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Einleitung30
Die Geburt musste sie gegenüber der Schule und ihrer Mutter verheimlichen und
das Kind zu Pflegeeltern in der Steiermark geben. Im Herbst 1929 übersiedelte sie
nach New York, wo sie als Kunstpädagogin arbeitete. Der ursprüngliche Plan, sich
in den USA zu etablieren und danach wieder nach Europa zurückzukehren, schei-
terte, wohl aus einer Mischung an ökonomischen und politischen Gründen. Die
Arbeit als selbständige Künstlerin litt unter der Belastung ihrer pädagogischen Ar-
beit. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs trat sie mit ihrem in Europa lebenden Sohn
in brieflichen Kontakt. Erika Giovanna Klien starb, vermutlich an den Folgen eines
Schlaganfalls, 1957 in New York. Erst Jahrzehnte später setzte in Österreich ein ers-
tes Interesse an Leben und Werk der Künstlerin ein.
Margret Bilger, 1904 in Graz
geboren, ist die Jüngste der ausge-
wählten ProtagonistInnen der vorlie-
genden Arbeit. Obwohl mehr als 20
Jahre jünger als Alfred Kubin, teilte
auch sie dieselben einschneidenden
politischen Ereignisse und Zäsuren:
Sie wuchs in der Monarchie auf, als
Kind und Jugendliche erlebte sie den
Ersten Weltkrieg, in der Armut und
politischen Unsicherheit der Ersten
Republik absolvierte sie ihre Ausbil-
dung. Den Idealen der Wandervo-
gelbewegung verhaftet lebte sie nach
den Prinzipien von Einfachheit,
Innerlichkeit und sozialem Enga-
gement, insbesondere die Fürsorge
für benachteiligte Kinder stand im
Mittelpunkt ihres jugendlichen Le-
bens. Die Entscheidung, Künstlerin
zu werden, stand im Widerspruch
zu einem Lebensweg, in dem die
Fürsorgearbeit im Mittelpunkt ste-
hen sollte. Der damit einhergehende
diesem Bild um diese Aufnahme handeln. Vgl. Slg. Pabst, NL Klien, EGK an Anna Klien, New
York 8.7.1930.
Abb. 6: Margret Bilger, um 1934
Open-Access-Publikation im Sinne der Lizenz CC BY 4.0
Zeitwesen
Autobiographik österreichischer Künstlerinnen und Künstler im Spannungsfeld von Politik und Gesellschaft 1900–1945
- Titel
- Zeitwesen
- Untertitel
- Autobiographik österreichischer Künstlerinnen und Künstler im Spannungsfeld von Politik und Gesellschaft 1900–1945
- Autor
- Birgit Kirchmayr
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-23310-7
- Abmessungen
- 17.3 x 24.5 cm
- Seiten
- 468
- Kategorie
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 11
- Fragestellung und Ausgangsthesen 11
- Theoretische Bezugsrahmen 14
- Quellen 17
- „Zeitwesen“ oder: die ProtagonistInnen 20
- 1 Auto/Biographieforschung – KünstlerInnenforschung 33
- 2 KünstlerInnen über sich 79
- 2.1 Alfred Kubin – ein autobiographical life 80
- 2.2 Oskar Kokoschka – der biographische „Jongleur“ 105
- 2.3 Aloys Wach – Selbstbespiegelungen eines Suchenden 136
- 2.4 Erika Giovanna Klien – Autobiographische Fragmente 150
- 2.5 Margret Bilger – Autobiographisches wider Willen 164
- 2.6 Erstes Resümee oder: Wie KünstlerInnen über sich schreiben und dabei „biographische Formeln“ verwenden 175
- 3 KünstlerInnen und gesellschaftliche Diskurse 179
- 3.1 Der Geschlechterdiskurs des frühen 20. Jahrhunderts 180
- 3.1.1 Alfred Kubin und die Misogynie der Moderne 185
- 3.1.2 „Mörder, Hoffnung der Frauen“: Oskar Kokoschka und die (modernen) Amazonen 206
- 3.1.3 Erika Giovanna Klien – schwierige Emanzipationswege einer „neuen“ Frau 214
- 3.1.4 Zerrissenheit und Identitätssuche – Geschlechterbilder bei Margret Bilger 220
- 3.2 Geschwindigkeit – Fortschrittseuphorie versus Kulturpessimismus 232
- 3.2.1 Alfred Kubins Traumstadt „Perle“ als Versuchsstation der Fortschrittsverweigerung 236
- 3.2.2 „Im Riesengefängnis New York“: Erika Giovanna Klien und ihr Verhältnis zu Stadt, Geschwindigkeit und Technik 245
- 3.2.3 Der Rückzug aufs Land: Alfred Kubin und Margret Bilger 256
- 3.2.4 „Haste nicht und raste nie. Sonst hastet die Neurasthenie“: ein Exkurs zum Nervendiskurs 264
- 3.3 Esoterik – Spirituelle Sinnsuche im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert 271
- 3.4. Zweites Resümee oder: Welche Diskurse der Moderne die KünstlerInnen bewegten 308
- 3.1 Der Geschlechterdiskurs des frühen 20. Jahrhunderts 180
- 4 KünstlerInnen und Politik – Von der Monarchie bis zum Nationalsozialismus 313
- 4.1 Die Legende vom unpolitischen Künstler – Zum Verständnis von Kunst und Politik bis 1945 315
- 4.2 Erster Weltkrieg und das Ende der k. u. k. Monarchie 319
- 4.3 Zwischen den Kriegen: Revolution(en), Republik(en), „Ständestaat“ 349
- 4.3.1 Der „Kunstlump“ – Oskar Kokoschka und die (deutsche) Revolution 353
- 4.3.2 Aloys Wach und die Münchner Räterepublik 360
- 4.3.3 Aus der Distanz: Erika Giovanna Klien und die österreichische Zwischenkriegszeit 368
- 4.3.4 „Weil ich nicht in der Vaterlandspartei bin“: Positionen zum „Ständestaat“ bei Oskar Kokoschka und Alfred Kubin 373
- 4.4 Nationalsozialismus 382
- 4.4.1 „… diese stummen Geister der Auflehnung“: Alfred Kubin und der Nationalsozialismus 385
- 4.4.2 Oskar Kokoschka: Selbstbildnis eines „entarteten“ Künstlers 397
- 4.4.3 „22° Waage“: Aloys Wach und der Nationalsozialismus 404
- 4.4.4 „… hätte ich aber die conträren Gesinnungen“: Margret Bilger und der Nationalsozialismus 409
- 4.5 Drittes Resümee oder: Wie politisch waren die „unpolitischen“ KünstlerInnen? 422
- Dank 426
- Abkürzungsverzeichnis 428
- Tabellen- und Abbildungsverzeichnis 429
- Quellen- und Literaturverzeichnis 431
- Archive und Sammlungen 431
- Zeitungen/Zeitschriften/Jahrbücher 432
- Literatur und gedruckte Quellen 432
- Personenregister 463