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Die Familie Angielini und ihr kartografisches Schaffen | 83
risse bzw. Ansichten von Städten und Festungen findet sich ein dezidierter Auto-
renvermerk, sehr wohl aber mehrfach der Hinweis darauf, von wem das jeweils im
Bild festgehaltene Fortifikationsprojekt stammt bzw.
– ohne Namensnennung
– dass
bauliche Aktivitäten vorgesehen sind.280 Für all diese Darstellungen ist nicht mit
Gewissheit zu sagen, ob es sich (1) um ein in das angielinische Werk aufgenom-
menes fremdes Autograf, (2) die von einem Fremden stammende Kopie solch eines
fremden Autografs, (3) das Autograf eines Angielini, (4) die Kopie solcher verlorener
Angielini-Autografen von fremder Hand oder (5) die Kopie bzw. Überarbeitung
verlorener Autografen eines Angielinis durch eines der beiden anderen Mitglieder
seiner Familie handelt.281 Einzig und allein für den in Wien als Cod. 8607 Han
überlieferten Atlas – sowie die aus seinem Verband stammenden sechs Blätter, die
sich jetzt im Atlas Cod. 8609 befinden –, scheint die Anfertigung durch einen Ko-
pisten sicher.282 Bei der 1566 datierten Karte des osmanisch-habsburgischen Kriegs-
schauplatzes in Form einer Hinterglasmalerei schließlich dürfte es sich schon wegen
des ungewöhnlichen Materials am ehesten um eine Kopie nach einer von Nicolò
Angielini angefertigten Zeichnung handeln, und ebendiese Vorlage fand dann in
einer den gewandelten Verhältnissen in den frühen 1570er Jahren angepassten Form
noch einmal in dem im Dresdner Atlas Nr. 11 überlieferten Blatt Verwendung.
Aufgrund der so äußerst schwierigen Zuordnung haben wir uns in dem Verzeichnis
sämtlicher überlieferter Arbeiten in den »Angielini«-Atlanten283 ‒ an dieser Bezeich-
nung ist in jedem Fall festzuhalten – dazu entschlossen, die folgende Formulierung
zu verwenden : »Mit dem kartografischen Schaffen der Angielini-Familie ist der Plan/
sind die Pläne in jedem Fall eng verknüpft.«
Zuletzt wurde auf das geradezu kuriose Faktum hingewiesen, dass keiner dieser
Risse irgendeine tatsächliche Festungsanlage repräsentiert, sondern dass sie vielmehr
280 Siehe dazu unten Anhang 9.1, bei Eger (S. 359 Nr. 8), Győr (S. 366 Nr. 11), Komárno (S. 371 Nr. 14),
Košice (S. 378 Nr. 17), Levice (S. 387 Nr. 21), Nagykanizsa (S. 397 Nr. 26), Nové Zámky (S. 400 Nr. 27),
Ónod (S. 403 Nr. 28), Pápa (S. 408 Nr. 30), Satu Mare (S. 416 Nr. 35), Szendrő (S. 434 Nr. 40), Tokaj
(S. 439 Nr. 42) und Veszprém (S. 447 Nr. 46).
281 So argumentiert jüngst auch Török, Fortification Atlases, 72, der dabei allerdings von leichten Ab-
weichungen im Hinblick auf die Reihenfolge der in den Atlanten enthaltenen Risse ausgeht : »In other
words, the Angelini atlases are indeed parallel products, made by Niccolo and/or other members of the
family or co-operating people.« – Die zuletzt genannte Variante der Mitarbeit eines oder mehrerer
fremder Kartografen hat allerdings die geringste Wahrscheinlichkeit, könnte aber im Hinblick auf den
grafisch so besonders aufwendig gestalteten Wiener Cod. 8607 Han zutreffen, siehe dazu oben S. 67.
282 Siehe dazu oben S. 65–68.
283 Siehe unten Anhang 9.1, S. 325–457. – Zum Begriff »Angielini«-Atlanten siehe schon oben in der
Einleitung S. 9 f.
Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Titel
- Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
- Untertitel
- Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Autoren
- Ferdinand Opll
- Heike Krause
- Christoph Sonnlechner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20210-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 586
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Inhalt
- Einleitung 9
- Die Angielinis, ihr Werk und Wirken 10
- Wien als Festungsstadt 13
- Terminologie und Onomastik 14
- Internet 16
- Abbildungen 17
- Dank 17
- 1 Die Familie Angielini und ihr kartografisches Schaffen 21
- 1.1 Biografisches 21
- 1.2 Das beruflich-persönliche Umfeld der Angielinis 38
- 1.3 Das kartografische Werk der Familie Angielini 44
- 1.4 Die Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten in Wien, Dresden und Karlsruhe 51
- 1.5 Exkurs : Die in den fünf »Angielini«-Atlanten vorkommenden Wasserzeichen 52
- 1.6 Analyse und Autopsie der fünf »Angielini«-Atlanten 59
- 2 Der in den »Angielini«-Atlanten erfasste Raum 87
- 3 Der ungarische Raum und die Stadt Wien in frühen kartografischen Zeugnissen 101
- 4 Der frühneuzeitliche Festungsbau in Theorie und Praxis 127
- 5 Wien wird Festungsstadt – Der Ausbau nach der Belagerung von 1529 bis in die Mitte der 1560er Jahre 147
- 5.1 Die fortifikatorischen Folgen der Ersten Türkenbelagerung von Wien im Jahr 1529 147
- 5.2 Der Festungsbau aus umwelthistorischer Perspektive 197
- 6 Autopsie und Kontextualisierung der drei »Angielini«-Pläne von Wien 221
- 6.1 Das weitere Umfeld – eine Annäherung an die Stadt 221
- 6.2 Die unmittelbare Umgebung der Stadt 228
- 6.3 Die Befestigung 250
- 6.3.1 Bastei bei dem Burgtor 252
- 6.3.2 Bastei zwischen Burg- und Schottentor 255
- 6.3.3 Bastei beim Schottentor 258
- 6.3.4 Elendbastei 261
- 6.3.5 Arsenal und Reste der mittelalterlichen Stadtmauer 263
- 6.3.6 Neutorbastei 267
- 6.3.7 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Werdertor und Piattaforma samt neuer Kurtine 268
- 6.3.8 Piattaforma 268
- 6.3.9 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Piattaforma und Biberbastei 270
- 6.3.10 Biberbastei 272
- 6.3.11 Bastei bei den Predigern 274
- 6.3.12 Stubentor und angrenzende Kurtinen 277
- 6.3.13 Untere Paradeisbastei 278
- 6.3.14 Unteres Zeughaus auf der Seilerstätte 281
- 6.3.15 Obere Paradeisbastei 282
- 6.3.16 Bastei beim Kärntner Tor 286
- 6.3.17 Mittelalterliche Stadtmauer und sogenannter Augustinerturm 290
- 6.3.18 Stadtgraben 292
- 6.3.19 Resümee 293
- 6.4 Das Stadtinnere 294
- 7 Zusammenfassung und Summary 305
- 8 Tafeln 313
- 9 Anhang 325
- 9.1 Die mit dem kartografischen Schaffen der Familie Angielini in Verbindung stehenden kartografischen Darstellungen 325
- 9.2 Anzahl der in den »Angielini«-Atlanten enthaltenen Stadtpläne, Festungsgrundrisse und -schrägansichten 457
- 9.3 Reihenfolge der in den Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten enthaltenen kartografischen Darstellungen 459
- 9.4 Konkordanz der in den Stadtplänen, Festungsgrundrissen und -schrägansichten der »Angielini«-Atlanten verwendeten Ortsnamen 462
- 9.5 Italienische Festungsbaumeister des 16. Jahrhunderts (bis ca. 1580) und ihre Einsatzgebiete im habsburgisch-osmanischen Grenzbereich 466
- 9.6 Festungsbautraktate des 15. und 16. Jahrhunderts und ihre Autoren 479
- 9.7 Chronologisches Verzeichnis der im Buch häufig verwendeten Wien-Pläne und Wien-Ansichten (15.‒18. Jahrhundert) 483
- 10 Glossar 494
- 11 Verzeichnisse 499