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3.3 Esoterik – Spirituelle Sinnsuche im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert | 307
Phänomen weiter publizistisch verarbeiten. Im Dezember 1936 teilte er dem Redak-
teur des Salzburger Volksblattes und Mitarbeiter des Salzburger Bergland-Verlags
Reinhold Glaser von gleich mehreren Publikationsvorhaben dazu mit. Er hatte dem
Redakteur zuvor die Skizze „Ein Schloß im Innviertel“ übermittelt, mit der Reak-
tion darauf war er aber nicht zufrieden. Offenbar wollte der Redakteur den Streit
zwischen dem Künstler und Schappeller in den Mittelpunkt gestellt haben, Wach
wollte das Thema aber „in einer breiter gelagerten, rein literarisch-wissenschaftli-
chen Arbeit“ ausarbeiten und berichtete, dass er dazu bereits mehrere Bücher in
Ausarbeitung habe: Eines solle noch im selben Jahr zu Weihnachten veröffentlicht
werden und sich „mit dem Feuer, das durch die Zahl 22 umschrieben ist“ befassen,
ein weiteres, das ebenfalls kurz vor der Vollendung stehe, trage den Titel „Das Ge-
heimnis der Zahl 22“ und ein drittes schließlich benannte er mit dem Titel „Gott in
Asien. Seele und Angesicht“:
„Alle diese Bücher klären nur dieses eine, auch in A.münster auf seine besondere Art
vorliegende Problem.“400
Damit nicht genug folgte im Jahr darauf ein weiterer Buchvorschlag für den Bergland-
Verlag. Nun ging es um ein Projekt, das sich ausgehend von einem graphologischen
Gutachten zu Carl Schappeller generell der Thematik der Handschrift widmen woll-
te.401 Nach derzeitigem Wissens- und Forschungsstand ist zu keinem der genannten
vier Projekte eine Publikation bekannt. Erst 1939 erschien ein weiteres Buch von
Aloys Wach mit dem Titel „Das Christusgeburtsbild“ im Wilhelm-Barth-Verlag, in
dem auch die Schriften von Wachs verehrtem Éliphas Lévi publiziert worden waren.402
Wach wandte sich zunehmend wieder jener Erlöserfigur zu, mit der er sich seit
den 1920er-Jahren in Leben und Werk intensiv auseinandergesetzt hatte: Jesus
Christus. Von Schappeller enttäuscht kehrte er zum christlichen Mysterium – in sei-
ner höchsteigenen Interpretation – zurück:
biger Schappellers während des laufenden Konkursverfahrens „an den andern Gläubigern vorbei“
sein Geld erstattet bekommen habe. Er berichtete darin auch davon, dass zwei ansässige Bauern,
ebenfalls Gläubiger Schappellers, ihren Hof verkaufen mussten. Vgl. Bezirksmuseum Herzogsburg,
AW an Reinhold Glaser, Braunau 25.11.1937. Leider konnten bislang keine Quellen gefunden wer-
den, aus denen hervorgeht, ob Wach sein Geld im Laufe des Konkursverfahrens zurückbekam, es
erscheint aber angesichts seiner anhaltenden Geldnöte als nicht wahrscheinlich.
400 Bezirksmuseum Herzogsburg, NL Wach, AW an Reinhold Glaser, Braunau 5.12.1936.
401 Bezirksmuseum Herzogsburg, NL Wach, AW an Reinhold Glaser, Braunau 10.1.1937.
402 Alois Wachlmayr, Das Christusgeburtsbild der frühen Sakralkunst, München 1939. Ein hand-
schriftliches Manuskript aus dem Jahr 1937 mit dem Titel „Sakralkunst. Geheimnis. Tiefengesicht“
befindet sich in OÖLM, Bibliothek, NL Wach.
Open-Access-Publikation im Sinne der Lizenz CC BY 4.0
Zeitwesen
Autobiographik österreichischer Künstlerinnen und Künstler im Spannungsfeld von Politik und Gesellschaft 1900–1945
- Titel
- Zeitwesen
- Untertitel
- Autobiographik österreichischer Künstlerinnen und Künstler im Spannungsfeld von Politik und Gesellschaft 1900–1945
- Autor
- Birgit Kirchmayr
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-23310-7
- Abmessungen
- 17.3 x 24.5 cm
- Seiten
- 468
- Kategorie
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 11
- Fragestellung und Ausgangsthesen 11
- Theoretische Bezugsrahmen 14
- Quellen 17
- „Zeitwesen“ oder: die ProtagonistInnen 20
- 1 Auto/Biographieforschung – KünstlerInnenforschung 33
- 2 KünstlerInnen über sich 79
- 2.1 Alfred Kubin – ein autobiographical life 80
- 2.2 Oskar Kokoschka – der biographische „Jongleur“ 105
- 2.3 Aloys Wach – Selbstbespiegelungen eines Suchenden 136
- 2.4 Erika Giovanna Klien – Autobiographische Fragmente 150
- 2.5 Margret Bilger – Autobiographisches wider Willen 164
- 2.6 Erstes Resümee oder: Wie KünstlerInnen über sich schreiben und dabei „biographische Formeln“ verwenden 175
- 3 KünstlerInnen und gesellschaftliche Diskurse 179
- 3.1 Der Geschlechterdiskurs des frühen 20. Jahrhunderts 180
- 3.1.1 Alfred Kubin und die Misogynie der Moderne 185
- 3.1.2 „Mörder, Hoffnung der Frauen“: Oskar Kokoschka und die (modernen) Amazonen 206
- 3.1.3 Erika Giovanna Klien – schwierige Emanzipationswege einer „neuen“ Frau 214
- 3.1.4 Zerrissenheit und Identitätssuche – Geschlechterbilder bei Margret Bilger 220
- 3.2 Geschwindigkeit – Fortschrittseuphorie versus Kulturpessimismus 232
- 3.2.1 Alfred Kubins Traumstadt „Perle“ als Versuchsstation der Fortschrittsverweigerung 236
- 3.2.2 „Im Riesengefängnis New York“: Erika Giovanna Klien und ihr Verhältnis zu Stadt, Geschwindigkeit und Technik 245
- 3.2.3 Der Rückzug aufs Land: Alfred Kubin und Margret Bilger 256
- 3.2.4 „Haste nicht und raste nie. Sonst hastet die Neurasthenie“: ein Exkurs zum Nervendiskurs 264
- 3.3 Esoterik – Spirituelle Sinnsuche im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert 271
- 3.4. Zweites Resümee oder: Welche Diskurse der Moderne die KünstlerInnen bewegten 308
- 3.1 Der Geschlechterdiskurs des frühen 20. Jahrhunderts 180
- 4 KünstlerInnen und Politik – Von der Monarchie bis zum Nationalsozialismus 313
- 4.1 Die Legende vom unpolitischen Künstler – Zum Verständnis von Kunst und Politik bis 1945 315
- 4.2 Erster Weltkrieg und das Ende der k. u. k. Monarchie 319
- 4.3 Zwischen den Kriegen: Revolution(en), Republik(en), „Ständestaat“ 349
- 4.3.1 Der „Kunstlump“ – Oskar Kokoschka und die (deutsche) Revolution 353
- 4.3.2 Aloys Wach und die Münchner Räterepublik 360
- 4.3.3 Aus der Distanz: Erika Giovanna Klien und die österreichische Zwischenkriegszeit 368
- 4.3.4 „Weil ich nicht in der Vaterlandspartei bin“: Positionen zum „Ständestaat“ bei Oskar Kokoschka und Alfred Kubin 373
- 4.4 Nationalsozialismus 382
- 4.4.1 „… diese stummen Geister der Auflehnung“: Alfred Kubin und der Nationalsozialismus 385
- 4.4.2 Oskar Kokoschka: Selbstbildnis eines „entarteten“ Künstlers 397
- 4.4.3 „22° Waage“: Aloys Wach und der Nationalsozialismus 404
- 4.4.4 „… hätte ich aber die conträren Gesinnungen“: Margret Bilger und der Nationalsozialismus 409
- 4.5 Drittes Resümee oder: Wie politisch waren die „unpolitischen“ KünstlerInnen? 422
- Dank 426
- Abkürzungsverzeichnis 428
- Tabellen- und Abbildungsverzeichnis 429
- Quellen- und Literaturverzeichnis 431
- Archive und Sammlungen 431
- Zeitungen/Zeitschriften/Jahrbücher 432
- Literatur und gedruckte Quellen 432
- Personenregister 463