Seite - 66 - in Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert - Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
Bild der Seite - 66 -
Text der Seite - 66 -
66 | Ferdinand Opll
Überlie ferung so charakteristischen Ansichten, gegebenenfalls in Kombination mit
einem Grundriss.206 Die grafische Gestaltung fällt in jedem Fall im Vergleich mit den
anderen »Angielini«-Atlanten völlig aus dem Rahmen, eine eingehendere Befassung
mit dieser Überlieferung ist daher ohne jeden Zweifel erforderlich.
Die Schrift der Blätter von Cod. 8607 Han – zumeist Versalien, bisweilen in beson-
ders verzierter Form (Blätter von Graz und Senj)
– unterscheidet sich zwar keinesfalls
grundsätzlich von der in den Atlanten Wien Cod. 8609 Han, Karlsruhe und Dresden
Nr. 11 verwendeten, dennoch hat es den Anschein, als sei hier von einer dieser Vorla-
gen kopiert worden. Dabei fällt es schwer, zu entscheiden, welcher der drei Atlanten
tatsächlich als Vorlage für den Kopisten gedient haben könnte. Ein Vergleich der Dar-
stellung von Ljubljana/Laibach im Cod. 8607 Han und in den drei anderen Atlanten
zeigt eine Abhängigkeit von der Karlsruher Überlieferung, doch spricht andererseits
der verwendete Stadtname »laybach« wieder für eine (partielle ?) Abhängigkeit vom
Dresdner Atlas Nr. 11.207 Vergleicht man ganz generell die Schreibweisen der Orts-
namen des Cod. 8607 Han mit den anderen drei Atlanten, so zeigen sich Parallelen
sowohl zu Karlsruhe als auch zu Dresden Nr. 11, deutlich mehr an der Zahl allerdings
zu Karlsruhe.208 Cod. 8609 Han zeigt von den verwendeten Namensformen her dem-
gegenüber eine markante Eigenständigkeit.209 Hinzu kommt, dass sich auf mehreren
der Blätter textliche Hinweise mit kritischen bzw. erläuternden Kommentaren bzw.
Hinweisen zu weiteren Baumaßnahmen finden, die gleichfalls Aufschlüsse zur Ein-
schätzung des Werkes bieten. So kehren etwa die in italienischer Sprache gebotenen
Angaben über die Ausdehnung der Befestigungen von Zagreb sowie Kaptol interes-
santerweise – allerdings nicht wörtlich – im Wiener Cod. 8609 Han wieder, während
Dresden Nr. 11 diese Texthinweise an anderer Stelle des Zagreb-Blattes bietet und der
Komárom, Nove Zámky, Komjatice, Levice, Čabradský Vrbovok, Sárospatak, Šarišský hrad, Szendrő,
Szádvár, Eger, Ónod, Kisvárda, Tokaj, Nagyecsed, Satu Mare und Mukatschewe.
206 Beispiele sind Graz, Rijeka, Tržac, Senj, Brinje, Otočac, Dabar, Drežnik Grad, Zrin, Sisak, Zagreb,
Đurđevac, Cirkvena, Šurany, Košice und Krásna Hôrka.
207 Vor allem an der Darstellung der nördlichen Eckbastion des westlich der Ljubljanica gelegenen Stadt-
teils Neumarkt zu verifizieren ; zu den Namensformen siehe unten Anhang 9.1, S. 391 Nr. 23.
208 Idente Namensformen zwischen Cod. 8607 Han und Karlsruhe finden sich bei Đurđevac (S. Gergen),
Győr (GIAVARIN), Komárno (Comaro), Krásna Hôrka (Chrasnahorka), Mukatschewe (Monkatsch),
Senj (Zeng) und Szádvár (Sadwar) ; eine idente Namensform zwischen Cod, 8607 Han und Dresden
Nr. 11 findet sich neben dem bereits erwähnten Ljubljana (siehe vorige Anm.) bei Bihać (Wihitsch).
Völlig aus der Reihe fällt die Namensform Vywar für Nové Zámky. – Siehe dazu unten Anhang 9.4,
S. 462–465.
209 Dies lässt sich an den in den anderen Atlanten niemals vorkommenden Namensformen von Cirkvena
(Zerqvena in Sclauonia), Đurđevac (S. Geörgen in Sclauonia), Győr (Giavarinivm), Koprivnica (Koprei-
niz in Sclauonia), Krásna Hôrka (Khrasnahorka), Križevci (Krevtz in Sclauonia), Krupina (Kharpen) und
Sárospatak (Scharospatak) ablesen, siehe dazu gleichfalls unten Anhang 9.4, S. 462–465.
Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Titel
- Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
- Untertitel
- Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Autoren
- Ferdinand Opll
- Heike Krause
- Christoph Sonnlechner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20210-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 586
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Inhalt
- Einleitung 9
- Die Angielinis, ihr Werk und Wirken 10
- Wien als Festungsstadt 13
- Terminologie und Onomastik 14
- Internet 16
- Abbildungen 17
- Dank 17
- 1 Die Familie Angielini und ihr kartografisches Schaffen 21
- 1.1 Biografisches 21
- 1.2 Das beruflich-persönliche Umfeld der Angielinis 38
- 1.3 Das kartografische Werk der Familie Angielini 44
- 1.4 Die Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten in Wien, Dresden und Karlsruhe 51
- 1.5 Exkurs : Die in den fünf »Angielini«-Atlanten vorkommenden Wasserzeichen 52
- 1.6 Analyse und Autopsie der fünf »Angielini«-Atlanten 59
- 2 Der in den »Angielini«-Atlanten erfasste Raum 87
- 3 Der ungarische Raum und die Stadt Wien in frühen kartografischen Zeugnissen 101
- 4 Der frühneuzeitliche Festungsbau in Theorie und Praxis 127
- 5 Wien wird Festungsstadt – Der Ausbau nach der Belagerung von 1529 bis in die Mitte der 1560er Jahre 147
- 5.1 Die fortifikatorischen Folgen der Ersten Türkenbelagerung von Wien im Jahr 1529 147
- 5.2 Der Festungsbau aus umwelthistorischer Perspektive 197
- 6 Autopsie und Kontextualisierung der drei »Angielini«-Pläne von Wien 221
- 6.1 Das weitere Umfeld – eine Annäherung an die Stadt 221
- 6.2 Die unmittelbare Umgebung der Stadt 228
- 6.3 Die Befestigung 250
- 6.3.1 Bastei bei dem Burgtor 252
- 6.3.2 Bastei zwischen Burg- und Schottentor 255
- 6.3.3 Bastei beim Schottentor 258
- 6.3.4 Elendbastei 261
- 6.3.5 Arsenal und Reste der mittelalterlichen Stadtmauer 263
- 6.3.6 Neutorbastei 267
- 6.3.7 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Werdertor und Piattaforma samt neuer Kurtine 268
- 6.3.8 Piattaforma 268
- 6.3.9 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Piattaforma und Biberbastei 270
- 6.3.10 Biberbastei 272
- 6.3.11 Bastei bei den Predigern 274
- 6.3.12 Stubentor und angrenzende Kurtinen 277
- 6.3.13 Untere Paradeisbastei 278
- 6.3.14 Unteres Zeughaus auf der Seilerstätte 281
- 6.3.15 Obere Paradeisbastei 282
- 6.3.16 Bastei beim Kärntner Tor 286
- 6.3.17 Mittelalterliche Stadtmauer und sogenannter Augustinerturm 290
- 6.3.18 Stadtgraben 292
- 6.3.19 Resümee 293
- 6.4 Das Stadtinnere 294
- 7 Zusammenfassung und Summary 305
- 8 Tafeln 313
- 9 Anhang 325
- 9.1 Die mit dem kartografischen Schaffen der Familie Angielini in Verbindung stehenden kartografischen Darstellungen 325
- 9.2 Anzahl der in den »Angielini«-Atlanten enthaltenen Stadtpläne, Festungsgrundrisse und -schrägansichten 457
- 9.3 Reihenfolge der in den Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten enthaltenen kartografischen Darstellungen 459
- 9.4 Konkordanz der in den Stadtplänen, Festungsgrundrissen und -schrägansichten der »Angielini«-Atlanten verwendeten Ortsnamen 462
- 9.5 Italienische Festungsbaumeister des 16. Jahrhunderts (bis ca. 1580) und ihre Einsatzgebiete im habsburgisch-osmanischen Grenzbereich 466
- 9.6 Festungsbautraktate des 15. und 16. Jahrhunderts und ihre Autoren 479
- 9.7 Chronologisches Verzeichnis der im Buch häufig verwendeten Wien-Pläne und Wien-Ansichten (15.‒18. Jahrhundert) 483
- 10 Glossar 494
- 11 Verzeichnisse 499