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106 | Ferdinand Opll
Lazarus-Karte durch Johannes Sambucus gehandelt haben, die in ebendiesem Jahr
1566 in Wien von Donat Hübschmann in Kupfer gestochen und bei Caspar Stainhofer
gedruckt wurde.19 Eine andere Möglichkeit bestünde darin, dass sich der Wiener Rat
die gleichfalls von 1566 stammende Ungarnkarte des Nicolò Angielini, die in Form
eines Hinterglasgemäldes auf uns gekommen ist, in Form eines Drucks beschaffte.20
Interesse verdient im Übrigen, dass dem Drucker weniger als ein Drittel des für den
Illuminator aufgewendeten Geldbetrags gegeben wurde und dass von dem Anteil des
Urhebers der Karte, des Johannes Sambucus also, überhaupt keine Rede ist.
Neben diesen im Druck veröffentlichten oder in Form von Handzeichnungen vor-
liegenden kartografischen Darstellungen ist für den ungarischen Raum, der so stark im
Fokus der militärischen Spannungen und Auseinandersetzungen des 16. Jahrhunderts
stand, auf weitere Manuskriptkarten zu verweisen, die erst – als bloße Kartenskizzen
oder auch in repräsentativerer Form ausgeführt – das Bild der vorliegenden Überlie-
ferung abrunden. Dabei liegen Beispiele sowohl aus dem habsburgisch-christlichen
wie auch aus dem osmanischen Bereich vor. Zentrum der Planungen für die Grenzsi-
cherung gegen Osten wie zugleich der Organisation aller erforderlichen militärischen
Unternehmungen vom Festungsbau bis hin zum tatsächlichen militärischen Einsatz
war seit seiner Gründung im Jahre 1556 der Hofkriegsrat in Wien.21 In seinen Be-
ständen findet sich demzufolge auch eine Vielzahl von Dokumenten kartografischer
Art, darunter
– schon früh
– eine eher grob ausgeführte Kartenskizze des südlich und
westlich der Donau gelegenen, gern als »Transdanubien« bezeichneten Raumes. Diese
Darstellung legte der ungarische Adelige Johann Csorón von Devecser, der aus dem
Herzen dieses Gebietes kam und 1563 seine Besitzbasis um die Herrschaft Kobers-
dorf erweitert hatte, seinem an den Kaiser gerichteten Schreiben vom 22. Jänner 1564
bei.22 Es handelt sich dabei um eine gesüdete Karte, die trotz ihrer äußerst skizzen-
19 Vgl. dazu Borsa/Walsh, Selbstbiographie des Johannes Sambucus (Nr. 44 : Exemplar in der Rijksbib-
liotheek in Leiden), sowie Szathmáry, Descriptio Hungariae, 153 f. Nr. 66 und dazu Pálffy, Anfänge,
38 mit Anm. 114. – Geht man davon aus, dass der Druck bei Stainhofer wohl erst nach dessen Ver-
mählung mit der Witwe nach Michael Zimmermann und der dadurch ermöglichten Übernahme von
dessen Offizin erfolgte, dann lässt sich der Ankauf auf das Spätjahr 1566 datieren. Da die Hochzeit am
19. Oktober stattfand (oben Anm. 16) und der Zahlungsbeleg vom 26. Oktober stammt (siehe vorige
Anm.), ist das Zeitfenster für den Druck der Karte auf wenige Tage beschränkt.
20 Zum Hinterglasbild siehe unten Anhang 9.1, S. 340 Nr. 6.1. – In diesem Falle hätte es von Angielinis
Ungarnkarte sogar einen Druck gegeben. Wiewohl es dann noch eigenartiger anmutet, dass sich davon
überhaupt kein Exemplar erhalten hat, wissen wir etwa im Falle der für die Mitglieder der Stadtre-
gierung 1609 angekauften Exemplare der Hoefnagel’schen Vogelschau, dass diese ebenso zur Gänze
verloren gingen, vgl. dazu Fischer (Hg.), Wien 1609, 1 f.
21 Vgl. dazu neben Regele, Hofkriegsrat, insbesondere Pálffy, Akten und Protokolle, 182–195.
22 ÖStA, Kriegsarchiv, Alte Feldakten 1564/2/ad 11 litt. c und d ; für die Möglichkeit einer eingehenden
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Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Titel
- Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
- Untertitel
- Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Autoren
- Ferdinand Opll
- Heike Krause
- Christoph Sonnlechner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20210-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 586
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Inhalt
- Einleitung 9
- Die Angielinis, ihr Werk und Wirken 10
- Wien als Festungsstadt 13
- Terminologie und Onomastik 14
- Internet 16
- Abbildungen 17
- Dank 17
- 1 Die Familie Angielini und ihr kartografisches Schaffen 21
- 1.1 Biografisches 21
- 1.2 Das beruflich-persönliche Umfeld der Angielinis 38
- 1.3 Das kartografische Werk der Familie Angielini 44
- 1.4 Die Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten in Wien, Dresden und Karlsruhe 51
- 1.5 Exkurs : Die in den fünf »Angielini«-Atlanten vorkommenden Wasserzeichen 52
- 1.6 Analyse und Autopsie der fünf »Angielini«-Atlanten 59
- 2 Der in den »Angielini«-Atlanten erfasste Raum 87
- 3 Der ungarische Raum und die Stadt Wien in frühen kartografischen Zeugnissen 101
- 4 Der frühneuzeitliche Festungsbau in Theorie und Praxis 127
- 5 Wien wird Festungsstadt – Der Ausbau nach der Belagerung von 1529 bis in die Mitte der 1560er Jahre 147
- 5.1 Die fortifikatorischen Folgen der Ersten Türkenbelagerung von Wien im Jahr 1529 147
- 5.2 Der Festungsbau aus umwelthistorischer Perspektive 197
- 6 Autopsie und Kontextualisierung der drei »Angielini«-Pläne von Wien 221
- 6.1 Das weitere Umfeld – eine Annäherung an die Stadt 221
- 6.2 Die unmittelbare Umgebung der Stadt 228
- 6.3 Die Befestigung 250
- 6.3.1 Bastei bei dem Burgtor 252
- 6.3.2 Bastei zwischen Burg- und Schottentor 255
- 6.3.3 Bastei beim Schottentor 258
- 6.3.4 Elendbastei 261
- 6.3.5 Arsenal und Reste der mittelalterlichen Stadtmauer 263
- 6.3.6 Neutorbastei 267
- 6.3.7 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Werdertor und Piattaforma samt neuer Kurtine 268
- 6.3.8 Piattaforma 268
- 6.3.9 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Piattaforma und Biberbastei 270
- 6.3.10 Biberbastei 272
- 6.3.11 Bastei bei den Predigern 274
- 6.3.12 Stubentor und angrenzende Kurtinen 277
- 6.3.13 Untere Paradeisbastei 278
- 6.3.14 Unteres Zeughaus auf der Seilerstätte 281
- 6.3.15 Obere Paradeisbastei 282
- 6.3.16 Bastei beim Kärntner Tor 286
- 6.3.17 Mittelalterliche Stadtmauer und sogenannter Augustinerturm 290
- 6.3.18 Stadtgraben 292
- 6.3.19 Resümee 293
- 6.4 Das Stadtinnere 294
- 7 Zusammenfassung und Summary 305
- 8 Tafeln 313
- 9 Anhang 325
- 9.1 Die mit dem kartografischen Schaffen der Familie Angielini in Verbindung stehenden kartografischen Darstellungen 325
- 9.2 Anzahl der in den »Angielini«-Atlanten enthaltenen Stadtpläne, Festungsgrundrisse und -schrägansichten 457
- 9.3 Reihenfolge der in den Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten enthaltenen kartografischen Darstellungen 459
- 9.4 Konkordanz der in den Stadtplänen, Festungsgrundrissen und -schrägansichten der »Angielini«-Atlanten verwendeten Ortsnamen 462
- 9.5 Italienische Festungsbaumeister des 16. Jahrhunderts (bis ca. 1580) und ihre Einsatzgebiete im habsburgisch-osmanischen Grenzbereich 466
- 9.6 Festungsbautraktate des 15. und 16. Jahrhunderts und ihre Autoren 479
- 9.7 Chronologisches Verzeichnis der im Buch häufig verwendeten Wien-Pläne und Wien-Ansichten (15.‒18. Jahrhundert) 483
- 10 Glossar 494
- 11 Verzeichnisse 499