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Einleitung26
Alfred Kubin, 1877 im böh-
mischen Leitmeritz (Litoměřice)
geboren, weist das früheste Ge-
burtsdatum der hier untersuchten
Künstlerpersönlichkeiten auf. Ku-
bin wuchs in Salzburg und Zell am
See auf. 1892–1896 absolvierte er in
Klagenfurt eine Photographenlehre.
1897 meldete er sich zum Militär-
dienst und erlitt eine schwere psychi-
sche Krise, die einen längeren Kran-
kenhausaufenthalt erforderte. 1898
übersiedelte er nach München und
bewegte sich dort in den Schwabin-
ger Künstlerkreisen. Die obige Foto-
grafie (Abb. 2) zeigt Kubin in dieser
Phase in inszenierter Pose. 1904
heiratete er die Schwester seines
Freundes Oscar A. H. Schmitz, die
Witwe Hedwig Gründler. Das Paar
kaufte 1906 das Anwesen Zwickledt
im oberösterreichischen Wernstein
am Inn, wo Kubin fortan bis zu sei-
nem Tod lebte. Künstlerisch brachte die Veröffentlichung der so genannten Weber-
Mappe 1903 erste größere Aufmerksamkeit. 1909 erschien sein Roman „Die andere
Seite“, mit dem er sich in die deutschsprachige Phantastik einschrieb. 1911 erschien
gemeinsam mit der Sansara-Mappe der erste Teil der Autobiographie „Aus mei-
nem Leben“. Zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs war Kubin von der allgemeinen
Kriegseuphorie nicht erfasst und wurde aufgrund attestierter Untauglichkeit nicht
zum Kriegsdienst eingezogen. Nach Ende des Kriegs lebte der Künstler weiterhin in
der ländlichen Zurückgezogenheit, hielt allerdings regen brieflichen Austausch mit
Kollegen und intellektuellen Zeitgenossen. Nach der nationalsozialistischen Macht-
ergreifung schien die Position des Künstlers zunächst unsicher, letztlich konnte er
die NS-Herrschaft auch künstlerisch unbeschadet überstehen. Nach Kriegsende und
dem Tod seiner Frau 1948 lebte der Künstler weiter zurückgezogen in Zwickledt.
1955 vermachte Kubin seinen künstlerischen Nachlass der Republik Österreich und
dem Land Oberösterreich, er starb im Jahr 1959.
Abb. 2: Alfred Kubin, 1903
Open-Access-Publikation im Sinne der Lizenz CC BY 4.0
Zeitwesen
Autobiographik österreichischer Künstlerinnen und Künstler im Spannungsfeld von Politik und Gesellschaft 1900–1945
- Titel
- Zeitwesen
- Untertitel
- Autobiographik österreichischer Künstlerinnen und Künstler im Spannungsfeld von Politik und Gesellschaft 1900–1945
- Autor
- Birgit Kirchmayr
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-23310-7
- Abmessungen
- 17.3 x 24.5 cm
- Seiten
- 468
- Kategorie
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 11
- Fragestellung und Ausgangsthesen 11
- Theoretische Bezugsrahmen 14
- Quellen 17
- „Zeitwesen“ oder: die ProtagonistInnen 20
- 1 Auto/Biographieforschung – KünstlerInnenforschung 33
- 2 KünstlerInnen über sich 79
- 2.1 Alfred Kubin – ein autobiographical life 80
- 2.2 Oskar Kokoschka – der biographische „Jongleur“ 105
- 2.3 Aloys Wach – Selbstbespiegelungen eines Suchenden 136
- 2.4 Erika Giovanna Klien – Autobiographische Fragmente 150
- 2.5 Margret Bilger – Autobiographisches wider Willen 164
- 2.6 Erstes Resümee oder: Wie KünstlerInnen über sich schreiben und dabei „biographische Formeln“ verwenden 175
- 3 KünstlerInnen und gesellschaftliche Diskurse 179
- 3.1 Der Geschlechterdiskurs des frühen 20. Jahrhunderts 180
- 3.1.1 Alfred Kubin und die Misogynie der Moderne 185
- 3.1.2 „Mörder, Hoffnung der Frauen“: Oskar Kokoschka und die (modernen) Amazonen 206
- 3.1.3 Erika Giovanna Klien – schwierige Emanzipationswege einer „neuen“ Frau 214
- 3.1.4 Zerrissenheit und Identitätssuche – Geschlechterbilder bei Margret Bilger 220
- 3.2 Geschwindigkeit – Fortschrittseuphorie versus Kulturpessimismus 232
- 3.2.1 Alfred Kubins Traumstadt „Perle“ als Versuchsstation der Fortschrittsverweigerung 236
- 3.2.2 „Im Riesengefängnis New York“: Erika Giovanna Klien und ihr Verhältnis zu Stadt, Geschwindigkeit und Technik 245
- 3.2.3 Der Rückzug aufs Land: Alfred Kubin und Margret Bilger 256
- 3.2.4 „Haste nicht und raste nie. Sonst hastet die Neurasthenie“: ein Exkurs zum Nervendiskurs 264
- 3.3 Esoterik – Spirituelle Sinnsuche im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert 271
- 3.4. Zweites Resümee oder: Welche Diskurse der Moderne die KünstlerInnen bewegten 308
- 3.1 Der Geschlechterdiskurs des frühen 20. Jahrhunderts 180
- 4 KünstlerInnen und Politik – Von der Monarchie bis zum Nationalsozialismus 313
- 4.1 Die Legende vom unpolitischen Künstler – Zum Verständnis von Kunst und Politik bis 1945 315
- 4.2 Erster Weltkrieg und das Ende der k. u. k. Monarchie 319
- 4.3 Zwischen den Kriegen: Revolution(en), Republik(en), „Ständestaat“ 349
- 4.3.1 Der „Kunstlump“ – Oskar Kokoschka und die (deutsche) Revolution 353
- 4.3.2 Aloys Wach und die Münchner Räterepublik 360
- 4.3.3 Aus der Distanz: Erika Giovanna Klien und die österreichische Zwischenkriegszeit 368
- 4.3.4 „Weil ich nicht in der Vaterlandspartei bin“: Positionen zum „Ständestaat“ bei Oskar Kokoschka und Alfred Kubin 373
- 4.4 Nationalsozialismus 382
- 4.4.1 „… diese stummen Geister der Auflehnung“: Alfred Kubin und der Nationalsozialismus 385
- 4.4.2 Oskar Kokoschka: Selbstbildnis eines „entarteten“ Künstlers 397
- 4.4.3 „22° Waage“: Aloys Wach und der Nationalsozialismus 404
- 4.4.4 „… hätte ich aber die conträren Gesinnungen“: Margret Bilger und der Nationalsozialismus 409
- 4.5 Drittes Resümee oder: Wie politisch waren die „unpolitischen“ KünstlerInnen? 422
- Dank 426
- Abkürzungsverzeichnis 428
- Tabellen- und Abbildungsverzeichnis 429
- Quellen- und Literaturverzeichnis 431
- Archive und Sammlungen 431
- Zeitungen/Zeitschriften/Jahrbücher 432
- Literatur und gedruckte Quellen 432
- Personenregister 463