Seite - 330 - in Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert - Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
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330 | Ferdinand Opll
2.3 Cod. 8609 Han, Nr. 4* (Doppelblatt) : »INSVLA CZALLOKWS«/Schüttinsel (Titel
in Kartusche links oben) : kolorierte genordete Karte des Bereichs der sogenannten
Schüttinsel (ungar. Csallóköz) sowie der umliegenden Landstriche von Wien (Dar-
stellung der Befestigungen sowie der ummauerten Stadt mit St. Stephan sowie der
über drei Donauarme nach Norden führenden Donaubrücke) im Westen, dem Raum
zwischen den Flüssen Waag/Váh und Neutra/Nitra (NITRIA) nördlich der Donau, im
Osten bis Komárno (COMARONIVM), im Süden mit Győr (IVARINVM) samt Schan-
zen, dem Neusiedler See (NEVSIDLER SEE), Eisenstadt (EISENSTAD) und Sopron/
Ödenburg (SOPRONIVM), wobei alles in einen Rahmen gestellt ist ; etliche Städte
sind als Miniaturansichten dargeboten (u. a. auch Hainburg = HAIMBVRG ; Bratislava/
Pressburg = PRESBVRG) ; hier sind keine von den Osmanen beherrschten Gebiete zu
erkennen, da alles unter christlicher Oberhoheit stand ; weist eine Maßstabsleiste mit
dem Verhältnis zwischen »MILIARIA VNGARICA und MILIARIA GERMANICORUM«
und in der Blattfalte Richtungspfeile auf.
Datierung und Verfasser : Pálffy, Anfänge, 60 f., weist insbesondere auf die Ver-
wandtschaft der Darstellung von Győr und seiner Schanzen mit der eindeutig von
Nicolò Angielini stammenden Ansicht dieser Stadt aus dem Jahre 1566 hin. Auf dieser
in das Städtebuch von Braun/Hogenberg eingegangenen Ansicht (siehe dazu oben
S. 32 mit Anm. 50) wird südlich der Stadt mit den Worten : Hoc in loco castra me-
tatus est Anno 1566 Invictiss(imus) Rom(anorum) Imperator Maximilianus II. auf das
Feldlager des Habsburgers vor Győr hingewiesen. Demzufolge ergibt sich für die hier
behandelte Karte der Schüttinsel eine zeitliche Einordnung (bald ?) nach 1566, und
die Zuweisung an die Angielini-Familie (Pálffy hält eher Natale Angielini für den
Verfasser der hier behandelten Karte der Schüttinsel, ohne dass ein Zusammenwirken
mit dessen Bruder Nicolò bzw. auch anderen Burgbaumeistern auszuschließen wäre) ;
jüngst weist Pálffy, Die Türkenabwehr und die Militärkartographie, 59 (Tabelle 8)
die Wiener Überlieferung dieser Karte Paolo Angielini zu. Etwa auf die zweite Hälfte
der 1560er Jahre deutet in jedem Fall auch die hier gebotene Darstellung der Do-
nau bei Wien. Gut zu erkennen sind nämlich die seit 1550 einsetzenden, von Eisstö-
ßen im Frühjahr 1565 und einer Überschwemmung im Sommer 1566 maßgeblich
intensivierten und um 1570 dann gut fassbaren Veränderungen des Donaulaufs bei
der habsburgischen Residenzstadt. Diese Veränderungen führten insbesondere zu Ver-
landungsprozessen in den Bereichen näher zur Stadt hin (vor allem im Oberen Werd/
später : Roßau, heute : Wien 9 ; weniger im Unteren Werd/später : Leopoldstadt, heute :
Wien
2), während es zu einer massiven Ausweitung des sogenannten »Wolfsarms« kam,
der zum Teil den Lauf des heutigen Hauptarms der Donau markiert. Geht man von
der vermutlichen Datierung der Verlegung der »Taborbrücke«, des zweiten Brücken-
teils der Wiener Donaubrücke von der Stadt nach dem Norden, auf ca. 1569 aus, dann
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Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Titel
- Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
- Untertitel
- Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Autoren
- Ferdinand Opll
- Heike Krause
- Christoph Sonnlechner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20210-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 586
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Inhalt
- Einleitung 9
- Die Angielinis, ihr Werk und Wirken 10
- Wien als Festungsstadt 13
- Terminologie und Onomastik 14
- Internet 16
- Abbildungen 17
- Dank 17
- 1 Die Familie Angielini und ihr kartografisches Schaffen 21
- 1.1 Biografisches 21
- 1.2 Das beruflich-persönliche Umfeld der Angielinis 38
- 1.3 Das kartografische Werk der Familie Angielini 44
- 1.4 Die Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten in Wien, Dresden und Karlsruhe 51
- 1.5 Exkurs : Die in den fünf »Angielini«-Atlanten vorkommenden Wasserzeichen 52
- 1.6 Analyse und Autopsie der fünf »Angielini«-Atlanten 59
- 2 Der in den »Angielini«-Atlanten erfasste Raum 87
- 3 Der ungarische Raum und die Stadt Wien in frühen kartografischen Zeugnissen 101
- 4 Der frühneuzeitliche Festungsbau in Theorie und Praxis 127
- 5 Wien wird Festungsstadt – Der Ausbau nach der Belagerung von 1529 bis in die Mitte der 1560er Jahre 147
- 5.1 Die fortifikatorischen Folgen der Ersten Türkenbelagerung von Wien im Jahr 1529 147
- 5.2 Der Festungsbau aus umwelthistorischer Perspektive 197
- 6 Autopsie und Kontextualisierung der drei »Angielini«-Pläne von Wien 221
- 6.1 Das weitere Umfeld – eine Annäherung an die Stadt 221
- 6.2 Die unmittelbare Umgebung der Stadt 228
- 6.3 Die Befestigung 250
- 6.3.1 Bastei bei dem Burgtor 252
- 6.3.2 Bastei zwischen Burg- und Schottentor 255
- 6.3.3 Bastei beim Schottentor 258
- 6.3.4 Elendbastei 261
- 6.3.5 Arsenal und Reste der mittelalterlichen Stadtmauer 263
- 6.3.6 Neutorbastei 267
- 6.3.7 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Werdertor und Piattaforma samt neuer Kurtine 268
- 6.3.8 Piattaforma 268
- 6.3.9 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Piattaforma und Biberbastei 270
- 6.3.10 Biberbastei 272
- 6.3.11 Bastei bei den Predigern 274
- 6.3.12 Stubentor und angrenzende Kurtinen 277
- 6.3.13 Untere Paradeisbastei 278
- 6.3.14 Unteres Zeughaus auf der Seilerstätte 281
- 6.3.15 Obere Paradeisbastei 282
- 6.3.16 Bastei beim Kärntner Tor 286
- 6.3.17 Mittelalterliche Stadtmauer und sogenannter Augustinerturm 290
- 6.3.18 Stadtgraben 292
- 6.3.19 Resümee 293
- 6.4 Das Stadtinnere 294
- 7 Zusammenfassung und Summary 305
- 8 Tafeln 313
- 9 Anhang 325
- 9.1 Die mit dem kartografischen Schaffen der Familie Angielini in Verbindung stehenden kartografischen Darstellungen 325
- 9.2 Anzahl der in den »Angielini«-Atlanten enthaltenen Stadtpläne, Festungsgrundrisse und -schrägansichten 457
- 9.3 Reihenfolge der in den Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten enthaltenen kartografischen Darstellungen 459
- 9.4 Konkordanz der in den Stadtplänen, Festungsgrundrissen und -schrägansichten der »Angielini«-Atlanten verwendeten Ortsnamen 462
- 9.5 Italienische Festungsbaumeister des 16. Jahrhunderts (bis ca. 1580) und ihre Einsatzgebiete im habsburgisch-osmanischen Grenzbereich 466
- 9.6 Festungsbautraktate des 15. und 16. Jahrhunderts und ihre Autoren 479
- 9.7 Chronologisches Verzeichnis der im Buch häufig verwendeten Wien-Pläne und Wien-Ansichten (15.‒18. Jahrhundert) 483
- 10 Glossar 494
- 11 Verzeichnisse 499