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306 | Ferdinand Opll – Heike Krause – Christoph Sonnlechner
fizieren. Sie könnten auch Kopien von anderer Hand sein : Der Dresdner Atlas Nr. 6
weist einen geringeren Umfang auf und ist stärker skizzenhaft ausgeführt ; der Wie-
ner Codex 8607 Han wurde wohl für den Kaiserhof produziert und hebt sich nicht
nur stilistisch, sondern auch von der Beschriftung, der farblichen Gestaltung und den
Wasserzeichen her deutlich von der sonstigen Überlieferung ab. Letztlich bleibt unklar,
welchen Beitrag welcher der Angielinis für die einzelnen Atlanten leistete. Nicht alle
Karten, Grundrisse und Ansichten müssen zwangsläufig von ihnen persönlich verfer-
tigt worden sein.
Eine Datierung des gesamten Materials bleibt schwierig. Chronologische Hin-
weise sind aus den jeweils dokumentierten Ausbaustadien der einzelnen Plätze bzw.
im Vergleich mit weiterem überlieferten Plan- und Kartenmaterial zu gewinnen. Als
Eckdaten sind zum einen die Anfänge der Beschäftigung der Angielinis in Diensten
des Hofkriegsrates in der Mitte der 1560er Jahre sowie eine kartografische Beson-
derheit – die auf 1566 datierte, Kaiser Maximilian II. gewidmete Karte Ungarns samt
umliegenden Bereichen in Form eines Glasgemäldes, die in jedem Fall mit von Nicolò
Angielini stammenden Karten ebendieses Gebietes in Verbindung steht –, zum ande-
ren die bereits erwähnte Eintragung der beiden Dresdner Atlanten im Inventar der
dortigen Kunstkammer von 1587 zu nennen.
Um das eindrucksvolle Œuvre, das mit dem Namen Angielini verbunden ist, in grö-
ßere Kontexte einzuordnen, wurden ihr Leben und Werk erforscht sowie frühe kar-
tografische Werke zu dem in den Atlanten erfassten Raum behandelt. Diese beziehen
sich sowohl auf den ungarischen Raum als auch auf die Stadt Wien. Dabei war auch
eine Einordnung der überlieferten Wien-Pläne seit dem frühen 15. Jahrhundert in die
allgemeine Entwicklung über den Vergleich mit Zeugnissen der frühen europäischen
Stadtkartografie von Wichtigkeit.
Die seit der Zeit um 1200 bestehende Wiener Stadtbefestigung erfuhr nämlich
in Reaktion auf die glückhaft überstandene osmanische Belagerung von 1529 eine
umfassende Neugestaltung. Sie wurde zu einem der besonders frühen Beispiele für
die praktische Umsetzung des maßgeblich in Italien entwickelten Bastionärsystems.
Von herausragender Bedeutung sind in diesem Zusammenhang die drei »Angielini«-
Pläne von Wien, zwei mit Einbeziehung eines Teiles der Verbauung der östlichen
Vorstadt (heute : Wien 3, Landstraße), einer davon sogar mit Eintragungen im Bereich
des durch die Donau von der Stadt getrennten Gebietes, des sogenannten »Unte-
ren Werds« (heute : Wien 2, Leopoldstadt). Sowohl die im Buch vorgelegte Autopsie
dieser Pläne als auch die Auswertung der reichhaltigen archivalischen Überlieferun-
gen in den einschlägigen Archiven ermöglichen es, die Umgestaltung Wiens zur Fes-
tungsstadt in einer Präzision nachzuzeichnen, wie sie bisher nicht gegeben war, und
daraus resultiert nicht zuletzt auch der für das Buch gewählte Titel. Das umwälzende
Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Titel
- Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
- Untertitel
- Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Autoren
- Ferdinand Opll
- Heike Krause
- Christoph Sonnlechner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20210-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 586
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Inhalt
- Einleitung 9
- Die Angielinis, ihr Werk und Wirken 10
- Wien als Festungsstadt 13
- Terminologie und Onomastik 14
- Internet 16
- Abbildungen 17
- Dank 17
- 1 Die Familie Angielini und ihr kartografisches Schaffen 21
- 1.1 Biografisches 21
- 1.2 Das beruflich-persönliche Umfeld der Angielinis 38
- 1.3 Das kartografische Werk der Familie Angielini 44
- 1.4 Die Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten in Wien, Dresden und Karlsruhe 51
- 1.5 Exkurs : Die in den fünf »Angielini«-Atlanten vorkommenden Wasserzeichen 52
- 1.6 Analyse und Autopsie der fünf »Angielini«-Atlanten 59
- 2 Der in den »Angielini«-Atlanten erfasste Raum 87
- 3 Der ungarische Raum und die Stadt Wien in frühen kartografischen Zeugnissen 101
- 4 Der frühneuzeitliche Festungsbau in Theorie und Praxis 127
- 5 Wien wird Festungsstadt – Der Ausbau nach der Belagerung von 1529 bis in die Mitte der 1560er Jahre 147
- 5.1 Die fortifikatorischen Folgen der Ersten Türkenbelagerung von Wien im Jahr 1529 147
- 5.2 Der Festungsbau aus umwelthistorischer Perspektive 197
- 6 Autopsie und Kontextualisierung der drei »Angielini«-Pläne von Wien 221
- 6.1 Das weitere Umfeld – eine Annäherung an die Stadt 221
- 6.2 Die unmittelbare Umgebung der Stadt 228
- 6.3 Die Befestigung 250
- 6.3.1 Bastei bei dem Burgtor 252
- 6.3.2 Bastei zwischen Burg- und Schottentor 255
- 6.3.3 Bastei beim Schottentor 258
- 6.3.4 Elendbastei 261
- 6.3.5 Arsenal und Reste der mittelalterlichen Stadtmauer 263
- 6.3.6 Neutorbastei 267
- 6.3.7 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Werdertor und Piattaforma samt neuer Kurtine 268
- 6.3.8 Piattaforma 268
- 6.3.9 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Piattaforma und Biberbastei 270
- 6.3.10 Biberbastei 272
- 6.3.11 Bastei bei den Predigern 274
- 6.3.12 Stubentor und angrenzende Kurtinen 277
- 6.3.13 Untere Paradeisbastei 278
- 6.3.14 Unteres Zeughaus auf der Seilerstätte 281
- 6.3.15 Obere Paradeisbastei 282
- 6.3.16 Bastei beim Kärntner Tor 286
- 6.3.17 Mittelalterliche Stadtmauer und sogenannter Augustinerturm 290
- 6.3.18 Stadtgraben 292
- 6.3.19 Resümee 293
- 6.4 Das Stadtinnere 294
- 7 Zusammenfassung und Summary 305
- 8 Tafeln 313
- 9 Anhang 325
- 9.1 Die mit dem kartografischen Schaffen der Familie Angielini in Verbindung stehenden kartografischen Darstellungen 325
- 9.2 Anzahl der in den »Angielini«-Atlanten enthaltenen Stadtpläne, Festungsgrundrisse und -schrägansichten 457
- 9.3 Reihenfolge der in den Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten enthaltenen kartografischen Darstellungen 459
- 9.4 Konkordanz der in den Stadtplänen, Festungsgrundrissen und -schrägansichten der »Angielini«-Atlanten verwendeten Ortsnamen 462
- 9.5 Italienische Festungsbaumeister des 16. Jahrhunderts (bis ca. 1580) und ihre Einsatzgebiete im habsburgisch-osmanischen Grenzbereich 466
- 9.6 Festungsbautraktate des 15. und 16. Jahrhunderts und ihre Autoren 479
- 9.7 Chronologisches Verzeichnis der im Buch häufig verwendeten Wien-Pläne und Wien-Ansichten (15.‒18. Jahrhundert) 483
- 10 Glossar 494
- 11 Verzeichnisse 499