfeld der Angielinis 38
- 1.3 Das kartografische Werk der Familie Angielini 44
- 1.4 Die Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten in Wien, Dresden und Karlsruhe 51
- 1.5 Exkurs : Die in den fünf »Angielini«-Atlanten vorkommenden Wasserzeichen 52
- 1.6 Analyse und Autopsie der fünf »Angielini«-Atlanten 59
- 2 Der in den »Angielini«-Atlanten erfasste Raum 87
- 3 Der ungarische Raum und die Stadt Wien in frühen kartografischen Zeugnissen 101
- 4 Der frühneuzeitliche Festungsbau in Theorie und Praxis 127
- 5 Wien wird Festungsstadt – Der Ausbau nach der Belagerung von 1529 bis in die Mitte der 1560er Jahre 147
- 5.1 Die fortifikatorischen Folgen der Ersten Türkenbelagerung von Wien im Jahr 1529 147
- 5.2 Der Festungsbau aus umwelthistorischer Perspektive 197
- 6 Autopsie und Kontextualisierung der drei »Angielini«-Pläne von Wien 221
- 6.1 Das weitere Umfeld – eine Annäherung an die Stadt 221
- 6.2 Die unmittelbare Umgebung der Stadt 228
- 6.3 Die Befestigung 250
- 6.3.1 Bastei bei dem Burgtor 252
- 6.3.2 Bastei zwischen Burg- und Schottentor 255
- 6.3.3 Bastei beim Schottentor 258
- 6.3.4 Elendbastei 261
- 6.3.5 Arsenal und Reste der mittelalterlichen Stadtmauer 263
- 6.3.6 Neutorbastei 267
- 6.3.7 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Werdertor und Piattaforma samt neuer Kurtine 268
- 6.3.8 Piattaforma 268
- 6.3.9 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Piattaforma und Biberbastei 270
- 6.3.10 Biberbastei 272
- 6.3.11 Bastei bei den Predigern 274
- 6.3.12 Stubentor und angrenzende Kurtinen 277
- 6.3.13 Untere Paradeisbastei 278
- 6.3.14 Unteres Zeughaus auf der Seilerstätte 281
- 6.3.15 Obere Paradeisbastei 282
- 6.3.16 Bastei beim Kärntner Tor 286
- 6.3.17 Mittelalterliche Stadtmauer und sogenannter Augustinerturm 290
- 6.3.18 Stadtgraben 292
- 6.3.19 Resümee 293
- 6.4 Das Stadtinnere 294
- 7 Zusammenfassung und Summary 305
- 8 Tafeln 313
- 9 Anhang 325
- 9.1 Die mit dem kartografischen Schaffen der Familie Angielini in Verbindung stehenden kartografischen Darstellungen 325
- 9.2 Anzahl der in den »Angielini«-Atlanten enthaltenen Stadtpläne, Festungsgrundrisse und -schrägansichten 457
- 9.3 Reihenfolge der in den Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten enthaltenen kartografischen Darstellungen 459
- 9.4 Konkordanz der in den Stadtplänen, Festungsgrundrissen und -schrägansichten der »Angielini«-Atlanten verwendeten Ortsnamen 462
- 9.5 Italienische Festungsbaumeister des 16. Jahrhunderts (bis ca. 1580) und ihre Einsatzgebiete im habsburgisch-osmanischen Grenzbereich 466
- 9.6 Festungsbautraktate des 15. und 16. Jahrhunderts und ihre Autoren 479
- 9.7 Chronologisches Verzeichnis der im Buch häufig verwendeten Wien-Pläne und Wien-Ansichten (15.‒18. Jahrhundert) 483
- 10 Glossar 494
- 11 Verzeichnisse 499