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Flussufer eine neue Anlage mit dem sprechenden ungarischen Namen Érsekújvár
(= »erzbischöfliche Neustadt/-burg«). 1556 ist die Rede von der arx nova domini Stri-
goniensis, zwei Jahre später von Olahwywar (= »Oláhújvár« = Oláhs Neustadt bzw.
neue Burg). Ab 1554 waren hier italienische Festungsbaumeister, darunter Felice da
Pisa, tätig. Antonio Veranzio (= der gebürtige Kroate Antun Vrančić), Bischof von
Eger und Erzbischof von Gran (gest. 1573), selbst ein begabter Militärarchitekt, ließ
die Arbeiten fortsetzen. Im Rahmen der seitens des 1556 gegründeten Hofkriegsrates
geschaffenen Grenzverteidigung war Nové Zámky die Hauptfestung der bergstädte-
rischen Grenze, und in der Festung agierte ein königlicher Kommandant. 1566 legte
der Festungsbauspezialist Carlo Theti ein Gutachten vor. In den 1570er Jahren pro-
jektierte Franz von Poppendorf (hier : Grundriss Nr. 2) – offenbar unter Aufgreifen
von Thetis Ideen – eine moderne sechseckige Anlage, an deren tatsächlichen Errich-
tung dann insbesondere der aus Triest stammende Ottavio Baldigara ab 1580 Anteil
nahm. Eine auf den 2. Oktober 1580 datierte Gedenkmünze erinnerte an die Eröff-
nung der Festung, doch wurde offenkundig weitergebaut. Die slowakische Literatur
setzt den Ausbau in die Jahre 1571–1581. Baldigara verstarb 1588 in Nové Zámky,
wo er am 15. Jänner dieses Jahres sein Testament gemacht hatte. Beide Festungen, die
ältere viereckige und das modernere Hexagon, finden sich in unseren Grundrissen.
Der tatsächliche Ausbau dürfte sich jedenfalls bis in die 1580er Jahre erstreckt haben.
Im Grundriss Nr. (6) (Dresden Nr. 6) wird auf den Abbruch der älteren viereckigen
Anlage hingewiesen, und deren Fehlen ist 1595 auf der von Jacob Hoefnagel stam-
menden Ansicht von Nové Zámky, die über dessen Vater Georg in die Civitates Orbis
Terrarum von Braun/Hogenberg (Ausgabe 1617) Eingang gefunden hat (Communi-
cavit G. Houf. Ao 1595 depict. a filio), belegt (Abb. bei Füssel [Hg.], Städte der Welt,
410–412). Eine Ansicht aus dem 17. Jahrhundert, auf der als Verlag Jakob Koppmayer
(Buchdrucker in Augsburg, gest. 1701, vgl. zu ihm Reske, Buchdrucker, 49) genannt
wird (»Zu finden bey Iacob Koppmair«), bietet genauso wie die beiden oben genann-
ten Stockholmer Grundrisse (Kisari Balla, Törökkori várrajzok Stockholmban, 87
Abb. 24 und 110 Abb. 50) etliche topografische Bezeichnungen, wobei allerdings hier
wie dort die Kaiserbastion irrtümlich an der Südseite, die gegenüberliegende Forgach-
Bastion irrtümlich an der Nordseite eingezeichnet werden. Von den hier untersuchten
Darstellungen in den »Angielini«-Atlanten zeigen Nrr. 1‒4 sowohl die alte als auch
die neue Festung (= das Hexagon). Dabei wird die ältere viereckige Festung mitten in
die hier mehrfach geteilten Arme des Flusses Neutra platziert und die moderne he-
xagonale Festung
– irrtümlich (!)
– östlich des Flusses. Nur auf Darstellung Nr. 6, die
als einzige das Hexagon mit Baublöcken und zentralem Platz zeigt, ist diese Sechs-
eckfestung richtig östlich der Neutra gelegen. Mit der Fertigstellung löste die hiesige
Festung das ältere Levice (siehe S.
387 Nr. 21) in seiner Bedeutung ab.
– Die Festung
Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Titel
- Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
- Untertitel
- Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Autoren
- Ferdinand Opll
- Heike Krause
- Christoph Sonnlechner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20210-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 586
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Inhalt
- Einleitung 9
- Die Angielinis, ihr Werk und Wirken 10
- Wien als Festungsstadt 13
- Terminologie und Onomastik 14
- Internet 16
- Abbildungen 17
- Dank 17
- 1 Die Familie Angielini und ihr kartografisches Schaffen 21
- 1.1 Biografisches 21
- 1.2 Das beruflich-persönliche Umfeld der Angielinis 38
- 1.3 Das kartografische Werk der Familie Angielini 44
- 1.4 Die Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten in Wien, Dresden und Karlsruhe 51
- 1.5 Exkurs : Die in den fünf »Angielini«-Atlanten vorkommenden Wasserzeichen 52
- 1.6 Analyse und Autopsie der fünf »Angielini«-Atlanten 59
- 2 Der in den »Angielini«-Atlanten erfasste Raum 87
- 3 Der ungarische Raum und die Stadt Wien in frühen kartografischen Zeugnissen 101
- 4 Der frühneuzeitliche Festungsbau in Theorie und Praxis 127
- 5 Wien wird Festungsstadt – Der Ausbau nach der Belagerung von 1529 bis in die Mitte der 1560er Jahre 147
- 5.1 Die fortifikatorischen Folgen der Ersten Türkenbelagerung von Wien im Jahr 1529 147
- 5.2 Der Festungsbau aus umwelthistorischer Perspektive 197
- 6 Autopsie und Kontextualisierung der drei »Angielini«-Pläne von Wien 221
- 6.1 Das weitere Umfeld – eine Annäherung an die Stadt 221
- 6.2 Die unmittelbare Umgebung der Stadt 228
- 6.3 Die Befestigung 250
- 6.3.1 Bastei bei dem Burgtor 252
- 6.3.2 Bastei zwischen Burg- und Schottentor 255
- 6.3.3 Bastei beim Schottentor 258
- 6.3.4 Elendbastei 261
- 6.3.5 Arsenal und Reste der mittelalterlichen Stadtmauer 263
- 6.3.6 Neutorbastei 267
- 6.3.7 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Werdertor und Piattaforma samt neuer Kurtine 268
- 6.3.8 Piattaforma 268
- 6.3.9 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Piattaforma und Biberbastei 270
- 6.3.10 Biberbastei 272
- 6.3.11 Bastei bei den Predigern 274
- 6.3.12 Stubentor und angrenzende Kurtinen 277
- 6.3.13 Untere Paradeisbastei 278
- 6.3.14 Unteres Zeughaus auf der Seilerstätte 281
- 6.3.15 Obere Paradeisbastei 282
- 6.3.16 Bastei beim Kärntner Tor 286
- 6.3.17 Mittelalterliche Stadtmauer und sogenannter Augustinerturm 290
- 6.3.18 Stadtgraben 292
- 6.3.19 Resümee 293
- 6.4 Das Stadtinnere 294
- 7 Zusammenfassung und Summary 305
- 8 Tafeln 313
- 9 Anhang 325
- 9.1 Die mit dem kartografischen Schaffen der Familie Angielini in Verbindung stehenden kartografischen Darstellungen 325
- 9.2 Anzahl der in den »Angielini«-Atlanten enthaltenen Stadtpläne, Festungsgrundrisse und -schrägansichten 457
- 9.3 Reihenfolge der in den Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten enthaltenen kartografischen Darstellungen 459
- 9.4 Konkordanz der in den Stadtplänen, Festungsgrundrissen und -schrägansichten der »Angielini«-Atlanten verwendeten Ortsnamen 462
- 9.5 Italienische Festungsbaumeister des 16. Jahrhunderts (bis ca. 1580) und ihre Einsatzgebiete im habsburgisch-osmanischen Grenzbereich 466
- 9.6 Festungsbautraktate des 15. und 16. Jahrhunderts und ihre Autoren 479
- 9.7 Chronologisches Verzeichnis der im Buch häufig verwendeten Wien-Pläne und Wien-Ansichten (15.‒18. Jahrhundert) 483
- 10 Glossar 494
- 11 Verzeichnisse 499