Seite - 303 - in Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert - Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
Bild der Seite - 303 -
Text der Seite - 303 -
Autopsie und Kontextualisierung der drei »Angielini«-Pläne von Wien | 303
S. Francesco und im Dresdner »S. FRANCISCHO«. Die Bezeichnung rührt daher, dass
die Kirche zwischen 1545 und 1589 den Franziskanern gehörte. Die eigentliche Fran-
ziskanerkirche mit Kloster ist in allen drei Exemplaren verzeichnet und im Wiener
als »S. GIEROLIMO«, im Karlsruher als S. Gieronimo und im Dresdner als »S. GIERO-
NIMO« – stets also nach dem Patrozinium des hier seit dem späten 14. Jahrhundert
bestehenden Büßerinnenhaus zu St. Hieronymus – ausgezeichnet.
Das Himmelpfortkloster ist auf allen drei Versionen abgebildet. Auf dem Wiener
Plan trägt der Bau den Namen »HIMELPORTEN«, und auf dem Karlsruher Portaceli.
Auf dem Dresdner Exemplar ist es unbezeichnet. Die Johanniterkirche stellen eben-
falls alle drei Versionen dar. Im Wiener Exemplar ist sie irrtümlich als »S. ANNA«
bezeichnet. Im Karlsruher trägt sie gar keinen Namen, im Dresdner ist sie korrekt
als »S. GIOVAN« ausgewiesen. Die Bürgerspitalkirche St. Clara zeigen wieder alle drei
Exemplare. Am Wiener Plan trägt sie den Namen »OSPIDAL«. Am Karlsruher Plan
trägt es den Titel S. pital, was den Verfasser bzw. Kopisten als Person ausweist, die des
Deutschen nur unvollkommen mächtig gewesen sein kann. Im Dresdner Exemplar
steht hier »OSPETAL«. Die ebenfalls in allen drei Plänen eingezeichnete Dorotheer-
kirche heißt im Wiener Exemplar »S. DOROTHEA«, im Karlsruher S. dorotea und im
Dresdner »S DORATEA«.
Von der breiten Kurtine westlich der Bastei beim Kärntner Tor ist auf allen drei
Exemplaren eine zur Stadt hinunterführende Rampe zu sehen. An dieser Stelle sind
ebenfalls in allen drei Darstellungen zwei langgestreckte, parallel zueinander stehende
Bauten zu erkennen, die quer zur Kurtine positioniert sind und nicht mit der Befesti-
gung in Zusammenhang stehen. Sie gehören möglicherweise zur Gießhütte, die 1543
von der Stadt Wien erworben wurde.223 Genausogut könnten sie aber Wirtschaftsge-
bäude des Augustinerklosters sein. Möglich wäre auch, dass das östliche Objekt die
Gießhütte ist und das westliche ein klösterlicher Wirtschaftshof. Das an die Befesti-
gung angebaute Augustinerkloster samt Kirche ist auf allen drei Exemplaren darge-
stellt und im Wiener Exemplar als »S. AVGVSTINO«, im Karlsruher als S. Agostin und
im Dresdner als »S. AGVSTIN« bezeichnet. Schließlich ist auf allen Überlieferungen
auch noch der Gang von St. Augustin zur kaiserlichen Burg zu sehen. Der Augustiner-
gang wurde 1550 begonnen und 1554 vollendet. Er bestand bis ins 18. Jahrhundert.
Sein vorrangiger Zweck war die Verbindung von Burg und Augustinerkirche. Er setzte
zwischen Burgkapelle und Südturm auf der Höhe des ersten Obergeschoßes am Pa-
lasttrakt der Burg an. Von dort aus führte er auf Holzstelzen, die im Graben standen,
an der Front der Alten Burg entlang. Dieser Verlauf ist in der Vogelschau von Daniel
223 Vgl. dazu die Bezeichnung im Plan des Bonifaz Wolmuet von 1547 (unten Anhang 9.7, S. 484 Nr. 6)
sowie Opll/Scheutz, Schlierbach-Plan, 79 f. und Abb. 35.
Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Titel
- Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
- Untertitel
- Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Autoren
- Ferdinand Opll
- Heike Krause
- Christoph Sonnlechner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20210-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 586
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Inhalt
- Einleitung 9
- Die Angielinis, ihr Werk und Wirken 10
- Wien als Festungsstadt 13
- Terminologie und Onomastik 14
- Internet 16
- Abbildungen 17
- Dank 17
- 1 Die Familie Angielini und ihr kartografisches Schaffen 21
- 1.1 Biografisches 21
- 1.2 Das beruflich-persönliche Umfeld der Angielinis 38
- 1.3 Das kartografische Werk der Familie Angielini 44
- 1.4 Die Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten in Wien, Dresden und Karlsruhe 51
- 1.5 Exkurs : Die in den fünf »Angielini«-Atlanten vorkommenden Wasserzeichen 52
- 1.6 Analyse und Autopsie der fünf »Angielini«-Atlanten 59
- 2 Der in den »Angielini«-Atlanten erfasste Raum 87
- 3 Der ungarische Raum und die Stadt Wien in frühen kartografischen Zeugnissen 101
- 4 Der frühneuzeitliche Festungsbau in Theorie und Praxis 127
- 5 Wien wird Festungsstadt – Der Ausbau nach der Belagerung von 1529 bis in die Mitte der 1560er Jahre 147
- 5.1 Die fortifikatorischen Folgen der Ersten Türkenbelagerung von Wien im Jahr 1529 147
- 5.2 Der Festungsbau aus umwelthistorischer Perspektive 197
- 6 Autopsie und Kontextualisierung der drei »Angielini«-Pläne von Wien 221
- 6.1 Das weitere Umfeld – eine Annäherung an die Stadt 221
- 6.2 Die unmittelbare Umgebung der Stadt 228
- 6.3 Die Befestigung 250
- 6.3.1 Bastei bei dem Burgtor 252
- 6.3.2 Bastei zwischen Burg- und Schottentor 255
- 6.3.3 Bastei beim Schottentor 258
- 6.3.4 Elendbastei 261
- 6.3.5 Arsenal und Reste der mittelalterlichen Stadtmauer 263
- 6.3.6 Neutorbastei 267
- 6.3.7 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Werdertor und Piattaforma samt neuer Kurtine 268
- 6.3.8 Piattaforma 268
- 6.3.9 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Piattaforma und Biberbastei 270
- 6.3.10 Biberbastei 272
- 6.3.11 Bastei bei den Predigern 274
- 6.3.12 Stubentor und angrenzende Kurtinen 277
- 6.3.13 Untere Paradeisbastei 278
- 6.3.14 Unteres Zeughaus auf der Seilerstätte 281
- 6.3.15 Obere Paradeisbastei 282
- 6.3.16 Bastei beim Kärntner Tor 286
- 6.3.17 Mittelalterliche Stadtmauer und sogenannter Augustinerturm 290
- 6.3.18 Stadtgraben 292
- 6.3.19 Resümee 293
- 6.4 Das Stadtinnere 294
- 7 Zusammenfassung und Summary 305
- 8 Tafeln 313
- 9 Anhang 325
- 9.1 Die mit dem kartografischen Schaffen der Familie Angielini in Verbindung stehenden kartografischen Darstellungen 325
- 9.2 Anzahl der in den »Angielini«-Atlanten enthaltenen Stadtpläne, Festungsgrundrisse und -schrägansichten 457
- 9.3 Reihenfolge der in den Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten enthaltenen kartografischen Darstellungen 459
- 9.4 Konkordanz der in den Stadtplänen, Festungsgrundrissen und -schrägansichten der »Angielini«-Atlanten verwendeten Ortsnamen 462
- 9.5 Italienische Festungsbaumeister des 16. Jahrhunderts (bis ca. 1580) und ihre Einsatzgebiete im habsburgisch-osmanischen Grenzbereich 466
- 9.6 Festungsbautraktate des 15. und 16. Jahrhunderts und ihre Autoren 479
- 9.7 Chronologisches Verzeichnis der im Buch häufig verwendeten Wien-Pläne und Wien-Ansichten (15.‒18. Jahrhundert) 483
- 10 Glossar 494
- 11 Verzeichnisse 499