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Wien wird Festungsstadt – Der Ausbau nach der Belagerung von 1529 bis in die Mitte der 1560er Jahre | 157
tei.63 Wahrscheinlich ist mit diesem Bauwerk die der Stadtmauer vorgelagerte Platt-
form mit annähernd rechteckigem Grundriss gemeint, die Bonifaz Wolmuet in seinem
Plan von 1547 (unten Anhang 9.7, S. 484 Nr. 6 sowie unten nach S. 312 Tafel 8) zeigt.64
Auch Daniel Specklin berichtet über diesen Bau und bildet ihn als vorgelagerte nied-
rige Plattform mit annähernd quadratischem Grundriss ab. Sie liege am Eck bei der
Schlagbrücke. Hier konnte Wasser der Donau in den Stadtgraben bis auf die Höhe des
Stubentores geführt werden. Specklin unterbreitet auch einen Verbesserungsvorschlag
für diese Bastei.65 Der Mathematiker und Kartograf Tilemann Stella beschrieb als
Reise begleiter des Herzogs Johann Albrecht I. von Mecklenburg in seinem Tagebuch
aus dem Jahr 1560 die Stadtbefestigung und fügte darin auch Abbildungen hinzu.66 Er
sah noch die alte Biberbastei (auch als Untere Eckbastei im Sauwinkel bezeichnet), die
er als schlecht und nicht groß charakterisierte, und bildete sie ab.67
1537 beschwerten sich der Bürgermeister und der Rat der Stadt bei Ferdinand I., dass
die Stadtmauer beim Kärntner Tor noch immer defekt und durch Regengüsse weiter be-
schädigt worden sei. Zudem seien durch den Starkregen und das dadurch entstandene
Hochwasser die Donaubrücken weggerissen worden.68 Im Oktober desselben Jahres
wurde auf dem Wall bei der Heynersbastei inwendig Erde aufgebracht und an dieser
Stelle am inneren und äußeren Wall bei der Stadtmauer gearbeitet.69 An dieser Bastei, die
auch als »Wasenbastei« bezeichnet und nach dem Wiener Bürger Wolfgang Heyner be-
nannt wurde, arbeitete man vorwiegend in den Jahren 153870 und 1539.71 Die königlichen
63 WStLA, Oberkammeramt, B1/1. Reihe, OKAR 1536, Ausgaben : fol. 18v ; 1537/38, Ausgaben fol. 15r,
fol. 17v, fol. 18r/v, fol. 19r.
64 Die Erdplattform, die Wolmuet beim Biberturm innerhalb der Stadtmauer darstellt, dürfte die von Pau-
lus Pesl in seinem Bericht über die Erste Türkenbelagerung (ÖNB Cod. 8019 Han, fol. 142v) als großes
angeschüttetes Bollwerk im Eck beim Biberturm bezeichnete gewesen sein.
65 Specklin, Codex Mathematicus (wie oben Anm. 15), fol. 9r und 23v/24r.
66 Opll, Tilemann Stella, 321–360.
67 WStLA, Fotosammlung, Fotosammlung allgemein, A 463 unfoliiert. Opll, ebd., 343 Abb. 9.
68 FHKA NÖHA W 61/C/3/A (818), 1537 Jänner 22, fol. 229r.
69 WStLA, Oberkammeramt, B1/1. Reihe, OKAR 1537 : Ausgaben, fol. 15v und 16v.
70 WStLA, Oberkammeramt, B1/1. Reihe, OKAR 1538 : Ausgaben, fol. 20r : Die Wasenbastei (Heyners-
bastei) ist durch das Regenwetter in schlechtem Zustand, sodass sie reparaturbedürftig ist. Fol. 23r/v : Es
wurde an der Grundfeste der Bastei gearbeitet, die man Heyners passtein nennt und ihre abgefallene Be-
schüttung aus dem Graben geräumt. Fol. 25v : Wiederum werden Arbeiten an der Grundfeste genannt,
wofür man »Böhmen« bezahlte.
71 Perger, Straßen, 154 s. v. Wasserkunstbastei : Heyner hatte erhebliche finanzielle Mittel dem Befes-
tigungsbau gewidmet. Als Heiners pasthei zvebeteren (zu verbessern) bezeichnet Augustin Hirschvogel
in seinem Plan der Stadt Wien von 1547/49 diejenige Bastei, an deren Stelle die Obere Paradeisbas-
tei entstand. Zum Ausbau siehe : Eberle, Wien als Festung, 221 Anm. 7 ; WStLA, Oberkammeramt,
B1/1. Reihe, OKAR 1539 : Ausgaben, fol. 22r : 1539 zahlte man Leonhard Laugkh für das Graben einer
Grundfeste bei der Heynerbastei.
Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Titel
- Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
- Untertitel
- Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Autoren
- Ferdinand Opll
- Heike Krause
- Christoph Sonnlechner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20210-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 586
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Inhalt
- Einleitung 9
- Die Angielinis, ihr Werk und Wirken 10
- Wien als Festungsstadt 13
- Terminologie und Onomastik 14
- Internet 16
- Abbildungen 17
- Dank 17
- 1 Die Familie Angielini und ihr kartografisches Schaffen 21
- 1.1 Biografisches 21
- 1.2 Das beruflich-persönliche Umfeld der Angielinis 38
- 1.3 Das kartografische Werk der Familie Angielini 44
- 1.4 Die Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten in Wien, Dresden und Karlsruhe 51
- 1.5 Exkurs : Die in den fünf »Angielini«-Atlanten vorkommenden Wasserzeichen 52
- 1.6 Analyse und Autopsie der fünf »Angielini«-Atlanten 59
- 2 Der in den »Angielini«-Atlanten erfasste Raum 87
- 3 Der ungarische Raum und die Stadt Wien in frühen kartografischen Zeugnissen 101
- 4 Der frühneuzeitliche Festungsbau in Theorie und Praxis 127
- 5 Wien wird Festungsstadt – Der Ausbau nach der Belagerung von 1529 bis in die Mitte der 1560er Jahre 147
- 5.1 Die fortifikatorischen Folgen der Ersten Türkenbelagerung von Wien im Jahr 1529 147
- 5.2 Der Festungsbau aus umwelthistorischer Perspektive 197
- 6 Autopsie und Kontextualisierung der drei »Angielini«-Pläne von Wien 221
- 6.1 Das weitere Umfeld – eine Annäherung an die Stadt 221
- 6.2 Die unmittelbare Umgebung der Stadt 228
- 6.3 Die Befestigung 250
- 6.3.1 Bastei bei dem Burgtor 252
- 6.3.2 Bastei zwischen Burg- und Schottentor 255
- 6.3.3 Bastei beim Schottentor 258
- 6.3.4 Elendbastei 261
- 6.3.5 Arsenal und Reste der mittelalterlichen Stadtmauer 263
- 6.3.6 Neutorbastei 267
- 6.3.7 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Werdertor und Piattaforma samt neuer Kurtine 268
- 6.3.8 Piattaforma 268
- 6.3.9 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Piattaforma und Biberbastei 270
- 6.3.10 Biberbastei 272
- 6.3.11 Bastei bei den Predigern 274
- 6.3.12 Stubentor und angrenzende Kurtinen 277
- 6.3.13 Untere Paradeisbastei 278
- 6.3.14 Unteres Zeughaus auf der Seilerstätte 281
- 6.3.15 Obere Paradeisbastei 282
- 6.3.16 Bastei beim Kärntner Tor 286
- 6.3.17 Mittelalterliche Stadtmauer und sogenannter Augustinerturm 290
- 6.3.18 Stadtgraben 292
- 6.3.19 Resümee 293
- 6.4 Das Stadtinnere 294
- 7 Zusammenfassung und Summary 305
- 8 Tafeln 313
- 9 Anhang 325
- 9.1 Die mit dem kartografischen Schaffen der Familie Angielini in Verbindung stehenden kartografischen Darstellungen 325
- 9.2 Anzahl der in den »Angielini«-Atlanten enthaltenen Stadtpläne, Festungsgrundrisse und -schrägansichten 457
- 9.3 Reihenfolge der in den Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten enthaltenen kartografischen Darstellungen 459
- 9.4 Konkordanz der in den Stadtplänen, Festungsgrundrissen und -schrägansichten der »Angielini«-Atlanten verwendeten Ortsnamen 462
- 9.5 Italienische Festungsbaumeister des 16. Jahrhunderts (bis ca. 1580) und ihre Einsatzgebiete im habsburgisch-osmanischen Grenzbereich 466
- 9.6 Festungsbautraktate des 15. und 16. Jahrhunderts und ihre Autoren 479
- 9.7 Chronologisches Verzeichnis der im Buch häufig verwendeten Wien-Pläne und Wien-Ansichten (15.‒18. Jahrhundert) 483
- 10 Glossar 494
- 11 Verzeichnisse 499