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422 | Ferdinand Opll
zum anderen mit der Errichtung der fünfeckigen modernen bastionären Anlage in
Zusammenhang. Sie sind daher zum einen auf das Jahr 1565, zum anderen auf die
Vorbereitung bzw. Durchführung der Bauarbeiten an der pentagonalen Festung in den
Jahren nach 1565 und bis in die frühen 1570er Jahre zu datieren. Auf dem Kupferstich
des Natale Angielini ist zwar eindeutig eine viereckige Festung dargestellt, doch liegt
diese im Südosten der vom Someş gebildeten Flussinsel und damit exakt dort, wo auf
allen Darstellungen in unseren Atlanten die bis 1570 errichtete Fünfeckfestung liegt.
Die ältere viereckige Festung mit runden Eckverstärkungen dagegen befindet sich auf
den Darstellungen der »Angielini«-Atlanten stets in der Nordwestecke dieser Fluss-
insel. Da die äußere Form der Festung von Pálffy, Anfänge, 43 f., als Argument für
die zeitliche Einordnung herangezogen wird, ist auf diese Frage hier gesondert einzu-
gehen. Es gibt demzufolge zwei Erklärungsmöglichkeiten : Entweder befand sich die
viereckige Festung an der Stelle der erst nach den kriegerischen Ereignissen von 1565
errichteten pentagonalen Anlage – das hieße freilich, dass sämtliche Darstellungen in
den Wiener, im Karlsruher und in den Dresdner Atlanten falsch wären
–, oder Natale
Angielinis Darstellung auf seinem Kupferstich ist ungenau entweder im Hinblick auf
die irrtümliche Platzierung der älteren, viereckigen Festung in die Südost-, statt in die
Nordwestecke der Flussinsel oder im Hinblick auf die irrtümliche Darstellung als vier-
eckiger, statt fünfeckiger Festung. In jedem Fall kann letztere Deutung die ungleich
größere Wahrscheinlichkeit für sich beanspruchen, und sie wird auch durch die Dar-
stellung auf der auf Nicolò Angielini zurückgehenden Übersichtskarte des Raumes
der habsburgisch-osmanischen Kämpfe in Form eines dezidiert auf 1566 datierten
Hinterglasgemäldes (oben S.
340 Nr. 6.1) bestätigt, die gleichfalls ausschließlich in der
Südostecke der Flussinsel eine Befestigung aufweist.
Verfasser : Eine Zuweisung an Nicolò Angielini ist nicht möglich, doch ist nach
dem Überlieferungskontext ein Zusammenhang mit dem kartografischen Schaffen der
Familie Angielini, darunter insbesondere mit Natale Angielini (siehe dazu auch oben
S. 25) eindeutig gegeben.
Literatur : Zu Satu Mare vgl. die einschlägigen Angaben bei Köpeczi u. a. (Hg.),
Kurze Geschichte Siebenbürgens, und auf http://de.wikipedia.org/wiki/Satu_Mare
(11.5.2014) ; weiters die Hinweise bei Maggiorotti, Architetti, 109, 351 und 363 f.
(mangels Quellenzitaten nicht näher überprüfbar ; das Schreiben des Hadrianus Can-
didus an Francesco de Medici [dazu oben S. 23 mit Anm. 17] wird bei Maggiorotti
irrtümlich auf 1547 datiert) ; Balogh, Italienische Pläne, 58 und 91 mit Anm. 52
(datiert die Errichtung der fünfeckigen Festung auf 1569–1573) ; Bibl, Maximilian II.,
125 ; ausführlich und detailreich zuletzt Pálffy, Anfänge, 18 und 40–46, sowie Ders.,
Die Türkenabwehr und die Militärkartographie, 52 f., und Kovács, Satu Mare, 27–35
(english abstract : 34 f.). – Der mehrfach erwähnte Kupferstich des Natale Angielini
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Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Titel
- Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
- Untertitel
- Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Autoren
- Ferdinand Opll
- Heike Krause
- Christoph Sonnlechner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20210-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 586
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Inhalt
- Einleitung 9
- Die Angielinis, ihr Werk und Wirken 10
- Wien als Festungsstadt 13
- Terminologie und Onomastik 14
- Internet 16
- Abbildungen 17
- Dank 17
- 1 Die Familie Angielini und ihr kartografisches Schaffen 21
- 1.1 Biografisches 21
- 1.2 Das beruflich-persönliche Umfeld der Angielinis 38
- 1.3 Das kartografische Werk der Familie Angielini 44
- 1.4 Die Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten in Wien, Dresden und Karlsruhe 51
- 1.5 Exkurs : Die in den fünf »Angielini«-Atlanten vorkommenden Wasserzeichen 52
- 1.6 Analyse und Autopsie der fünf »Angielini«-Atlanten 59
- 2 Der in den »Angielini«-Atlanten erfasste Raum 87
- 3 Der ungarische Raum und die Stadt Wien in frühen kartografischen Zeugnissen 101
- 4 Der frühneuzeitliche Festungsbau in Theorie und Praxis 127
- 5 Wien wird Festungsstadt – Der Ausbau nach der Belagerung von 1529 bis in die Mitte der 1560er Jahre 147
- 5.1 Die fortifikatorischen Folgen der Ersten Türkenbelagerung von Wien im Jahr 1529 147
- 5.2 Der Festungsbau aus umwelthistorischer Perspektive 197
- 6 Autopsie und Kontextualisierung der drei »Angielini«-Pläne von Wien 221
- 6.1 Das weitere Umfeld – eine Annäherung an die Stadt 221
- 6.2 Die unmittelbare Umgebung der Stadt 228
- 6.3 Die Befestigung 250
- 6.3.1 Bastei bei dem Burgtor 252
- 6.3.2 Bastei zwischen Burg- und Schottentor 255
- 6.3.3 Bastei beim Schottentor 258
- 6.3.4 Elendbastei 261
- 6.3.5 Arsenal und Reste der mittelalterlichen Stadtmauer 263
- 6.3.6 Neutorbastei 267
- 6.3.7 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Werdertor und Piattaforma samt neuer Kurtine 268
- 6.3.8 Piattaforma 268
- 6.3.9 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Piattaforma und Biberbastei 270
- 6.3.10 Biberbastei 272
- 6.3.11 Bastei bei den Predigern 274
- 6.3.12 Stubentor und angrenzende Kurtinen 277
- 6.3.13 Untere Paradeisbastei 278
- 6.3.14 Unteres Zeughaus auf der Seilerstätte 281
- 6.3.15 Obere Paradeisbastei 282
- 6.3.16 Bastei beim Kärntner Tor 286
- 6.3.17 Mittelalterliche Stadtmauer und sogenannter Augustinerturm 290
- 6.3.18 Stadtgraben 292
- 6.3.19 Resümee 293
- 6.4 Das Stadtinnere 294
- 7 Zusammenfassung und Summary 305
- 8 Tafeln 313
- 9 Anhang 325
- 9.1 Die mit dem kartografischen Schaffen der Familie Angielini in Verbindung stehenden kartografischen Darstellungen 325
- 9.2 Anzahl der in den »Angielini«-Atlanten enthaltenen Stadtpläne, Festungsgrundrisse und -schrägansichten 457
- 9.3 Reihenfolge der in den Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten enthaltenen kartografischen Darstellungen 459
- 9.4 Konkordanz der in den Stadtplänen, Festungsgrundrissen und -schrägansichten der »Angielini«-Atlanten verwendeten Ortsnamen 462
- 9.5 Italienische Festungsbaumeister des 16. Jahrhunderts (bis ca. 1580) und ihre Einsatzgebiete im habsburgisch-osmanischen Grenzbereich 466
- 9.6 Festungsbautraktate des 15. und 16. Jahrhunderts und ihre Autoren 479
- 9.7 Chronologisches Verzeichnis der im Buch häufig verwendeten Wien-Pläne und Wien-Ansichten (15.‒18. Jahrhundert) 483
- 10 Glossar 494
- 11 Verzeichnisse 499