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214 | Christoph Sonnlechner
und den Holzhandel für drei Jahre den Bürgern bestandsweise zu überlassen. Diese
hätten aber weder den Bestandszins noch für die übergebenen Vorräte bezahlt. Man
habe ihnen alles nachgelassen. Außerdem hätten sie die Produktionsmittel total ver-
schlissen und abgenützt. Sie hätten weder investiert, noch Ziegelstadel, Öfen, Ge-
stelle, Dächer, Erdgruben, Brunnen und alles Zugehörige erneuert. Die Stadt habe
es um etliche hundert Pfund Pfennig wieder herrichten lassen müssen. Dazu gab es
einen ständigen Abgang und Mängel bei den Ziegeln.352 1555 habe man sich mit dem
Bausuperintendenten Schallautzer auf Drängen der Ziegelproduzenten geeinigt, die
Kosten für Mauerziegel von 12 auf 13 Schilling zu erhöhen.353 Doch nun klagten die
Ziegelproduzenten und die Ziegelhändler erneut, dass der Preis zu ihrem Schaden und
Verderben führe. Damit der Bau nicht zum Stillstand komme und ein Mangel an Zie-
geln entstünde, habe die Stadt die Ziegelproduktion wieder in die eigenen Hände ge-
nommen, und zwar sowohl die Produktion als auch den Handel. Das geschah zu Ende
des Jahres 1556. Der Stadt sei daraus großer Schaden erwachsen.354 Anfang 1557 wur-
den die Model aller bürgerlichen Ziegelöfen mit dem normierten Eisenziegelmodel,
welches in der Stephanskirche eingemauert war, verglichen. Man habe befunden, dass
die Model zu klein waren. Daraufhin wurden neue, größere angefertigt, wie das auch
Schallautzer gefordert hatte, die für den Bau auch viel vorteilhafter seien.355 Nunmehr
seien alle Öfen mit dem größeren Model ausgestattet, was zu einer Preissteigerung pro
1.000 Stück auf 15 Schilling geführt habe. Die Wiener trügen 6 Schilling an Kosten
für die Produktion, das Brennen sowie den Transport von 1.000 Ziegeln zu den Öfen
und Häusern (= Position 2). Für die Produktion von 1.000 Ziegeln wird mindestens
ein Klafter Holz benötigt. Dieses müsse man, wie zuvor ausgeführt, aus mindestens
acht bis neun Meilen Distanz heranschaffen. Gemäß Beilage bedeutet das Unkosten
von 1 tal 15 den.356 Diese zwei Positionen auf 1.000 Ziegel umgelegt, bedeuten Un-
kosten von 1 tal 6 sol und 15 den.
352 FHKA NÖK ER 1559-1 (43), fol. 7r bis 8v : 14. August 1554. Anndre Wagner zu Handen des obers-
ten Superintendenten Hermes Schallautzer : Es handelt sich um eine Reaktion auf ein Ansuchen der
Wiener : Die Wiener produzieren zwar viele Ziegel, liefern aber nicht zum kaiserlichen gebeu. Sie sollen
gemäß der Abmachung also mehr liefern. Die Wiener liefern zu kleine Ziegel und diese zu teuer. Das
ist abzustellen. Private Ziegelproduzenten haben das Tausend um 15 Kreuzer gesteigert. Das möge von
der Stadt abgestellt werden.
353 Ebd., fol. 11r.: Einigung vom 22. Juni 1555.
354 Ebd., fol. 1v‒2r.
355 Mitchell, Mauerziegel, 22 f.; Krause, Zöglingstrakt, 172.
356 Das stimmt nicht ganz mit der Summe der Beilage A2 (wie oben Anm. 350) überein, die 1 tal 16 den
ausweist.
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Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Titel
- Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
- Untertitel
- Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Autoren
- Ferdinand Opll
- Heike Krause
- Christoph Sonnlechner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20210-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 586
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Inhalt
- Einleitung 9
- Die Angielinis, ihr Werk und Wirken 10
- Wien als Festungsstadt 13
- Terminologie und Onomastik 14
- Internet 16
- Abbildungen 17
- Dank 17
- 1 Die Familie Angielini und ihr kartografisches Schaffen 21
- 1.1 Biografisches 21
- 1.2 Das beruflich-persönliche Umfeld der Angielinis 38
- 1.3 Das kartografische Werk der Familie Angielini 44
- 1.4 Die Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten in Wien, Dresden und Karlsruhe 51
- 1.5 Exkurs : Die in den fünf »Angielini«-Atlanten vorkommenden Wasserzeichen 52
- 1.6 Analyse und Autopsie der fünf »Angielini«-Atlanten 59
- 2 Der in den »Angielini«-Atlanten erfasste Raum 87
- 3 Der ungarische Raum und die Stadt Wien in frühen kartografischen Zeugnissen 101
- 4 Der frühneuzeitliche Festungsbau in Theorie und Praxis 127
- 5 Wien wird Festungsstadt – Der Ausbau nach der Belagerung von 1529 bis in die Mitte der 1560er Jahre 147
- 5.1 Die fortifikatorischen Folgen der Ersten Türkenbelagerung von Wien im Jahr 1529 147
- 5.2 Der Festungsbau aus umwelthistorischer Perspektive 197
- 6 Autopsie und Kontextualisierung der drei »Angielini«-Pläne von Wien 221
- 6.1 Das weitere Umfeld – eine Annäherung an die Stadt 221
- 6.2 Die unmittelbare Umgebung der Stadt 228
- 6.3 Die Befestigung 250
- 6.3.1 Bastei bei dem Burgtor 252
- 6.3.2 Bastei zwischen Burg- und Schottentor 255
- 6.3.3 Bastei beim Schottentor 258
- 6.3.4 Elendbastei 261
- 6.3.5 Arsenal und Reste der mittelalterlichen Stadtmauer 263
- 6.3.6 Neutorbastei 267
- 6.3.7 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Werdertor und Piattaforma samt neuer Kurtine 268
- 6.3.8 Piattaforma 268
- 6.3.9 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Piattaforma und Biberbastei 270
- 6.3.10 Biberbastei 272
- 6.3.11 Bastei bei den Predigern 274
- 6.3.12 Stubentor und angrenzende Kurtinen 277
- 6.3.13 Untere Paradeisbastei 278
- 6.3.14 Unteres Zeughaus auf der Seilerstätte 281
- 6.3.15 Obere Paradeisbastei 282
- 6.3.16 Bastei beim Kärntner Tor 286
- 6.3.17 Mittelalterliche Stadtmauer und sogenannter Augustinerturm 290
- 6.3.18 Stadtgraben 292
- 6.3.19 Resümee 293
- 6.4 Das Stadtinnere 294
- 7 Zusammenfassung und Summary 305
- 8 Tafeln 313
- 9 Anhang 325
- 9.1 Die mit dem kartografischen Schaffen der Familie Angielini in Verbindung stehenden kartografischen Darstellungen 325
- 9.2 Anzahl der in den »Angielini«-Atlanten enthaltenen Stadtpläne, Festungsgrundrisse und -schrägansichten 457
- 9.3 Reihenfolge der in den Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten enthaltenen kartografischen Darstellungen 459
- 9.4 Konkordanz der in den Stadtplänen, Festungsgrundrissen und -schrägansichten der »Angielini«-Atlanten verwendeten Ortsnamen 462
- 9.5 Italienische Festungsbaumeister des 16. Jahrhunderts (bis ca. 1580) und ihre Einsatzgebiete im habsburgisch-osmanischen Grenzbereich 466
- 9.6 Festungsbautraktate des 15. und 16. Jahrhunderts und ihre Autoren 479
- 9.7 Chronologisches Verzeichnis der im Buch häufig verwendeten Wien-Pläne und Wien-Ansichten (15.‒18. Jahrhundert) 483
- 10 Glossar 494
- 11 Verzeichnisse 499