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124 | Ferdinand Opll
des Hirschvogel’schen Stadtplans als Vorlage. Über beide Vorlagen, Hirschvogel wie
Wolmuet, hinaus geht allerdings die Einfügung von Ansichten etlicher innerstädti-
scher Gebäude, insbesondere zahlreicher Kirchen, aber auch der Wiener Burg, des
ständischen Landhauses und des Arsenals. Es lässt sich nicht wirklich entscheiden,
aus welchen Beweggründen dieser Kombination aus Gebäudeansichten und Grund-
rissplan im Angielinischen Opus der Vorzug gegeben wurden, soviel steht aber fest :
Ansichten von Gebäuden bilden Elemente, die in den Anfängen der Entwicklung von
Stadtplänen und Landkarten eine ganz entscheidende Funktion als topografisch-kar-
tografische Referenzpunkte haben.108 Vielleicht darf man sogar so weit gehen, diese
Bildelemente im Stadtplan als eine Art Brücke bzw. Verbindung zu den eigentlichen
Stadtveduten zu sehen, wie sie im 16. Jahrhundert einen so großen Aufschwung neh-
men.
Nicht alles, was jemals an Stadtplänen zu Wien vorhanden war, hat sich bis auf den
heutigen Tag erhalten. Auf den Fall eines Stadtplans eines nicht genauer zu identi-
fizierenden italienischen Fachmannes namens Antonio Continella (bzw. Continelli),
vielleicht identisch mit Antonio Florian, vom Anfang der 1560er Jahre wird an anderer
Stelle der vorliegenden Studie aufmerksam gemacht. Interessant ist, dass die Stadt
ihn dafür mit mehr als drei Gulden entlohnte, was darauf hinweisen könnte, dass die
Arbeit des Kartografen durchaus hoch eingeschätzt wurde.109
Seit der Errichtung des Hofkriegsrates im Jahre 1556110 hatte Wien auch in orga-
nisatorischer und planerischer Hinsicht eine deutlich markantere Rolle als Zentralort
für sämtliche militärischen Maßnahmen gegen die Osmanen. Ein in Venedig 1566
gedruckter Befestigungsplan bezeichnet Wien sogar als »Hauptstadt Ungarns«, Wien
trägt hier den in unserem Zusammenhang äußerst aussagekräftigen Titel : Vienna.
Città principal d’Ongheria nel modo che al presente s’e fortificata.111 In einem Überblick zu
den wichtigsten Festungen an der osmanischen Grenze, wie er mit den »Angielini«-
Atlanten gegeben und wahrscheinlich auch intendiert gewesen ist, mussten die maß-
geblichen Standorte für die strategisch-militärischen Planungen, neben Wien Graz
108 Zu verweisen ist nicht nur auf den »Albertinischen Plan« von Wien, sondern auch auf eine Reihe von
Zeugnissen der frühen italienischen Kartografie, siehe dazu oben S. 111–126.
109 Siehe dazu S.
190 mit Anm. 255.
– Dass der Wiener Stadtrat für kartografisches Material hohes Inter-
esse zeigte, ist in jedem Fall hervor zu streichen. Dies galt nicht bloß für Planmaterial im Hinblick auf
die eigene Stadt, dies ging weit darüber hinaus. Zu einer 1566 für die Ratsstube erworbenen Ungarn-
karte, für deren farbige Ausgestaltung beachtliche Mittel aufgewendet wurden, siehe oben S.
105 f. mit
Anmm. 16‒20.
110 Siehe dazu schon oben S. 106 Anm. 21.
111 Es handelt sich um den Plan des Domenico Zenoi, siehe unten Anhang 9.7, S. 488 Nr. 18. – Zu den
in Italien während des 16. Jh.s veröffentlichten Atlanten vgl. die Zusammenstellung bei Tooley, Maps
in Italian Atlases, 12–47.
Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Titel
- Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
- Untertitel
- Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Autoren
- Ferdinand Opll
- Heike Krause
- Christoph Sonnlechner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20210-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 586
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Inhalt
- Einleitung 9
- Die Angielinis, ihr Werk und Wirken 10
- Wien als Festungsstadt 13
- Terminologie und Onomastik 14
- Internet 16
- Abbildungen 17
- Dank 17
- 1 Die Familie Angielini und ihr kartografisches Schaffen 21
- 1.1 Biografisches 21
- 1.2 Das beruflich-persönliche Umfeld der Angielinis 38
- 1.3 Das kartografische Werk der Familie Angielini 44
- 1.4 Die Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten in Wien, Dresden und Karlsruhe 51
- 1.5 Exkurs : Die in den fünf »Angielini«-Atlanten vorkommenden Wasserzeichen 52
- 1.6 Analyse und Autopsie der fünf »Angielini«-Atlanten 59
- 2 Der in den »Angielini«-Atlanten erfasste Raum 87
- 3 Der ungarische Raum und die Stadt Wien in frühen kartografischen Zeugnissen 101
- 4 Der frühneuzeitliche Festungsbau in Theorie und Praxis 127
- 5 Wien wird Festungsstadt – Der Ausbau nach der Belagerung von 1529 bis in die Mitte der 1560er Jahre 147
- 5.1 Die fortifikatorischen Folgen der Ersten Türkenbelagerung von Wien im Jahr 1529 147
- 5.2 Der Festungsbau aus umwelthistorischer Perspektive 197
- 6 Autopsie und Kontextualisierung der drei »Angielini«-Pläne von Wien 221
- 6.1 Das weitere Umfeld – eine Annäherung an die Stadt 221
- 6.2 Die unmittelbare Umgebung der Stadt 228
- 6.3 Die Befestigung 250
- 6.3.1 Bastei bei dem Burgtor 252
- 6.3.2 Bastei zwischen Burg- und Schottentor 255
- 6.3.3 Bastei beim Schottentor 258
- 6.3.4 Elendbastei 261
- 6.3.5 Arsenal und Reste der mittelalterlichen Stadtmauer 263
- 6.3.6 Neutorbastei 267
- 6.3.7 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Werdertor und Piattaforma samt neuer Kurtine 268
- 6.3.8 Piattaforma 268
- 6.3.9 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Piattaforma und Biberbastei 270
- 6.3.10 Biberbastei 272
- 6.3.11 Bastei bei den Predigern 274
- 6.3.12 Stubentor und angrenzende Kurtinen 277
- 6.3.13 Untere Paradeisbastei 278
- 6.3.14 Unteres Zeughaus auf der Seilerstätte 281
- 6.3.15 Obere Paradeisbastei 282
- 6.3.16 Bastei beim Kärntner Tor 286
- 6.3.17 Mittelalterliche Stadtmauer und sogenannter Augustinerturm 290
- 6.3.18 Stadtgraben 292
- 6.3.19 Resümee 293
- 6.4 Das Stadtinnere 294
- 7 Zusammenfassung und Summary 305
- 8 Tafeln 313
- 9 Anhang 325
- 9.1 Die mit dem kartografischen Schaffen der Familie Angielini in Verbindung stehenden kartografischen Darstellungen 325
- 9.2 Anzahl der in den »Angielini«-Atlanten enthaltenen Stadtpläne, Festungsgrundrisse und -schrägansichten 457
- 9.3 Reihenfolge der in den Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten enthaltenen kartografischen Darstellungen 459
- 9.4 Konkordanz der in den Stadtplänen, Festungsgrundrissen und -schrägansichten der »Angielini«-Atlanten verwendeten Ortsnamen 462
- 9.5 Italienische Festungsbaumeister des 16. Jahrhunderts (bis ca. 1580) und ihre Einsatzgebiete im habsburgisch-osmanischen Grenzbereich 466
- 9.6 Festungsbautraktate des 15. und 16. Jahrhunderts und ihre Autoren 479
- 9.7 Chronologisches Verzeichnis der im Buch häufig verwendeten Wien-Pläne und Wien-Ansichten (15.‒18. Jahrhundert) 483
- 10 Glossar 494
- 11 Verzeichnisse 499