Seite - 220 - in Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert - Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
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220 | Christoph Sonnlechner
ment ausgehen. Die Produktionsspitzen im 16. Jahrhundert stellten jedoch auch für
die Salzburger Energieholzproduktion eine Herausforderung dar.370 Das Waldgebiet
in den Alpen sowie die Holzarten unterschieden sich selbstverständlich in Salzburg
und Wien.
Jedenfalls beobachten wir in Wien und Salzburg das gleiche Phänomen wie auf
der sogenannten »Schüttinsel« zwischen Pressburg und Komorn371 : Nutzungsspit-
zen übten starken Druck auf ein Ökosystem aus und veränderten dieses. Im Fall der
Schüttinsel musste
– wie im Wiener Umland um die Mitte der 1550er Jahre
– ein sehr
großes Augebiet für den Brenn- und Bauholzbedarf von zumindest zwei Festungs-
bauten aufkommen : Insbesondere der Ausbau von Komárno/Komorn und Győr/Raab
übte Nutzungsdruck auf das Gebiet aus. Die großen Mengen entnommenen Holzes
dürften zu einer fortschreitenden Entwaldung der Insel geführt haben, damit zu einer
Veränderung des Grundwasserregimes und in der Folge zu starker Versumpfung des
Terrains.372 Berechnen lassen sich die Entnahmen in diesem Fall allerdings erst für
das späte 17. Jahrhundert, da allerdings mit dramatisch hohen Zahlen.373 Inwiefern
Festungsbauten im 16. Jahrhundert tatsächlich zur Verknappung der Ressource Holz
geführt haben, ist schwer festzustellen. Fakt ist, dass der sich konstituierende Territo-
rialstaat der frühen Neuzeit Ressourcen beanspruchte. »Bereitungen« und »Ausmar-
chungen«, festgehalten in Waldbüchern des 16. Jahrhunderts, legen davon beredtes
Zeugnis ab.374 Die Schwierigkeit liegt darin, die Verfügbarkeit von Holz, aber auch den
regionalen wie lokalen Holzbedarf zu kalkulieren. Krieg und militärischer Holzbedarf
hatten jedenfalls Auswirkungen auf den Wald. Ob es dadurch allerdings tatsächlich
zu Engpässen kam, hing maßgeblich davon ab, inwieweit Zugang zu den Ressourcen
bestand.375 Im Falle Wiens hatte der Landesfürst, der zugleich Stadtherr war, Zugriff
auf große Augebiete, weite Teile des Wienerwalds sowie Wälder donauaufwärts, aus
denen Holz relativ kostengünstig heranzubringen war. Dadurch scheint es lediglich
in der intensivsten Bauphase der 1550er Jahre zu einer Verknappung der Ressource
Holz gekommen zu sein. Eingehendere Recherchen unter Heranziehung vielfältigen
Quellenmaterials unterschiedlicher Provenienz wären für eine Abklärung notwendig.
370 Sonnlechner/Winiwarter, Recht und Verwaltung, insbesondere 71‒80.
371 Zur Schüttinsel, ihrer Darstellung durch die Angielinis und die naturräumliche Dynamik und die
Problematik für die Militärs siehe hier im Buch das Kapitel 6.1.1. »Schüttinselkarte«, S. 222–227.
372 Ágoston, Environmental and Frontier Studies, 74 f. – Siehe dazu auch hier im Buch, S. 224.
373 Ebd., 74
374 Beispielhaft sei die »Ausmarchung« des Wienerwalds 1572 angeführt : FHKA Handschrift 86.
375 Zum Thema Holzknappheit wurde in den vergangenen Jahren viel publiziert. Stellvertretend für das
reichhaltige Angebot sei Warde, Ecology, Economy and State Formation, insbesondere 213‒279, er-
wähnt.
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Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Titel
- Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
- Untertitel
- Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Autoren
- Ferdinand Opll
- Heike Krause
- Christoph Sonnlechner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20210-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 586
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Inhalt
- Einleitung 9
- Die Angielinis, ihr Werk und Wirken 10
- Wien als Festungsstadt 13
- Terminologie und Onomastik 14
- Internet 16
- Abbildungen 17
- Dank 17
- 1 Die Familie Angielini und ihr kartografisches Schaffen 21
- 1.1 Biografisches 21
- 1.2 Das beruflich-persönliche Umfeld der Angielinis 38
- 1.3 Das kartografische Werk der Familie Angielini 44
- 1.4 Die Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten in Wien, Dresden und Karlsruhe 51
- 1.5 Exkurs : Die in den fünf »Angielini«-Atlanten vorkommenden Wasserzeichen 52
- 1.6 Analyse und Autopsie der fünf »Angielini«-Atlanten 59
- 2 Der in den »Angielini«-Atlanten erfasste Raum 87
- 3 Der ungarische Raum und die Stadt Wien in frühen kartografischen Zeugnissen 101
- 4 Der frühneuzeitliche Festungsbau in Theorie und Praxis 127
- 5 Wien wird Festungsstadt – Der Ausbau nach der Belagerung von 1529 bis in die Mitte der 1560er Jahre 147
- 5.1 Die fortifikatorischen Folgen der Ersten Türkenbelagerung von Wien im Jahr 1529 147
- 5.2 Der Festungsbau aus umwelthistorischer Perspektive 197
- 6 Autopsie und Kontextualisierung der drei »Angielini«-Pläne von Wien 221
- 6.1 Das weitere Umfeld – eine Annäherung an die Stadt 221
- 6.2 Die unmittelbare Umgebung der Stadt 228
- 6.3 Die Befestigung 250
- 6.3.1 Bastei bei dem Burgtor 252
- 6.3.2 Bastei zwischen Burg- und Schottentor 255
- 6.3.3 Bastei beim Schottentor 258
- 6.3.4 Elendbastei 261
- 6.3.5 Arsenal und Reste der mittelalterlichen Stadtmauer 263
- 6.3.6 Neutorbastei 267
- 6.3.7 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Werdertor und Piattaforma samt neuer Kurtine 268
- 6.3.8 Piattaforma 268
- 6.3.9 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Piattaforma und Biberbastei 270
- 6.3.10 Biberbastei 272
- 6.3.11 Bastei bei den Predigern 274
- 6.3.12 Stubentor und angrenzende Kurtinen 277
- 6.3.13 Untere Paradeisbastei 278
- 6.3.14 Unteres Zeughaus auf der Seilerstätte 281
- 6.3.15 Obere Paradeisbastei 282
- 6.3.16 Bastei beim Kärntner Tor 286
- 6.3.17 Mittelalterliche Stadtmauer und sogenannter Augustinerturm 290
- 6.3.18 Stadtgraben 292
- 6.3.19 Resümee 293
- 6.4 Das Stadtinnere 294
- 7 Zusammenfassung und Summary 305
- 8 Tafeln 313
- 9 Anhang 325
- 9.1 Die mit dem kartografischen Schaffen der Familie Angielini in Verbindung stehenden kartografischen Darstellungen 325
- 9.2 Anzahl der in den »Angielini«-Atlanten enthaltenen Stadtpläne, Festungsgrundrisse und -schrägansichten 457
- 9.3 Reihenfolge der in den Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten enthaltenen kartografischen Darstellungen 459
- 9.4 Konkordanz der in den Stadtplänen, Festungsgrundrissen und -schrägansichten der »Angielini«-Atlanten verwendeten Ortsnamen 462
- 9.5 Italienische Festungsbaumeister des 16. Jahrhunderts (bis ca. 1580) und ihre Einsatzgebiete im habsburgisch-osmanischen Grenzbereich 466
- 9.6 Festungsbautraktate des 15. und 16. Jahrhunderts und ihre Autoren 479
- 9.7 Chronologisches Verzeichnis der im Buch häufig verwendeten Wien-Pläne und Wien-Ansichten (15.‒18. Jahrhundert) 483
- 10 Glossar 494
- 11 Verzeichnisse 499