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202 | Christoph Sonnlechner
Etliche Zeit später, am 26. Mai, erwähnt Eiseler in einem Schreiben an Maximilian
II.
dreimal khlain Wasser, also einen niedrigen Grundwasserspiegel, als Rahmenbedin-
gung für einen vernünftigen Personaleinsatz. Ein niedriger Grundwasserspiegel war
ganz offensichtlich Voraussetzung für guten Baufortschritt. Sicherlich diente er jeden-
falls als ein bedeutendes Argument für das Einwerben von Geld von Kaiser und König.
Ein deutlicher Hinweis, dass ein niedriger Wasserspiegel mehr als nur eine bequemes
Argument war, findet sich in einem Anhang zu demselben Schreiben, in dem Details
der zum Bau benötigten Ressourcen angeführt werden. 580 Gulden sollten für die
Ziegelproduktion bereitgestellt werden, sodass im Herbst Ziegelvorräte zur Verfügung
stehen könnten, wenn der Grundwasserspiegel geringer sein dürfte.309
An die Stelle der viereckigen, vor die Stadtmauerecke vorspringenden Plattform
»Biberbastei« trat ein größerer Neubau, dessen Errichtung sich von 1561 bis 1563
erstreckte. Die Fundamentierungsarbeiten erwiesen sich aufgrund des hohen Grund-
wasserstandes wegen der Nähe zum Donauarm als schwierig.310 Auch hier musste
fortwährend Wasser geschöpft werden.
Die Arbeiten an den Befestigungen in der Nähe des Flusses waren an dessen Rhyth-
mus gebunden. Der Grundwasserspiegel und seine Saisonalität bestimmten, wann die
Arbeit getan werden konnte. Dies stellte die Bauverantwortlichen vor ein großes Prob-
lem : Sollte man Mitarbeiter bei hohem Wasserstand entlassen und darauf hoffen, dass
sie später wieder verfügbar wären und dann neu einstellen, oder sollte man sie halten
und bezahlen, um flexibel zu sein ? Maximilian II. selbst griff in einem Brief an seinen
kaiserlichen Vater am 2. Juni 1562 das Argument Eiselers auf und plädierte für das
Halten der Arbeitskräfte. Er bezweifelte, dass man Arbeiter, insbesondere Maurer, im
Herbst, wenn das Wasser niedriger wäre, verpflichten könne, wenn man sie nun entlas-
sen würde. Man könnte vielleicht ein wenig Geld sparen, würde aber eine beträchtliche
Verzögerung bei den Befestigungsarbeiten in Kauf nehmen.311
Etwas mehr als ein Jahr später stellte Eiseler ein »Memorial« zusammen, in dem er
in etlichen Punkten Details zu mehreren Teilen der Festung und den damit zusam-
menhängenden Fragen anführte. In dem Memorial wird der Übergangscharakter von
Brücken deutlich, wenn Eiseler nüchtern festhält, dass dann schlecht mann uber die Thu-
17. Mai 1562 wiedergegeben : […] damit, wen nun die wasser khlain, die grunduessten bey der Thuena, aus
den wasser zusam pracht mochten werden, der jch mit gottes hilff so die gelegenhaydt khlaines wasser gäbe,
jnnerhalb acht wochen verichten, derhalben so wierdt zu derselbigen zeitn so sich vngeuerlich, jm September
oder October, je früer, vnd je spetter schickeht das die Thuena khlain, wierd hoch vonnöten sein an den verlas
zu solichen gelegenhaydt, gar khain mangl erschein, […]. Camesina, ebd., 78 Nr. XXV.
309 Camesina, ebd., 81 Nr. XXVIII.
310 Eberle, Wien als Festung, 230.
311 Camesina, Urkundliche Beiträge, 81 f. Nr. XXIX.
Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Titel
- Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
- Untertitel
- Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Autoren
- Ferdinand Opll
- Heike Krause
- Christoph Sonnlechner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20210-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 586
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Inhalt
- Einleitung 9
- Die Angielinis, ihr Werk und Wirken 10
- Wien als Festungsstadt 13
- Terminologie und Onomastik 14
- Internet 16
- Abbildungen 17
- Dank 17
- 1 Die Familie Angielini und ihr kartografisches Schaffen 21
- 1.1 Biografisches 21
- 1.2 Das beruflich-persönliche Umfeld der Angielinis 38
- 1.3 Das kartografische Werk der Familie Angielini 44
- 1.4 Die Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten in Wien, Dresden und Karlsruhe 51
- 1.5 Exkurs : Die in den fünf »Angielini«-Atlanten vorkommenden Wasserzeichen 52
- 1.6 Analyse und Autopsie der fünf »Angielini«-Atlanten 59
- 2 Der in den »Angielini«-Atlanten erfasste Raum 87
- 3 Der ungarische Raum und die Stadt Wien in frühen kartografischen Zeugnissen 101
- 4 Der frühneuzeitliche Festungsbau in Theorie und Praxis 127
- 5 Wien wird Festungsstadt – Der Ausbau nach der Belagerung von 1529 bis in die Mitte der 1560er Jahre 147
- 5.1 Die fortifikatorischen Folgen der Ersten Türkenbelagerung von Wien im Jahr 1529 147
- 5.2 Der Festungsbau aus umwelthistorischer Perspektive 197
- 6 Autopsie und Kontextualisierung der drei »Angielini«-Pläne von Wien 221
- 6.1 Das weitere Umfeld – eine Annäherung an die Stadt 221
- 6.2 Die unmittelbare Umgebung der Stadt 228
- 6.3 Die Befestigung 250
- 6.3.1 Bastei bei dem Burgtor 252
- 6.3.2 Bastei zwischen Burg- und Schottentor 255
- 6.3.3 Bastei beim Schottentor 258
- 6.3.4 Elendbastei 261
- 6.3.5 Arsenal und Reste der mittelalterlichen Stadtmauer 263
- 6.3.6 Neutorbastei 267
- 6.3.7 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Werdertor und Piattaforma samt neuer Kurtine 268
- 6.3.8 Piattaforma 268
- 6.3.9 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Piattaforma und Biberbastei 270
- 6.3.10 Biberbastei 272
- 6.3.11 Bastei bei den Predigern 274
- 6.3.12 Stubentor und angrenzende Kurtinen 277
- 6.3.13 Untere Paradeisbastei 278
- 6.3.14 Unteres Zeughaus auf der Seilerstätte 281
- 6.3.15 Obere Paradeisbastei 282
- 6.3.16 Bastei beim Kärntner Tor 286
- 6.3.17 Mittelalterliche Stadtmauer und sogenannter Augustinerturm 290
- 6.3.18 Stadtgraben 292
- 6.3.19 Resümee 293
- 6.4 Das Stadtinnere 294
- 7 Zusammenfassung und Summary 305
- 8 Tafeln 313
- 9 Anhang 325
- 9.1 Die mit dem kartografischen Schaffen der Familie Angielini in Verbindung stehenden kartografischen Darstellungen 325
- 9.2 Anzahl der in den »Angielini«-Atlanten enthaltenen Stadtpläne, Festungsgrundrisse und -schrägansichten 457
- 9.3 Reihenfolge der in den Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten enthaltenen kartografischen Darstellungen 459
- 9.4 Konkordanz der in den Stadtplänen, Festungsgrundrissen und -schrägansichten der »Angielini«-Atlanten verwendeten Ortsnamen 462
- 9.5 Italienische Festungsbaumeister des 16. Jahrhunderts (bis ca. 1580) und ihre Einsatzgebiete im habsburgisch-osmanischen Grenzbereich 466
- 9.6 Festungsbautraktate des 15. und 16. Jahrhunderts und ihre Autoren 479
- 9.7 Chronologisches Verzeichnis der im Buch häufig verwendeten Wien-Pläne und Wien-Ansichten (15.‒18. Jahrhundert) 483
- 10 Glossar 494
- 11 Verzeichnisse 499