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152 | Heike Krause
der König über den Stand der Arbeiten an einer neuen »Bastei« beim Schottentor (später
auch Schotten- oder Mölkerbastei genannt) und den finanziellen Status quo unterrich-
tet.33 Unter den beratschlagenden Personen werden Jeronime de Sara, Hans Haug, Johann
Tscherte sowie deutsche und welsche Bau- und Büchsenmeister genannt. Offenbar hatte
man mittlerweile bereits entsprechende Experten zu Rate gezogen.34
1531 beschäftigte man sich schon mit dem Problem, ein freies Schussfeld vor
dem Graben (das spätere Glacis) zu schaffen, um einem angreifenden Feind keine
Deckungs möglichkeiten zu bieten. Daher war es notwendig, Überlegungen anzustel-
len, wo die hier ansässigen Gewerbetreibenden, die für die Ausübung ihres Beru-
fes Fließwasser benötigten und nicht in der Stadt untergebracht werden konnten,
angesiedelt werden sollten. Man schlug vor, sie mögen sich in der Scheffstraße am
stadtseitigen Ufer des Wienflusses zwischen Stubentor und Donau niederlassen, wo
sie jedoch nur Holzbauten errichten durften,35 die im Ernstfall schnell niedergeris-
sen werden konnten und die Befestigung nicht beeinträchtigen sollten. Ursprünglich
sollten in einer Zone von 50 Klaftern vor dem Stadtgraben keinerlei Bauten errichtet
werden dürfen.36
Ab Oktober 1531 kam es erneut zu Finanzierungsengpässen, sodass die Gefahr
bestand, dass die angefangenen »Basteien« vor der Burg und neben dem Schottentor
sowie die Aufführung der Mauern und die Räumung des Grabens ins Stocken geraten
könnten. Ferdinand I. versuchte 1532, finanzielle Mittel im Reich und in den Erblan-
den zu akquirieren.37
Über das genaue Aussehen und über bauliche Details dieser frühen »Basteien« wer-
den wir kaum unterrichtet. Aufgrund der unzureichenden Erfahrung, die man hierzu-
lande besaß, dürften die ersten Bollwerke wohl recht mangelhaft gewesen sein. Daher
wurden Planung und Durchführung der Arbeiten fortan vor allem italienischen Fach-
leuten anvertraut. Es ist nur in wenigen Fällen möglich, die Baumeister und Festungs-
bauingenieure namhaft zu machen sowie ihre konkreten Aufgaben und Planungen
zu erschließen. Von 1531 bis 1536 kommt Dominicus de Boloniae (Domenico da Bo-
logna, auch Domenicus de Bononia) als vom König bestellter Baumeister zu Wien in
Schriftquellen vor. Woran genau er arbeitete, bleibt unbekannt.38 1532 sollten ihm die
33 FHKA NÖHA W 61/C/3/A, 1531 Juni 29, fol. 143r ; Camesina, ebd., 54 Nr. IV.
34 Camesina, ebd., 55 Nr. V.
35 Camesina, ebd., 55 Nr. V.
36 KA HKR Akten 2, Expedit 119, 1558 Februar, fol. 303r ; weitere Belege bei Eberle, Wien als Festung,
261 f. – Siehe dazu auch hier im Buch bei der Autopsie der Wien-Pläne, S. 233.
37 Hummelberger/Peball, Befestigungen, 29–31.
38 FHKA AHK, Gedenkbuch 37, fol. 126v ; FHKA Hoffinanzprotokolle 1532 (W 181), pag. 53 ; Bestell-
brief für Domenicus de Bononia vom 5. September 1533, FHKA AHK, Gedenkbuch 33, fol. 333 ;
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Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Titel
- Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
- Untertitel
- Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Autoren
- Ferdinand Opll
- Heike Krause
- Christoph Sonnlechner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20210-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 586
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Inhalt
- Einleitung 9
- Die Angielinis, ihr Werk und Wirken 10
- Wien als Festungsstadt 13
- Terminologie und Onomastik 14
- Internet 16
- Abbildungen 17
- Dank 17
- 1 Die Familie Angielini und ihr kartografisches Schaffen 21
- 1.1 Biografisches 21
- 1.2 Das beruflich-persönliche Umfeld der Angielinis 38
- 1.3 Das kartografische Werk der Familie Angielini 44
- 1.4 Die Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten in Wien, Dresden und Karlsruhe 51
- 1.5 Exkurs : Die in den fünf »Angielini«-Atlanten vorkommenden Wasserzeichen 52
- 1.6 Analyse und Autopsie der fünf »Angielini«-Atlanten 59
- 2 Der in den »Angielini«-Atlanten erfasste Raum 87
- 3 Der ungarische Raum und die Stadt Wien in frühen kartografischen Zeugnissen 101
- 4 Der frühneuzeitliche Festungsbau in Theorie und Praxis 127
- 5 Wien wird Festungsstadt – Der Ausbau nach der Belagerung von 1529 bis in die Mitte der 1560er Jahre 147
- 5.1 Die fortifikatorischen Folgen der Ersten Türkenbelagerung von Wien im Jahr 1529 147
- 5.2 Der Festungsbau aus umwelthistorischer Perspektive 197
- 6 Autopsie und Kontextualisierung der drei »Angielini«-Pläne von Wien 221
- 6.1 Das weitere Umfeld – eine Annäherung an die Stadt 221
- 6.2 Die unmittelbare Umgebung der Stadt 228
- 6.3 Die Befestigung 250
- 6.3.1 Bastei bei dem Burgtor 252
- 6.3.2 Bastei zwischen Burg- und Schottentor 255
- 6.3.3 Bastei beim Schottentor 258
- 6.3.4 Elendbastei 261
- 6.3.5 Arsenal und Reste der mittelalterlichen Stadtmauer 263
- 6.3.6 Neutorbastei 267
- 6.3.7 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Werdertor und Piattaforma samt neuer Kurtine 268
- 6.3.8 Piattaforma 268
- 6.3.9 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Piattaforma und Biberbastei 270
- 6.3.10 Biberbastei 272
- 6.3.11 Bastei bei den Predigern 274
- 6.3.12 Stubentor und angrenzende Kurtinen 277
- 6.3.13 Untere Paradeisbastei 278
- 6.3.14 Unteres Zeughaus auf der Seilerstätte 281
- 6.3.15 Obere Paradeisbastei 282
- 6.3.16 Bastei beim Kärntner Tor 286
- 6.3.17 Mittelalterliche Stadtmauer und sogenannter Augustinerturm 290
- 6.3.18 Stadtgraben 292
- 6.3.19 Resümee 293
- 6.4 Das Stadtinnere 294
- 7 Zusammenfassung und Summary 305
- 8 Tafeln 313
- 9 Anhang 325
- 9.1 Die mit dem kartografischen Schaffen der Familie Angielini in Verbindung stehenden kartografischen Darstellungen 325
- 9.2 Anzahl der in den »Angielini«-Atlanten enthaltenen Stadtpläne, Festungsgrundrisse und -schrägansichten 457
- 9.3 Reihenfolge der in den Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten enthaltenen kartografischen Darstellungen 459
- 9.4 Konkordanz der in den Stadtplänen, Festungsgrundrissen und -schrägansichten der »Angielini«-Atlanten verwendeten Ortsnamen 462
- 9.5 Italienische Festungsbaumeister des 16. Jahrhunderts (bis ca. 1580) und ihre Einsatzgebiete im habsburgisch-osmanischen Grenzbereich 466
- 9.6 Festungsbautraktate des 15. und 16. Jahrhunderts und ihre Autoren 479
- 9.7 Chronologisches Verzeichnis der im Buch häufig verwendeten Wien-Pläne und Wien-Ansichten (15.‒18. Jahrhundert) 483
- 10 Glossar 494
- 11 Verzeichnisse 499