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Zeitwesen - Autobiographik österreichischer Künstlerinnen und Künstler im Spannungsfeld von Politik und Gesellschaft 1900–1945
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| 1 Auto/Biographieforschung – KünstlerInnenforschung36 Arbeit des französischen Literaturwissenschafters Philippe Lejeune legte dieser eine umfassende Beschreibung und Typisierung der Autobiographie vor und stellte dabei die These vom „autobiographischen Pakt“ in das Zentrum seiner Argumentation.9 In vier Kategorien (sprachliche Form, behandeltes Thema, Situation des Autors, Po- sition des Erzählers) werden die Merkmale einer Autobiographie festgelegt, zentral für Lejeune ist die durch den Namen nachgewiesene Identität von Autor, Erzähler und Protagonist: „Der autobiographische Pakt ist die Behauptung dieser Identität im Text, die letztlich auf den Namen des Autors auf dem Umschlag verweist.“10 Der Name erhält bei Lejeune somit zentrale Bedeutung, der autobiographische Pakt ba- siert auf der Namensidentität: „Name des Protagonisten=Name des Autors. Allein diese Tatsache schließt die Möglichkeit einer Fiktion aus. Selbst wenn die Erzählung historisch gesehen völlig falsch ist, gehört sie dem Bereich der Lüge an (einer ‚auto- biographischen‘ Kategorie), und nicht dem der Fiktion.“11 Vor allem aus dem Bereich der feminist studies kamen notwendige kritische Kor- rektive zu Lejeunes Ansatz, der in vielfacher Weise weibliches autobiographisches Schreiben ignoriert. Allein die Fokussierung auf die Namensidentität blendet weib- liche Realität aus, in der Identitätsbrüche häufig mit Namensänderungen verbunden waren/sind und die Bezugnahme auf einen Eigennamen weniger klar und einfach vollzogen wird als in männlichen Biographien.12 Generell wird die scheinbar klare Grenzziehung zwischen Biographie und Auto- biographie immer mehr in Frage gestellt. In letzter Zeit setzt sich in der Forschung immer stärker der Begriff „Auto/Biographie“ durch. Was ist damit gemeint? In ers- ter Linie geht es darum, durch die Doppelbegrifflichkeit auf die nicht immer klaren 9 Philippe Lejeune, Der autobiographische Pakt, Frankfurt am Main 1994. 10 Lejeune, Der autobiographische Pakt, 27. 11 Lejeune, Der autobiographische Pakt, 27. 12 Eine kritische Auseinandersetzung mit Lejeunes Fokus auf den Eigennamen findet sich u.a. bei: Elke Ramm, Warum existieren keine ‚klassischen‘ Autobiographien von Frauen, in: Michaela Hol- denried (Hg.), Geschriebenes Leben. Autobiographik von Frauen, Berlin 1995, 130–141, 139. Eine Problematisierung von „Namen und Benennungen“ im Bereich weiblicher Auto/Biographik findet sich in Bezug auf die biographierte Protagonistin auch bei Monika Bernold/Johanna Gehmacher, Auto/Biographie und Frauenfrage. Tagebücher, Briefwechsel, Politische Schriften von Mathilde Hanzel-Hübner (1884–1970), Wien 2003, 19–21. Für die vorliegende Arbeit erweisen sich diese Überlegungen v.a. in Bezug auf die auto/biographische Darstellung von Margret Bilger als relevant, deren Namen durch Heirat(en) mehrere Wechsel erfuhr, wobei Namenswechsel hier durchaus als Identitätszäsuren verstanden werden müssen. Auch bei männlichen Protagonisten können Na- menswechsel Identitätsetappen markieren, nicht zuletzt bei Künstlern und gewählten Künstler- namen. Als Beispiel in der hier vorliegenden Arbeit muss Aloys Wach genannt werden, der sich erst ab etwa 1920 so bezeichnete, nachdem er zuvor den „bürgerlichen“ Namen Alois Wachlmayr geführt hatte. Open-Access-Publikation im Sinne der Lizenz CC BY 4.0
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Zeitwesen Autobiographik österreichischer Künstlerinnen und Künstler im Spannungsfeld von Politik und Gesellschaft 1900–1945
Titel
Zeitwesen
Untertitel
Autobiographik österreichischer Künstlerinnen und Künstler im Spannungsfeld von Politik und Gesellschaft 1900–1945
Autor
Birgit Kirchmayr
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-23310-7
Abmessungen
17.3 x 24.5 cm
Seiten
468
Kategorie
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. Einleitung 11
  2. Fragestellung und Ausgangsthesen 11
  3. Theoretische Bezugsrahmen 14
  4. Quellen 17
  5. „Zeitwesen“ oder: die ProtagonistInnen 20
  6. 1 Auto/Biographieforschung – KünstlerInnenforschung 33
    1. 1.1 Auto/Biographieforschung 33
      1. 1.1.1 Lebenslauf, Biographie, Autobiographie oder Auto/Biographie? 34
      2. 1.1.2 Auto/Biographie und Geschichtswissenschaft 39
      3. 1.1.3 Auto/Biographie und Geschlecht 47
    2. 1.2 Künstlerauto/biographie 51
      1. 1.2.1 Von Vasaris Viten bis „Inventing Leonardo“: Zur Geschichte der Künstlerbiographik 51
      2. 1.2.2 „Biographische Formeln“: Die „Legende vom Künstler“ 54
      3. 1.2.3 Geniekonzept und Autobiographical Life 59
    3. 1.3 Auto/Biographische Quellen 63
      1. 1.3.1 Autobiographie 65
      2. 1.3.2 Brief 66
      3. 1.3.3 Tagebuch 72
  7. 2 KünstlerInnen über sich 79
    1. 2.1 Alfred Kubin – ein autobiographical life 80
      1. 2.1.1 Der Künstler, sein Archivar und sein Nachlass 80
      2. 2.1.2 Die Autobiographie „Aus meinem Leben“ (1911–1952) 83
    2. 2.2 Oskar Kokoschka – der biographische „Jongleur“ 105
      1. 2.2.1 Der Künstler als Erzähler 105
      2. 2.2.2 Die Autobiographie „Mein Leben“ (1971) 109
    3. 2.3 Aloys Wach – Selbstbespiegelungen eines Suchenden 136
      1. 2.3.1 Autobiographisches in Tagebüchern und Briefen 136
      2. 2.3.2 „Biographische Notizen“ (1929) 138
    4. 2.4 Erika Giovanna Klien – Autobiographische Fragmente 150
      1. 2.4.1 Erklärungen zu einem Negativbefund 150
      2. 2.4.2 Die „Klessheimer Sendboten“ (1927) 154
    5. 2.5 Margret Bilger – Autobiographisches wider Willen 164
      1. 2.5.1 Versuch einer Verweigerung 164
      2. 2.5.2 Der „Lebensbericht“ (1968) 166
    6. 2.6 Erstes Resümee oder: Wie KünstlerInnen über sich schreiben und dabei „biographische Formeln“ verwenden 175
  8. 3 KünstlerInnen und gesellschaftliche Diskurse 179
    1. 3.1 Der Geschlechterdiskurs des frühen 20. Jahrhunderts 180
      1. 3.1.1 Alfred Kubin und die Misogynie der Moderne 185
      2. 3.1.2 „Mörder, Hoffnung der Frauen“: Oskar Kokoschka und die (modernen) Amazonen 206
      3. 3.1.3 Erika Giovanna Klien – schwierige Emanzipationswege einer „neuen“ Frau 214
      4. 3.1.4 Zerrissenheit und Identitätssuche – Geschlechterbilder bei Margret Bilger 220
    2. 3.2 Geschwindigkeit – Fortschrittseuphorie versus Kulturpessimismus 232
      1. 3.2.1 Alfred Kubins Traumstadt „Perle“ als Versuchsstation der Fortschrittsverweigerung 236
      2. 3.2.2 „Im Riesengefängnis New York“: Erika Giovanna Klien und ihr Verhältnis zu Stadt, Geschwindigkeit und Technik 245
      3. 3.2.3 Der Rückzug aufs Land: Alfred Kubin und Margret Bilger 256
      4. 3.2.4 „Haste nicht und raste nie. Sonst hastet die Neurasthenie“: ein Exkurs zum Nervendiskurs 264
    3. 3.3 Esoterik – Spirituelle Sinnsuche im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert 271
      1. 3.3.1 Alfred Kubin: Von der Ariosophie zum Buddhismus 277
      2. 3.3.2 Aloys Wach, die Kabbala und Jesus Christus als „Okkultist“ . . . . . . . 284 Exkurs: Die „Affäre Schappeller“ 291
    4. 3.4. Zweites Resümee oder: Welche Diskurse der Moderne die KünstlerInnen bewegten 308
  9. 4 KünstlerInnen und Politik – Von der Monarchie bis zum Nationalsozialismus 313
    1. 4.1 Die Legende vom unpolitischen Künstler – Zum Verständnis von Kunst und Politik bis 1945 315
    2. 4.2 Erster Weltkrieg und das Ende der k. u. k. Monarchie 319
      1. 4.2.1 Kubin, der Krieg und das Ende der „alten Ruhe“ 321
      2. 4.2.2 „Ich bin so froh, dass ich noch lebe“: Oskar Kokoschka und der Erste Weltkrieg 328
    3. 4.3 Zwischen den Kriegen: Revolution(en), Republik(en), „Ständestaat“ 349
      1. 4.3.1 Der „Kunstlump“ – Oskar Kokoschka und die (deutsche) Revolution 353
      2. 4.3.2 Aloys Wach und die Münchner Räterepublik 360
      3. 4.3.3 Aus der Distanz: Erika Giovanna Klien und die österreichische Zwischenkriegszeit 368
      4. 4.3.4 „Weil ich nicht in der Vaterlandspartei bin“: Positionen zum „Ständestaat“ bei Oskar Kokoschka und Alfred Kubin 373
    4. 4.4 Nationalsozialismus 382
      1. 4.4.1 „… diese stummen Geister der Auflehnung“: Alfred Kubin und der Nationalsozialismus 385
      2. 4.4.2 Oskar Kokoschka: Selbstbildnis eines „entarteten“ Künstlers 397
      3. 4.4.3 „22° Waage“: Aloys Wach und der Nationalsozialismus 404
      4. 4.4.4 „… hätte ich aber die conträren Gesinnungen“: Margret Bilger und der Nationalsozialismus 409
    5. 4.5 Drittes Resümee oder: Wie politisch waren die „unpolitischen“ KünstlerInnen? 422
  10. Dank 426
  11. Abkürzungsverzeichnis 428
  12. Tabellen- und Abbildungsverzeichnis 429
  13. Quellen- und Literaturverzeichnis 431
  14. Archive und Sammlungen 431
  15. Zeitungen/Zeitschriften/Jahrbücher 432
  16. Literatur und gedruckte Quellen 432
  17. Personenregister 463
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