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städtische Siedlung fassbar und 1356 von König Ludwig von Ungarn mit dem Privileg
einer freien Königsstadt bedacht, war Koprivnica zwar nach 1427 im Besitz verschie-
dener Adeliger, vermochte aber den Status als Königsstadt zu bewahren. Ab der Mitte
des 16. Jahrhunderts war es neben Križevci (siehe S. 382 Nr. 19) und Ivanich (heute :
Ivanić-Grad östl. Zagreb, Kroatien) einer der Sitze der drei Oberhauptmannschaften
des Grenzgeneralats Varaždin. Für 1558, 1575 und 1578 ist belegt, dass die Vorstadt
von Koprivnica von den Osmanen in Brand gesteckt wurde. Die Renaissance-Festung,
der Stern, wurde ab der Mitte des 16. Jahrhunderts errichtet, wobei unter den hier
behandelten Darstellungen sowohl die ältere Ausformung noch als rechteckige An-
lage (Nr. 1) als auch der Ausbau zur fünfeckigen Festung mit Eckbastionen zu sehen
sind (Nrr. 2–5). Schon 1543 erfahren wir von der Notwendigkeit des Ausbaus, 1556
waren Schloss und Markt mit insgesamt 322 Mann besetzt, doch waren Gebäude
und Gräben noch unfertig. 1572 bestand die Besatzung aus einem Burggrafen, einem
Wachtmeister, 76 Knechten und 12 Wächtern. Der Ist-Zustand der Festung Kop-
rivnica sowie ein Vorschlag betreffs einer weiteren Verbesserung (Hinzufügung von
Ravelins) der Fortifikationen aus den späten 1650er Jahren sind in der von Martin
Stier vorgelegten Relation von 1660 (ÖNB Cod. 8608 Han, fol. 39 und 40) enthal-
ten.
– Auf der Josephinischen und der Franziszeischen Landesaufnahme (www.mapire.
eu /21.3.2015) ist die viereckige Festung mit Eckbastionen und an den vier Flanken
vorgelagerten Ravelins, Graben und Brücken über diesen gut zu erkennen. Heute ist
die Fortifikation praktisch verschwunden und in einen ausgedehnten Park (Gradski
park Koprivnica) umgewandelt worden. Bei der auf den »Angielini«-Plänen in Form
eines Grundrisses fassbaren Kirche handelt es sich um die seit der ersten Hälfte des
14. Jahrhunderts nachweisbare Nikolauskirche (Crkva Svetog Nikola) an der Ulica
Đure Estera, deren heutiger Bau jedoch aus der Mitte des 17. Jahrhunderts stammt.
Der auf den Darstellungen in den »Angielini«-Atlanten eingetragene Flusslauf der
Koprivnica befindet sich nach den kartografischen Zeugnissen seit dem späten 18.
Jahrhundert südlich der Festung, was mit der Orientierung der hier behandelten Dar-
stellungen im Widerspruch steht. Allerdings dürfte es einen heute wohl unterirdisch
verlaufenden Flussarm östlich der Festung gegeben haben, der heute oberirdisch par-
allel zur Koprivnička ulica nordöstlich des erwähnten Stadtparks verläuft und von dem
östlich des ehemaligen Festungsgeländes eine Wasserfläche zeugt.
Datierung : Eine exakte Datierung (siehe dazu auch die Zusammenstellung bei
Kljajič/Lapaine, Some Problems in the Research of Cartographic Representations,
46 f.) der fünf Grundrisse lässt sich schwer vornehmen ; doch dokumentiert Nr. (1)
in jedem Fall das ältere Baustadium vor Ausbau des Sterns, der zeitlich freilich nicht
näher festzulegen ist ; in der vorliegenden Form stammen die Grundrisse am ehesten
aus den frühen 1570er Jahren.
Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Titel
- Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
- Untertitel
- Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Autoren
- Ferdinand Opll
- Heike Krause
- Christoph Sonnlechner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20210-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 586
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Inhalt
- Einleitung 9
- Die Angielinis, ihr Werk und Wirken 10
- Wien als Festungsstadt 13
- Terminologie und Onomastik 14
- Internet 16
- Abbildungen 17
- Dank 17
- 1 Die Familie Angielini und ihr kartografisches Schaffen 21
- 1.1 Biografisches 21
- 1.2 Das beruflich-persönliche Umfeld der Angielinis 38
- 1.3 Das kartografische Werk der Familie Angielini 44
- 1.4 Die Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten in Wien, Dresden und Karlsruhe 51
- 1.5 Exkurs : Die in den fünf »Angielini«-Atlanten vorkommenden Wasserzeichen 52
- 1.6 Analyse und Autopsie der fünf »Angielini«-Atlanten 59
- 2 Der in den »Angielini«-Atlanten erfasste Raum 87
- 3 Der ungarische Raum und die Stadt Wien in frühen kartografischen Zeugnissen 101
- 4 Der frühneuzeitliche Festungsbau in Theorie und Praxis 127
- 5 Wien wird Festungsstadt – Der Ausbau nach der Belagerung von 1529 bis in die Mitte der 1560er Jahre 147
- 5.1 Die fortifikatorischen Folgen der Ersten Türkenbelagerung von Wien im Jahr 1529 147
- 5.2 Der Festungsbau aus umwelthistorischer Perspektive 197
- 6 Autopsie und Kontextualisierung der drei »Angielini«-Pläne von Wien 221
- 6.1 Das weitere Umfeld – eine Annäherung an die Stadt 221
- 6.2 Die unmittelbare Umgebung der Stadt 228
- 6.3 Die Befestigung 250
- 6.3.1 Bastei bei dem Burgtor 252
- 6.3.2 Bastei zwischen Burg- und Schottentor 255
- 6.3.3 Bastei beim Schottentor 258
- 6.3.4 Elendbastei 261
- 6.3.5 Arsenal und Reste der mittelalterlichen Stadtmauer 263
- 6.3.6 Neutorbastei 267
- 6.3.7 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Werdertor und Piattaforma samt neuer Kurtine 268
- 6.3.8 Piattaforma 268
- 6.3.9 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Piattaforma und Biberbastei 270
- 6.3.10 Biberbastei 272
- 6.3.11 Bastei bei den Predigern 274
- 6.3.12 Stubentor und angrenzende Kurtinen 277
- 6.3.13 Untere Paradeisbastei 278
- 6.3.14 Unteres Zeughaus auf der Seilerstätte 281
- 6.3.15 Obere Paradeisbastei 282
- 6.3.16 Bastei beim Kärntner Tor 286
- 6.3.17 Mittelalterliche Stadtmauer und sogenannter Augustinerturm 290
- 6.3.18 Stadtgraben 292
- 6.3.19 Resümee 293
- 6.4 Das Stadtinnere 294
- 7 Zusammenfassung und Summary 305
- 8 Tafeln 313
- 9 Anhang 325
- 9.1 Die mit dem kartografischen Schaffen der Familie Angielini in Verbindung stehenden kartografischen Darstellungen 325
- 9.2 Anzahl der in den »Angielini«-Atlanten enthaltenen Stadtpläne, Festungsgrundrisse und -schrägansichten 457
- 9.3 Reihenfolge der in den Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten enthaltenen kartografischen Darstellungen 459
- 9.4 Konkordanz der in den Stadtplänen, Festungsgrundrissen und -schrägansichten der »Angielini«-Atlanten verwendeten Ortsnamen 462
- 9.5 Italienische Festungsbaumeister des 16. Jahrhunderts (bis ca. 1580) und ihre Einsatzgebiete im habsburgisch-osmanischen Grenzbereich 466
- 9.6 Festungsbautraktate des 15. und 16. Jahrhunderts und ihre Autoren 479
- 9.7 Chronologisches Verzeichnis der im Buch häufig verwendeten Wien-Pläne und Wien-Ansichten (15.‒18. Jahrhundert) 483
- 10 Glossar 494
- 11 Verzeichnisse 499