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Zeitwesen - Autobiographik österreichischer Künstlerinnen und Künstler im Spannungsfeld von Politik und Gesellschaft 1900–1945
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4.2 Erster Weltkrieg und das Ende der k.  u.  k. Monarchie | 331 Der Blick auf die einzelnen Phasen von Kokoschkas Kriegsteilnahme beginnt mit seiner Meldung als „Einjährig-Freiwilliger“.60 In der jüngsten Forschung wird die Frage gestellt, ob Kokoschka ebenso wie viele andere Künstler der zeitgenössischen Kriegseuphorie verfallen sei.61 Dass er sich „freiwillig“ meldete, kann jedenfalls nicht als Indiz für eine Kriegsbegeisterung gesehen werden, vielmehr kam er damit, wie er in der Autobiographie selbst und zutreffend schreibt, einer Einberufung nur zuvor. Die Meldung als „Einjährig-Freiwilliger“ brachte den Vorteil, sich das Regi- ment aussuchen zu können. Dass er zum noblen k.  u.  k. Dragonerregiment Nr.  15 kam, ging auf die Intervention seines väterlichen Freundes Adolf Loos zurück. Dass Kokoschka aber auch weniger „noble“ Kriegsteilnehmer bereits in den ersten Tagen nach Kriegsausbruch beobachtete und dabei ein keineswegs geschöntes Bild abgab, bezeugen Briefe, die er in den ersten Tagen der Mobilisierung im Sommer 1914 an Alma Mahler schrieb. So heißt es dort: „Am Südbahnhof, auf dem ich gestern nachgefragt habe, wie die Züge gehen, war es abends bis über die ganze Straße und in der Halle bis oben voll von elenden Frauen und Kindern, die weinend zurückgeblieben sind, nachdem die Reservisten weggefahren waren.“62 Und etwa zur selben Zeit: „Die Frau, die mit dem Mann zum Bahnhof ging, war blau im Gesicht und hat gelächelt. Dann ist sie weggegangen und hat zu ihm gesagt als Spaß: ‚Schieß nur nicht zu viel von den Serbianern nieder, die können auch nichts dafür.‘ Dann hat sie sich hinter den Leuten versteckt. Der Mann hatte sich Mut angetrunken und hat zu ihr gesagt: ‚Jetzt geh!‘ Und ist in die Halle getorkelt. Dann war er plötzlich nüchtern, und wie er seine Frau nicht mehr 60 Eine genaue Datierung seiner Meldung ist mir bis dato nicht bekannt. Erste Ankündigungen Ko- koschkas dazu finden sich in verschiedenen Briefen seit Ausbruch des Krieges, der Beginn der Ausbildung erfolgte im Jänner 1915, die offizielle Aufnahme als „Einjährig-Freiwilliger“ beim Dragonerregiment Nr. 15 erfolgte gemäß des „Hauptgrundbuchblattes“ von Oskar Kokoschka am 9.2.1915. Vgl. Österreichisches Staatsarchiv (ÖStA), Kriegsarchiv (KA), Pers. GBBL, Hauptgrund- buchblatt Oskar Kokoschka. Ein Faksimile des Dokuments findet sich unter http://wk1.staatsar- chiv.at/propaganda-kuenstler-und-kpq/bildende-kunst/oskar-kokoschka/#/?a=artefactgroup296 (2.9.2019). 61 Vgl. v.a. Régine Bonnefoit/Gertrud Held, Oskar Kokoschka 1915–1917. Vom Kriegsmaler zum Pazifisten, in: Uwe M. Schneede/Kunst- und Ausstellungshalle Bonn (Hg.), 1914. Die Avantgarden im Kampf, Köln 2013, 246–253. 62 OK an Alma Mahler, Wien 20.7.1914, zit. nach Kokoschka, Briefe I, 172. Open-Access-Publikation im Sinne der Lizenz CC BY 4.0
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Zeitwesen Autobiographik österreichischer Künstlerinnen und Künstler im Spannungsfeld von Politik und Gesellschaft 1900–1945
Titel
Zeitwesen
Untertitel
Autobiographik österreichischer Künstlerinnen und Künstler im Spannungsfeld von Politik und Gesellschaft 1900–1945
Autor
Birgit Kirchmayr
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-23310-7
Abmessungen
17.3 x 24.5 cm
Seiten
468
Kategorie
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. Einleitung 11
  2. Fragestellung und Ausgangsthesen 11
  3. Theoretische Bezugsrahmen 14
  4. Quellen 17
  5. „Zeitwesen“ oder: die ProtagonistInnen 20
  6. 1 Auto/Biographieforschung – KünstlerInnenforschung 33
    1. 1.1 Auto/Biographieforschung 33
      1. 1.1.1 Lebenslauf, Biographie, Autobiographie oder Auto/Biographie? 34
      2. 1.1.2 Auto/Biographie und Geschichtswissenschaft 39
      3. 1.1.3 Auto/Biographie und Geschlecht 47
    2. 1.2 Künstlerauto/biographie 51
      1. 1.2.1 Von Vasaris Viten bis „Inventing Leonardo“: Zur Geschichte der Künstlerbiographik 51
      2. 1.2.2 „Biographische Formeln“: Die „Legende vom Künstler“ 54
      3. 1.2.3 Geniekonzept und Autobiographical Life 59
    3. 1.3 Auto/Biographische Quellen 63
      1. 1.3.1 Autobiographie 65
      2. 1.3.2 Brief 66
      3. 1.3.3 Tagebuch 72
  7. 2 KünstlerInnen über sich 79
    1. 2.1 Alfred Kubin – ein autobiographical life 80
      1. 2.1.1 Der Künstler, sein Archivar und sein Nachlass 80
      2. 2.1.2 Die Autobiographie „Aus meinem Leben“ (1911–1952) 83
    2. 2.2 Oskar Kokoschka – der biographische „Jongleur“ 105
      1. 2.2.1 Der Künstler als Erzähler 105
      2. 2.2.2 Die Autobiographie „Mein Leben“ (1971) 109
    3. 2.3 Aloys Wach – Selbstbespiegelungen eines Suchenden 136
      1. 2.3.1 Autobiographisches in Tagebüchern und Briefen 136
      2. 2.3.2 „Biographische Notizen“ (1929) 138
    4. 2.4 Erika Giovanna Klien – Autobiographische Fragmente 150
      1. 2.4.1 Erklärungen zu einem Negativbefund 150
      2. 2.4.2 Die „Klessheimer Sendboten“ (1927) 154
    5. 2.5 Margret Bilger – Autobiographisches wider Willen 164
      1. 2.5.1 Versuch einer Verweigerung 164
      2. 2.5.2 Der „Lebensbericht“ (1968) 166
    6. 2.6 Erstes Resümee oder: Wie KünstlerInnen über sich schreiben und dabei „biographische Formeln“ verwenden 175
  8. 3 KünstlerInnen und gesellschaftliche Diskurse 179
    1. 3.1 Der Geschlechterdiskurs des frühen 20. Jahrhunderts 180
      1. 3.1.1 Alfred Kubin und die Misogynie der Moderne 185
      2. 3.1.2 „Mörder, Hoffnung der Frauen“: Oskar Kokoschka und die (modernen) Amazonen 206
      3. 3.1.3 Erika Giovanna Klien – schwierige Emanzipationswege einer „neuen“ Frau 214
      4. 3.1.4 Zerrissenheit und Identitätssuche – Geschlechterbilder bei Margret Bilger 220
    2. 3.2 Geschwindigkeit – Fortschrittseuphorie versus Kulturpessimismus 232
      1. 3.2.1 Alfred Kubins Traumstadt „Perle“ als Versuchsstation der Fortschrittsverweigerung 236
      2. 3.2.2 „Im Riesengefängnis New York“: Erika Giovanna Klien und ihr Verhältnis zu Stadt, Geschwindigkeit und Technik 245
      3. 3.2.3 Der Rückzug aufs Land: Alfred Kubin und Margret Bilger 256
      4. 3.2.4 „Haste nicht und raste nie. Sonst hastet die Neurasthenie“: ein Exkurs zum Nervendiskurs 264
    3. 3.3 Esoterik – Spirituelle Sinnsuche im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert 271
      1. 3.3.1 Alfred Kubin: Von der Ariosophie zum Buddhismus 277
      2. 3.3.2 Aloys Wach, die Kabbala und Jesus Christus als „Okkultist“ . . . . . . . 284 Exkurs: Die „Affäre Schappeller“ 291
    4. 3.4. Zweites Resümee oder: Welche Diskurse der Moderne die KünstlerInnen bewegten 308
  9. 4 KünstlerInnen und Politik – Von der Monarchie bis zum Nationalsozialismus 313
    1. 4.1 Die Legende vom unpolitischen Künstler – Zum Verständnis von Kunst und Politik bis 1945 315
    2. 4.2 Erster Weltkrieg und das Ende der k. u. k. Monarchie 319
      1. 4.2.1 Kubin, der Krieg und das Ende der „alten Ruhe“ 321
      2. 4.2.2 „Ich bin so froh, dass ich noch lebe“: Oskar Kokoschka und der Erste Weltkrieg 328
    3. 4.3 Zwischen den Kriegen: Revolution(en), Republik(en), „Ständestaat“ 349
      1. 4.3.1 Der „Kunstlump“ – Oskar Kokoschka und die (deutsche) Revolution 353
      2. 4.3.2 Aloys Wach und die Münchner Räterepublik 360
      3. 4.3.3 Aus der Distanz: Erika Giovanna Klien und die österreichische Zwischenkriegszeit 368
      4. 4.3.4 „Weil ich nicht in der Vaterlandspartei bin“: Positionen zum „Ständestaat“ bei Oskar Kokoschka und Alfred Kubin 373
    4. 4.4 Nationalsozialismus 382
      1. 4.4.1 „… diese stummen Geister der Auflehnung“: Alfred Kubin und der Nationalsozialismus 385
      2. 4.4.2 Oskar Kokoschka: Selbstbildnis eines „entarteten“ Künstlers 397
      3. 4.4.3 „22° Waage“: Aloys Wach und der Nationalsozialismus 404
      4. 4.4.4 „… hätte ich aber die conträren Gesinnungen“: Margret Bilger und der Nationalsozialismus 409
    5. 4.5 Drittes Resümee oder: Wie politisch waren die „unpolitischen“ KünstlerInnen? 422
  10. Dank 426
  11. Abkürzungsverzeichnis 428
  12. Tabellen- und Abbildungsverzeichnis 429
  13. Quellen- und Literaturverzeichnis 431
  14. Archive und Sammlungen 431
  15. Zeitungen/Zeitschriften/Jahrbücher 432
  16. Literatur und gedruckte Quellen 432
  17. Personenregister 463
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