Seite - 170 - in Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert - Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
Bild der Seite - 170 -
Text der Seite - 170 -
170 | Heike Krause
der als tief bezeichneten Baugrube so viel Wasser, dass die Maurerarbeiten vorläufig
eingestellt werden mussten.154 1550/51 sollte der Bau bis an den Kranz (= obere Mau-
erkrone) fertiggestellt werden. Zahlreiche Steinmetze aus Deutschland und Oberita-
lien fertigten Werksteine an.155 Francesco de Pozo und seine Brüder Johann Maria
und Bartolomeo baten 1550 und 1551 darum, die aufgrund des schlechten Wetters
aufgelaufenen höheren Unkosten ersetzt zu bekommen, was jedoch abgelehnt wur-
de.156 Im September 1551 wird Francesco schließlich ein Darlehen von 200 Gulden
nachgelassen.157 Bereits 1548 hatte Pozo sich von der Stadt Wien 50 Gulden gelie-
hen, deren Rückzahlung ihm erst 1558 aufgrund seiner Verdienste erlassen wurde.158
Noch 1551 kam es zu starken Setzungserscheinungen und damit zu statischen Prob-
lemen im Bereich der Kasematten. Der Schaden an den drei Hauptpfeilern im großen
Gewölbe zwischen den beiden Kasematten wurde begutachtet. Die Meister Sigmund
de Pratovecchio von Pisa, Francesco de Pozo, Benedikt Kölbl, Bonifaz Wolmuet,
Mert Haubitt,159 Leonhard Eykl, Johann Tscherte, Zahlmeister Paul Schobinger so-
wie Maurermeister Hans Karanckho nahmen daran teil.160 Hermes Schallautzer be-
richtete von den Ergebnissen. Von den Sanierungsvorschlägen liegen entsprechende
Pläne vor (Abb. 20‒23).161 Die italienischen Baumeister Sigmund de Pratovecchio von
Pisa und Francesco de Pozo wollten die Pfeiler mit Quadersteinen aus dem Dorn-
bacher Steinbruch verstärken und das weiche Erdreich herausräumen lassen, um
eine Mauer aufzuziehen, wobei das feste Erdreich unter den Gewölben unangetastet
bleiben sollte. Leonhard Eykl schlug vor, die Pfeiler zuerst mit Eisen zu umfangen
154 FHKA NÖHA W 61/C/3/A, 1549 Juni 9, fol. 363r.
155 Camesina, Urkundliche Beiträge, 69 f. Nr. XVII.
156 FHKA Hoffinanzprotokolle E 1550 (W 203), fol. 15r, 97r. – Auch in FHKA NÖK ER 1550-1, fol.
48r, 78r/v, 93r, 208r, 1550-2, fol. 174r geht es um Supplikationen Pozos bzw. seiner Brüder im Jahr
1550, darüber hinaus in : FHKA NÖHA W 61/C/3/B, 1551 [ohne Datum], fol. 426 f.; FHKA AHK,
Gedenkbuch 64, fol. 708v.
157 FHKA AHK, Gedenkbuch 67, fol. 308v–309r.
158 Uhlirz, Urkunden und Regesten, LVIII, Nr. 15738 und LXXII, Nr. 15764.
159 Ein Mert Haubitz scheint 1554 als Steinmetz zu Eggenburg auf. Er kommt zudem in den städtischen
Oberkammeramtsrechnungen in Zusammenhang mit einer noch ausstehenden Strafgeldzahlung
(peen fall) vor, vgl. Uhlirz, Urkunden und Regesten, LXV Nr. 15751, fol. 165v bzw. LVIII, Nr. 15738,
fol. 173v.
160 FHKA NÖHA W61/C/3/B, 1551 Februar 26.
161 FHKA KS Rb 636/1–5. Der Plan Rb 636/1 stammt von Francesco de Pozo (questo e il parere di franco
pozo manu propria), der Vorschlag in Rb 636/2–3 von Sigmund de Pratovecchio in italienischer Spra-
che ; Rb 636/4–5 ist der Vorschlag der Deutschen, ebenso in italienischer Sprache ; FHKA W 61 C 3,
3, fol. 400r mit einer in deutscher Sprache beschrifteten Aufrissskizze. Der sanierte große und gewölbte
Raum mit den Pfeilern blieb bis zuletzt bestehen, wie aus dem Uibersichts Plan sämmtlicher Souterrains
in den Umfassungs-Mauern Wiens von 1849 ersichtlich wird (KA KPS KVIIe 183E).
Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Titel
- Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
- Untertitel
- Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Autoren
- Ferdinand Opll
- Heike Krause
- Christoph Sonnlechner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20210-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 586
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Inhalt
- Einleitung 9
- Die Angielinis, ihr Werk und Wirken 10
- Wien als Festungsstadt 13
- Terminologie und Onomastik 14
- Internet 16
- Abbildungen 17
- Dank 17
- 1 Die Familie Angielini und ihr kartografisches Schaffen 21
- 1.1 Biografisches 21
- 1.2 Das beruflich-persönliche Umfeld der Angielinis 38
- 1.3 Das kartografische Werk der Familie Angielini 44
- 1.4 Die Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten in Wien, Dresden und Karlsruhe 51
- 1.5 Exkurs : Die in den fünf »Angielini«-Atlanten vorkommenden Wasserzeichen 52
- 1.6 Analyse und Autopsie der fünf »Angielini«-Atlanten 59
- 2 Der in den »Angielini«-Atlanten erfasste Raum 87
- 3 Der ungarische Raum und die Stadt Wien in frühen kartografischen Zeugnissen 101
- 4 Der frühneuzeitliche Festungsbau in Theorie und Praxis 127
- 5 Wien wird Festungsstadt – Der Ausbau nach der Belagerung von 1529 bis in die Mitte der 1560er Jahre 147
- 5.1 Die fortifikatorischen Folgen der Ersten Türkenbelagerung von Wien im Jahr 1529 147
- 5.2 Der Festungsbau aus umwelthistorischer Perspektive 197
- 6 Autopsie und Kontextualisierung der drei »Angielini«-Pläne von Wien 221
- 6.1 Das weitere Umfeld – eine Annäherung an die Stadt 221
- 6.2 Die unmittelbare Umgebung der Stadt 228
- 6.3 Die Befestigung 250
- 6.3.1 Bastei bei dem Burgtor 252
- 6.3.2 Bastei zwischen Burg- und Schottentor 255
- 6.3.3 Bastei beim Schottentor 258
- 6.3.4 Elendbastei 261
- 6.3.5 Arsenal und Reste der mittelalterlichen Stadtmauer 263
- 6.3.6 Neutorbastei 267
- 6.3.7 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Werdertor und Piattaforma samt neuer Kurtine 268
- 6.3.8 Piattaforma 268
- 6.3.9 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Piattaforma und Biberbastei 270
- 6.3.10 Biberbastei 272
- 6.3.11 Bastei bei den Predigern 274
- 6.3.12 Stubentor und angrenzende Kurtinen 277
- 6.3.13 Untere Paradeisbastei 278
- 6.3.14 Unteres Zeughaus auf der Seilerstätte 281
- 6.3.15 Obere Paradeisbastei 282
- 6.3.16 Bastei beim Kärntner Tor 286
- 6.3.17 Mittelalterliche Stadtmauer und sogenannter Augustinerturm 290
- 6.3.18 Stadtgraben 292
- 6.3.19 Resümee 293
- 6.4 Das Stadtinnere 294
- 7 Zusammenfassung und Summary 305
- 8 Tafeln 313
- 9 Anhang 325
- 9.1 Die mit dem kartografischen Schaffen der Familie Angielini in Verbindung stehenden kartografischen Darstellungen 325
- 9.2 Anzahl der in den »Angielini«-Atlanten enthaltenen Stadtpläne, Festungsgrundrisse und -schrägansichten 457
- 9.3 Reihenfolge der in den Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten enthaltenen kartografischen Darstellungen 459
- 9.4 Konkordanz der in den Stadtplänen, Festungsgrundrissen und -schrägansichten der »Angielini«-Atlanten verwendeten Ortsnamen 462
- 9.5 Italienische Festungsbaumeister des 16. Jahrhunderts (bis ca. 1580) und ihre Einsatzgebiete im habsburgisch-osmanischen Grenzbereich 466
- 9.6 Festungsbautraktate des 15. und 16. Jahrhunderts und ihre Autoren 479
- 9.7 Chronologisches Verzeichnis der im Buch häufig verwendeten Wien-Pläne und Wien-Ansichten (15.‒18. Jahrhundert) 483
- 10 Glossar 494
- 11 Verzeichnisse 499