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Autopsie und Kontextualisierung der drei »Angielini«-Pläne von Wien | 295
aufgrund des militärischen Zwecks der Pläne gegenüber den Befestigungsbauten ge-
nerell in den Hintergrund. Es handelt sich dabei um das zu Schützende. Die Flächen
innerhalb der Festungswerke hätten allerdings genauso gut frei bleiben können. Sie
wurden lediglich aufgrund der beabsichtigten Repräsentativität der Pläne ausgeführt
und mit Inhalt gefüllt.
Zugleich wurden die Pläne aber mit perspektivischen Darstellungen einer Reihe
maßgeblicher Bauten ausgestattet. Dabei sind einzelne Gebäude perspektivisch, in der
Art einer Vogelschau bzw. einer Schrägansicht skizziert. Diese Art der Darstellung
kam in Bezug auf Wien erstmals bei Hirschvogel und Wolmuet 1547 (siehe unten
nach S. 312 Tafeln 7 und 8) zur Anwendung.211 Hirschvogel zeigt die Basteien pers-
pektivisch, Wolmuet die Vorstadtbebauung. Für das Stadtinnere ist es Zenoi,212 der
diese Art der Auszeichnung 1566 verwendet. Allerdings ist das Ausgewiesene eher
Platzhalter. St.
Stephan ist zu identifizieren, der Rest als Fantasie zu bezeichnen. Auch
Zenoi geht es um die Fortifikation. Der zu schützende Bereich ist mit der Befestigung
umrissen und im Inneren nicht näher auszuführen. Ähnlichkeiten in der Darstellung
weist der sogenannte Schlierbach-Plan von Wien aus dem frühen 17. Jahrhundert auf,
der offensichtlich an die Angielini-Machart angelehnt ist. 213
Die Gebäudedarstellungen dienen in erster Linie der Orientierung des Betrach-
ters, vielleicht aber auch der prächtigeren Ausstattung des Gezeigten und sind in der
Mehrzahl der Fälle namentlich ausgewiesen. Bei den Objekten handelt es sich mit
Ausnahme von Hofspital, Landhaus und Arsenal um Sakralbauten, die auf Deutsch
oder Italienisch benannt sind. Die bräunlich gefärbten Gebäude sind im Wiener Plan
in Schwarz skizziert, Dach-, Schräg- und Schattenflächen teilweise in Silber ausge-
führt. Im Karlsruher Exemplar sind sie ebenso in Schwarz skizziert, ansonsten weiß
belassen. Im Dresdner Plan sind sie wiederum in Schwarz gezeichnet, die Dächer
rotbraun gefärbt, ansonsten allerdings weiß belassen. Während der Wiener und der
Karlsruher Plan die Gebäude eher mit Details versehen, gibt das Dresdner Exem-
plar Gebäude, insbesondere Kirchen schematischer wieder. Der Wiener Plan stellt
als einziger die Brunnen in der Stadt dar. Es ist jeweils einer auf dem Platz Am Hof,
dem Hohen Markt, dem Graben und dem Neuen Markt zu erkennen. Zudem ist am
Hohen Markt die Hochgerichtssäule, der Pranger, ausgewiesen.
211 Bonifaz Wolmuet, Grundrissplan der Stadt Wien 1547 (unten Anhang 9.7, S. 484 Nr. 6) ; Augustin
Hirschvogel 1547/1552 (unten Anhang 9.7, S. 484 Nr. 5).
212 Siehe unten Anhang 9.7, S. 488 Nr. 18.
213 Opll/Scheutz, Schlierbach-Plan, 33‒39, insbesondere 35.
Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Titel
- Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
- Untertitel
- Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Autoren
- Ferdinand Opll
- Heike Krause
- Christoph Sonnlechner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20210-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 586
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Inhalt
- Einleitung 9
- Die Angielinis, ihr Werk und Wirken 10
- Wien als Festungsstadt 13
- Terminologie und Onomastik 14
- Internet 16
- Abbildungen 17
- Dank 17
- 1 Die Familie Angielini und ihr kartografisches Schaffen 21
- 1.1 Biografisches 21
- 1.2 Das beruflich-persönliche Umfeld der Angielinis 38
- 1.3 Das kartografische Werk der Familie Angielini 44
- 1.4 Die Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten in Wien, Dresden und Karlsruhe 51
- 1.5 Exkurs : Die in den fünf »Angielini«-Atlanten vorkommenden Wasserzeichen 52
- 1.6 Analyse und Autopsie der fünf »Angielini«-Atlanten 59
- 2 Der in den »Angielini«-Atlanten erfasste Raum 87
- 3 Der ungarische Raum und die Stadt Wien in frühen kartografischen Zeugnissen 101
- 4 Der frühneuzeitliche Festungsbau in Theorie und Praxis 127
- 5 Wien wird Festungsstadt – Der Ausbau nach der Belagerung von 1529 bis in die Mitte der 1560er Jahre 147
- 5.1 Die fortifikatorischen Folgen der Ersten Türkenbelagerung von Wien im Jahr 1529 147
- 5.2 Der Festungsbau aus umwelthistorischer Perspektive 197
- 6 Autopsie und Kontextualisierung der drei »Angielini«-Pläne von Wien 221
- 6.1 Das weitere Umfeld – eine Annäherung an die Stadt 221
- 6.2 Die unmittelbare Umgebung der Stadt 228
- 6.3 Die Befestigung 250
- 6.3.1 Bastei bei dem Burgtor 252
- 6.3.2 Bastei zwischen Burg- und Schottentor 255
- 6.3.3 Bastei beim Schottentor 258
- 6.3.4 Elendbastei 261
- 6.3.5 Arsenal und Reste der mittelalterlichen Stadtmauer 263
- 6.3.6 Neutorbastei 267
- 6.3.7 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Werdertor und Piattaforma samt neuer Kurtine 268
- 6.3.8 Piattaforma 268
- 6.3.9 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Piattaforma und Biberbastei 270
- 6.3.10 Biberbastei 272
- 6.3.11 Bastei bei den Predigern 274
- 6.3.12 Stubentor und angrenzende Kurtinen 277
- 6.3.13 Untere Paradeisbastei 278
- 6.3.14 Unteres Zeughaus auf der Seilerstätte 281
- 6.3.15 Obere Paradeisbastei 282
- 6.3.16 Bastei beim Kärntner Tor 286
- 6.3.17 Mittelalterliche Stadtmauer und sogenannter Augustinerturm 290
- 6.3.18 Stadtgraben 292
- 6.3.19 Resümee 293
- 6.4 Das Stadtinnere 294
- 7 Zusammenfassung und Summary 305
- 8 Tafeln 313
- 9 Anhang 325
- 9.1 Die mit dem kartografischen Schaffen der Familie Angielini in Verbindung stehenden kartografischen Darstellungen 325
- 9.2 Anzahl der in den »Angielini«-Atlanten enthaltenen Stadtpläne, Festungsgrundrisse und -schrägansichten 457
- 9.3 Reihenfolge der in den Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten enthaltenen kartografischen Darstellungen 459
- 9.4 Konkordanz der in den Stadtplänen, Festungsgrundrissen und -schrägansichten der »Angielini«-Atlanten verwendeten Ortsnamen 462
- 9.5 Italienische Festungsbaumeister des 16. Jahrhunderts (bis ca. 1580) und ihre Einsatzgebiete im habsburgisch-osmanischen Grenzbereich 466
- 9.6 Festungsbautraktate des 15. und 16. Jahrhunderts und ihre Autoren 479
- 9.7 Chronologisches Verzeichnis der im Buch häufig verwendeten Wien-Pläne und Wien-Ansichten (15.‒18. Jahrhundert) 483
- 10 Glossar 494
- 11 Verzeichnisse 499