Seite - 75 - in Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert - Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
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Die Familie Angielini und ihr kartografisches Schaffen | 75
in das Licht der Forschung getretenen Überlieferung einer zu 1566 datierten Karte
des Bereichs der habsburgisch-osmanischen Auseinandersetzungen in Form einer
Hinter glasmalerei, die man sogar innerhalb dieses Jahres zeitlich noch präziser vor
dem 8. September einreihen kann, muss dies freilich noch einmal überdacht werden.
So unwahrscheinlich ist es nämlich nicht, dass eine Papierversion dieser Hinterglas-
malerei existiert haben könnte, die dann eine der beiden zu 1566 erwähnten ungari-
schen Karten gewesen sein könnte.242 Dies hieße dann, dass man am Dresdner Hof
bereits 1566 über zumindest eine Ungarnkarte aus dem Schaffen der Angielinis (und
noch eine zweite unbekannter Herkunft ?) verfügt hätte. Allerdings kann dann solch
eine (verlorene) Ungarn-Karte wieder nicht mit der Darstellung im Dresdner Atlas
identisch gewesen sein, da diese im Hinblick auf die Darstellung der Festung(en) von
Satu Mare und auch sonst deutliche Abweichungen von der im Dresdner Atlas über-
lieferten chorografischen Karte zeigt.243
Der hier analysierte Dresdner Atlasband selbst dürfte jedenfalls nach dem Schmuck
seines Einbands mit dem kaiserlichen Wappen am ehesten direkt aus dem Umfeld des
Herrschers an den kursächsischen Hof in Dresden gelangt sein, wo er bereits im ältes-
ten Kunstkammerinventar von 1587 Erwähnung findet.244 Wenn man nicht vermuten
will, dass man erst in Dresden in den aus Wien erhaltenen Band eine dort bereits
seit Längerem vorhandene Karte Ungarns eingefügt hat, wofür nach der Autopsie am
Original aber rein gar nichts spricht, und wenn man davon ausgeht, dass der Codex
mit Festungsgrundrissen von 1572 oder bald danach gemeinsam mit einer von Nicolò
Angielini stammenden Ungarnkarte in der heute vorliegenden Form nach Sachsen
gelangte, dann muss er nach 1571 entstanden sein. Ob die Ungarnkarte des Nicolò
Angielini, der ja zwischen 1571 und 1577 nicht in Wien weilte, dort gemeinsam mit
anderen Werken von seiner Hand vorlag, in welchem Verhältnis genau diese Karte
zu ihrer 1566 datierbaren älteren Version stand, ob sie erst in seiner Abwesenheit zu
einem Atlas vereint wurde oder ob dies überhaupt erst nach Angielinis für 1577 be-
zeugter Rückkehr nach Wien geschah, ist kaum zu entscheiden.245
der habsburgisch-osmanischen Auseinandersetzungen, die man sogar innerhalb dieses Jahres zeitlich
noch präziser vor dem 8. September einreihen kann, die uns freilich ausschließlich in der Form einer
Hinterglasmalerei überliefert ist, muss dies noch einmal überdacht werden. So unwahrscheinlich ist es
nämlich nicht, dass eine Papierversion dieser Hinterglasmalerei existiert haben könnte, die dann eine
der beiden zu 1566 erwähnten ungarischen Karten gewesen sein könnte.
242 Siehe dazu unten Anhang 9.1, S. 340 Nr. 6.1. – Ungeklärt bleibt dennoch, dass in dem Schreiben an
den Kurfürsten von Sachsen ja von zwei (!) Ung(e)rische(n) Mappen die Rede ist.
243 Siehe dazu bereits oben S.
32 f. (Anmm. 52‒56) sowie die Erläuterungen unten im Anhang 9.1, S.
416
Nr. 35 (Satu Mare).
244 Dazu siehe unten S. 77 mit Anm. 250.
245 Zu den Datierungsfragen vgl. auch Born, Festung und Grenze, unter Hinweis auf einschlägige unga-
Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Titel
- Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
- Untertitel
- Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Autoren
- Ferdinand Opll
- Heike Krause
- Christoph Sonnlechner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20210-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 586
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Inhalt
- Einleitung 9
- Die Angielinis, ihr Werk und Wirken 10
- Wien als Festungsstadt 13
- Terminologie und Onomastik 14
- Internet 16
- Abbildungen 17
- Dank 17
- 1 Die Familie Angielini und ihr kartografisches Schaffen 21
- 1.1 Biografisches 21
- 1.2 Das beruflich-persönliche Umfeld der Angielinis 38
- 1.3 Das kartografische Werk der Familie Angielini 44
- 1.4 Die Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten in Wien, Dresden und Karlsruhe 51
- 1.5 Exkurs : Die in den fünf »Angielini«-Atlanten vorkommenden Wasserzeichen 52
- 1.6 Analyse und Autopsie der fünf »Angielini«-Atlanten 59
- 2 Der in den »Angielini«-Atlanten erfasste Raum 87
- 3 Der ungarische Raum und die Stadt Wien in frühen kartografischen Zeugnissen 101
- 4 Der frühneuzeitliche Festungsbau in Theorie und Praxis 127
- 5 Wien wird Festungsstadt – Der Ausbau nach der Belagerung von 1529 bis in die Mitte der 1560er Jahre 147
- 5.1 Die fortifikatorischen Folgen der Ersten Türkenbelagerung von Wien im Jahr 1529 147
- 5.2 Der Festungsbau aus umwelthistorischer Perspektive 197
- 6 Autopsie und Kontextualisierung der drei »Angielini«-Pläne von Wien 221
- 6.1 Das weitere Umfeld – eine Annäherung an die Stadt 221
- 6.2 Die unmittelbare Umgebung der Stadt 228
- 6.3 Die Befestigung 250
- 6.3.1 Bastei bei dem Burgtor 252
- 6.3.2 Bastei zwischen Burg- und Schottentor 255
- 6.3.3 Bastei beim Schottentor 258
- 6.3.4 Elendbastei 261
- 6.3.5 Arsenal und Reste der mittelalterlichen Stadtmauer 263
- 6.3.6 Neutorbastei 267
- 6.3.7 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Werdertor und Piattaforma samt neuer Kurtine 268
- 6.3.8 Piattaforma 268
- 6.3.9 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Piattaforma und Biberbastei 270
- 6.3.10 Biberbastei 272
- 6.3.11 Bastei bei den Predigern 274
- 6.3.12 Stubentor und angrenzende Kurtinen 277
- 6.3.13 Untere Paradeisbastei 278
- 6.3.14 Unteres Zeughaus auf der Seilerstätte 281
- 6.3.15 Obere Paradeisbastei 282
- 6.3.16 Bastei beim Kärntner Tor 286
- 6.3.17 Mittelalterliche Stadtmauer und sogenannter Augustinerturm 290
- 6.3.18 Stadtgraben 292
- 6.3.19 Resümee 293
- 6.4 Das Stadtinnere 294
- 7 Zusammenfassung und Summary 305
- 8 Tafeln 313
- 9 Anhang 325
- 9.1 Die mit dem kartografischen Schaffen der Familie Angielini in Verbindung stehenden kartografischen Darstellungen 325
- 9.2 Anzahl der in den »Angielini«-Atlanten enthaltenen Stadtpläne, Festungsgrundrisse und -schrägansichten 457
- 9.3 Reihenfolge der in den Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten enthaltenen kartografischen Darstellungen 459
- 9.4 Konkordanz der in den Stadtplänen, Festungsgrundrissen und -schrägansichten der »Angielini«-Atlanten verwendeten Ortsnamen 462
- 9.5 Italienische Festungsbaumeister des 16. Jahrhunderts (bis ca. 1580) und ihre Einsatzgebiete im habsburgisch-osmanischen Grenzbereich 466
- 9.6 Festungsbautraktate des 15. und 16. Jahrhunderts und ihre Autoren 479
- 9.7 Chronologisches Verzeichnis der im Buch häufig verwendeten Wien-Pläne und Wien-Ansichten (15.‒18. Jahrhundert) 483
- 10 Glossar 494
- 11 Verzeichnisse 499