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Oskar Kokoschka, 1886 in
Pöchlarn (Niederösterreich) gebo-
ren, weist eine zu Kubin höchst un-
terschiedliche Künstlerlaufbahn auf.
Wie Kubin durchlief aber auch er
alle politischen Zäsuren der öster-
reichischen beziehungsweise euro-
päischen Politik vom ausgehenden
19. bis weit in das 20. Jahrhundert
hinein. Geprägt von der k. u. k. Mo-
narchie wurde der Erste Weltkrieg
für Kokoschka zu einer persönli-
chen Zäsur. Das Erleben des Kriegs
an der Front und die 1915 erlittene
Verwundung prägten den Künstler
nachhaltig. Bereits zuvor hatte sich
Kokoschka in Wien als „Kunstre-
bell“ positioniert. Die obige Foto-
grafie (Abb. 3), mit kahlgeschore-
nem Kopf als Zeichen des Protests
nach dem Skandal um sein erstes
Bühnenstück, kann als bildliche
Inszenierung dafür betrachtet wer-
den. Anders als Kubin, der für seinen künstlerischen Weg den Rückzug aufs Land
gewählt hatte, zog es Kokoschka in die Welt: 1919 nahm er eine Professor an der
Akademie in Dresden an. Seine Stellung in Dresden gab er 1923 auf und begann
zu reisen. 1934 zog Kokoschka nach Prag, wo er seine spätere Ehefrau Olda Pal-
kovská kennenlernte. 1937 wurde er – als einziger österreichischer Künstler – Opfer
des nationalsozialistischen Bildersturms im Rahmen der Aktion „Entartete Kunst“.
Gemeinsam mit seiner Frau Olda emigrierte er 1939 von Prag nach England. 1947
erhielt Kokoschka die britische Staatsbürgerschaft. 1953 übersiedelte das Ehepaar
Kokoschka nach Villeneuve in die Schweiz, wo der Künstler bis zu seinem Tod sei-
nen zentralen Lebensmittelpunkt behielt. Zahlreiche Ehrungen, Ausstellungen und
Retrospektiven sowie das Engagement für die 1953 gegründete Sommerakademie
„Schule des Sehens“ in Salzburg prägten die späten Lebensjahre. 1971 erschien die
Autobiographie „Mein Leben“. Nach dem Tod des Künstlers 1980 engagierte sich die
Witwe Olda Kokoschka um seinen Nachlass.
Abb. 3: Oskar Kokoschka, 1909
Open-Access-Publikation im Sinne der Lizenz CC BY 4.0
Zeitwesen
Autobiographik österreichischer Künstlerinnen und Künstler im Spannungsfeld von Politik und Gesellschaft 1900–1945
- Titel
- Zeitwesen
- Untertitel
- Autobiographik österreichischer Künstlerinnen und Künstler im Spannungsfeld von Politik und Gesellschaft 1900–1945
- Autor
- Birgit Kirchmayr
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-23310-7
- Abmessungen
- 17.3 x 24.5 cm
- Seiten
- 468
- Kategorie
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 11
- Fragestellung und Ausgangsthesen 11
- Theoretische Bezugsrahmen 14
- Quellen 17
- „Zeitwesen“ oder: die ProtagonistInnen 20
- 1 Auto/Biographieforschung – KünstlerInnenforschung 33
- 2 KünstlerInnen über sich 79
- 2.1 Alfred Kubin – ein autobiographical life 80
- 2.2 Oskar Kokoschka – der biographische „Jongleur“ 105
- 2.3 Aloys Wach – Selbstbespiegelungen eines Suchenden 136
- 2.4 Erika Giovanna Klien – Autobiographische Fragmente 150
- 2.5 Margret Bilger – Autobiographisches wider Willen 164
- 2.6 Erstes Resümee oder: Wie KünstlerInnen über sich schreiben und dabei „biographische Formeln“ verwenden 175
- 3 KünstlerInnen und gesellschaftliche Diskurse 179
- 3.1 Der Geschlechterdiskurs des frühen 20. Jahrhunderts 180
- 3.1.1 Alfred Kubin und die Misogynie der Moderne 185
- 3.1.2 „Mörder, Hoffnung der Frauen“: Oskar Kokoschka und die (modernen) Amazonen 206
- 3.1.3 Erika Giovanna Klien – schwierige Emanzipationswege einer „neuen“ Frau 214
- 3.1.4 Zerrissenheit und Identitätssuche – Geschlechterbilder bei Margret Bilger 220
- 3.2 Geschwindigkeit – Fortschrittseuphorie versus Kulturpessimismus 232
- 3.2.1 Alfred Kubins Traumstadt „Perle“ als Versuchsstation der Fortschrittsverweigerung 236
- 3.2.2 „Im Riesengefängnis New York“: Erika Giovanna Klien und ihr Verhältnis zu Stadt, Geschwindigkeit und Technik 245
- 3.2.3 Der Rückzug aufs Land: Alfred Kubin und Margret Bilger 256
- 3.2.4 „Haste nicht und raste nie. Sonst hastet die Neurasthenie“: ein Exkurs zum Nervendiskurs 264
- 3.3 Esoterik – Spirituelle Sinnsuche im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert 271
- 3.4. Zweites Resümee oder: Welche Diskurse der Moderne die KünstlerInnen bewegten 308
- 3.1 Der Geschlechterdiskurs des frühen 20. Jahrhunderts 180
- 4 KünstlerInnen und Politik – Von der Monarchie bis zum Nationalsozialismus 313
- 4.1 Die Legende vom unpolitischen Künstler – Zum Verständnis von Kunst und Politik bis 1945 315
- 4.2 Erster Weltkrieg und das Ende der k. u. k. Monarchie 319
- 4.3 Zwischen den Kriegen: Revolution(en), Republik(en), „Ständestaat“ 349
- 4.3.1 Der „Kunstlump“ – Oskar Kokoschka und die (deutsche) Revolution 353
- 4.3.2 Aloys Wach und die Münchner Räterepublik 360
- 4.3.3 Aus der Distanz: Erika Giovanna Klien und die österreichische Zwischenkriegszeit 368
- 4.3.4 „Weil ich nicht in der Vaterlandspartei bin“: Positionen zum „Ständestaat“ bei Oskar Kokoschka und Alfred Kubin 373
- 4.4 Nationalsozialismus 382
- 4.4.1 „… diese stummen Geister der Auflehnung“: Alfred Kubin und der Nationalsozialismus 385
- 4.4.2 Oskar Kokoschka: Selbstbildnis eines „entarteten“ Künstlers 397
- 4.4.3 „22° Waage“: Aloys Wach und der Nationalsozialismus 404
- 4.4.4 „… hätte ich aber die conträren Gesinnungen“: Margret Bilger und der Nationalsozialismus 409
- 4.5 Drittes Resümee oder: Wie politisch waren die „unpolitischen“ KünstlerInnen? 422
- Dank 426
- Abkürzungsverzeichnis 428
- Tabellen- und Abbildungsverzeichnis 429
- Quellen- und Literaturverzeichnis 431
- Archive und Sammlungen 431
- Zeitungen/Zeitschriften/Jahrbücher 432
- Literatur und gedruckte Quellen 432
- Personenregister 463