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92 | Ferdinand Opll
noch keinesfalls mit einer Genauigkeit ausgeführt, dass man daraus allzu detaillierte
Schlüsse ziehen könnte. Was aber in jedem Fall deutlich wird, das ist der offenbar enge
Kontakt, den die Verfasser all dieser Landkarten zu den relevanten Informationen über
die jeweiligen militärischen und politischen Gegebenheiten sowie deren Veränderun-
gen hatten. Dies war zweifellos bereits durch die Beschäftigung der Angielinis im
Rahmen des Hofkriegsrates gegeben, dies spricht aber auch deutlich dafür, dass sie bei
ihren Arbeiten Zugang zu den jeweils aktuellen Nachrichten gehabt haben müssen.
Ohne ihre Position innerhalb der Militärverwaltung wirklich genau einschätzen zu
können – subaltern tätige Mitarbeiter waren sie keinesfalls.
Zu den hier etwas eingehender in Augenschein genommenen Darstellungen weiter
Territorien auf chorografischen Karten treten im Kontext der »Angielini«-Atlanten
nicht weniger als 246 Darstellungen (Grundrisse und Ansichten) von insgesamt 50
verschiedenen Plätzen, zumeist solchen an der Türkengrenze. Nicht unmittelbar an
der Grenze selbst gelegen, aber für die Steuerung und Organisation sämtlicher mili-
tä rischer Maßnahmen von zentraler Bedeutung waren Städte wie Wien, Graz und
Laibach/Ljubljana, von denen sich gleichfalls – bei den ersten beiden in einer Misch-
form aus Grundriss und Ansicht, bei Ljubljana nur als Grundriss20 – Darstellungen
in den »Angielini«-Atlanten finden. Versucht man nun, das hier ausgebreitete topo-
grafische Material zumindest ansatzweise zu strukturieren und zu gliedern, so lässt
sich zunächst – vor allem im Süden des Königreichs Ungarn, in Kroatien und Slawo-
nien – eine Gruppe von Städten erkennen, denen vor allem auch in organisatorischer
Hinsicht Bedeutung zukam : Dazu zählen an der Küste Rijeka und Senj, im Landes-
inneren die kroatische Hauptstadt Zagreb. Die Massierung von Festungsanlagen an
der Grenze gegen das Osmanische Reich korrespondiert markant mit der ab der Ein-
richtung des Hofkriegsrates im Jahre 1556 aufgebauten Organisation in Form von
sechs Grenzgeneralaten,21 nämlich :
1. der kroatischen oder Meergrenze mit dem Zentrum Bihać,
3. der slawonischen oder windischen Grenze mit dem Zentrum Varaždin, das eigen-
artigerweise in keinem einzigen der »Angielini«-Atlanten vorkommt,
4. der kanisischen Grenze mit dem Zentrum Nagykanizsa, das erst nach dem Fall von
Szigetvár (1566) und dem damit verbundenen Vordringen der Osmanen südlich des
Plattensees/Balaton seine eigentliche Bedeutung erlangte,
20 Eine gewisse Ausnahme bildet das Blatt Ljubljana/Laibach in der Überlieferung Dresden Nr. 11, da dort
einige wenige Ansichten enthalten sind, siehe dazu unten Anhang 9.1, S. 391 Nr. 23.
21 Vgl. dazu Kohler, Ferdinand I., 172, Pálffy, Türkenabwehr, 95 f., Ders., Die Türkenabwehr und die
Militärkartographie, 49, Rödel, Militärkartographie, 205, sowie Winkelbauer, Ständefreiheit, 441 f.
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Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Titel
- Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
- Untertitel
- Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Autoren
- Ferdinand Opll
- Heike Krause
- Christoph Sonnlechner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20210-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 586
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Inhalt
- Einleitung 9
- Die Angielinis, ihr Werk und Wirken 10
- Wien als Festungsstadt 13
- Terminologie und Onomastik 14
- Internet 16
- Abbildungen 17
- Dank 17
- 1 Die Familie Angielini und ihr kartografisches Schaffen 21
- 1.1 Biografisches 21
- 1.2 Das beruflich-persönliche Umfeld der Angielinis 38
- 1.3 Das kartografische Werk der Familie Angielini 44
- 1.4 Die Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten in Wien, Dresden und Karlsruhe 51
- 1.5 Exkurs : Die in den fünf »Angielini«-Atlanten vorkommenden Wasserzeichen 52
- 1.6 Analyse und Autopsie der fünf »Angielini«-Atlanten 59
- 2 Der in den »Angielini«-Atlanten erfasste Raum 87
- 3 Der ungarische Raum und die Stadt Wien in frühen kartografischen Zeugnissen 101
- 4 Der frühneuzeitliche Festungsbau in Theorie und Praxis 127
- 5 Wien wird Festungsstadt – Der Ausbau nach der Belagerung von 1529 bis in die Mitte der 1560er Jahre 147
- 5.1 Die fortifikatorischen Folgen der Ersten Türkenbelagerung von Wien im Jahr 1529 147
- 5.2 Der Festungsbau aus umwelthistorischer Perspektive 197
- 6 Autopsie und Kontextualisierung der drei »Angielini«-Pläne von Wien 221
- 6.1 Das weitere Umfeld – eine Annäherung an die Stadt 221
- 6.2 Die unmittelbare Umgebung der Stadt 228
- 6.3 Die Befestigung 250
- 6.3.1 Bastei bei dem Burgtor 252
- 6.3.2 Bastei zwischen Burg- und Schottentor 255
- 6.3.3 Bastei beim Schottentor 258
- 6.3.4 Elendbastei 261
- 6.3.5 Arsenal und Reste der mittelalterlichen Stadtmauer 263
- 6.3.6 Neutorbastei 267
- 6.3.7 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Werdertor und Piattaforma samt neuer Kurtine 268
- 6.3.8 Piattaforma 268
- 6.3.9 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Piattaforma und Biberbastei 270
- 6.3.10 Biberbastei 272
- 6.3.11 Bastei bei den Predigern 274
- 6.3.12 Stubentor und angrenzende Kurtinen 277
- 6.3.13 Untere Paradeisbastei 278
- 6.3.14 Unteres Zeughaus auf der Seilerstätte 281
- 6.3.15 Obere Paradeisbastei 282
- 6.3.16 Bastei beim Kärntner Tor 286
- 6.3.17 Mittelalterliche Stadtmauer und sogenannter Augustinerturm 290
- 6.3.18 Stadtgraben 292
- 6.3.19 Resümee 293
- 6.4 Das Stadtinnere 294
- 7 Zusammenfassung und Summary 305
- 8 Tafeln 313
- 9 Anhang 325
- 9.1 Die mit dem kartografischen Schaffen der Familie Angielini in Verbindung stehenden kartografischen Darstellungen 325
- 9.2 Anzahl der in den »Angielini«-Atlanten enthaltenen Stadtpläne, Festungsgrundrisse und -schrägansichten 457
- 9.3 Reihenfolge der in den Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten enthaltenen kartografischen Darstellungen 459
- 9.4 Konkordanz der in den Stadtplänen, Festungsgrundrissen und -schrägansichten der »Angielini«-Atlanten verwendeten Ortsnamen 462
- 9.5 Italienische Festungsbaumeister des 16. Jahrhunderts (bis ca. 1580) und ihre Einsatzgebiete im habsburgisch-osmanischen Grenzbereich 466
- 9.6 Festungsbautraktate des 15. und 16. Jahrhunderts und ihre Autoren 479
- 9.7 Chronologisches Verzeichnis der im Buch häufig verwendeten Wien-Pläne und Wien-Ansichten (15.‒18. Jahrhundert) 483
- 10 Glossar 494
- 11 Verzeichnisse 499