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Zeitwesen - Autobiographik österreichischer Künstlerinnen und Künstler im Spannungsfeld von Politik und Gesellschaft 1900–1945
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4.3 Zwischen den Kriegen: Revolution(en), Republik(en), „Ständestaat“ | 377 ist die Erstaufführung des Dramas ‚Stefan Fadinger‘ von H[einz] H[ermann] Ortner an der Landesbühne von Linz angesetzt. Ich zweifle, dass man die Aufführung zulässt. Es ist eine Ironie des Schicksals, dass zur Zeit H.  v. Hammerstein Sicherheitsdirektor in Ober- österreich ist. Ortner war im Frühjahr 1933 in Braunau, und an einem Abend entwickelte er im Café Post in Braunau H.  v. Hammerstein und mir sein Drama, das den ob. öst. Freiheitshelden Stefan Fadinger auf die Bühne bringen sollte. Er hatte Monate in Archiven und Büchern studiert, um die historische Echtheit Fadingers getreu bringen zu können. Es ist nun merkwürdig, das seine Studien ein Bild der damaligen Situation ergaben, das der heutigen unglaublich ähnlich ist. Dass ausgerechnet H.  v. Hammerstein in die Gescheh- nisse dieser Zeit so verantwortlich verwickelt ist, das ist ein Spiel des Zufalls, den man nicht anerkennen will.“208 Wie Kubin zu Hammersteins Rolle 1934 stand, darüber sind keine Äußerungen be- kannt. Es kann davon ausgegangen werden, dass er auch diesem politischen Gesche- hen ganz grundsätzlich mit Distanz gegenüberstand. Seine Künstlergildenkollegen Hammerstein und nach dem „Anschluss“ der bereits erwähnte Mandelsloh sollten für Kubin jedenfalls keine unwichtige Rolle spielen, indem sie über politische Funk- tionen verfügten, die für den berühmten Kollegen fördernde respektive schützende Wirkung einnahmen. 1937 ehrte das ständestaatliche Österreich auch Kokoschka, der mittlerweile sei- nen Lebensmittelpunkt nach Prag verlegt hatte und wohl nicht als Sympathisant des Dollfuß-Schuschnigg-Regimes galt.209 Auf Initiative des Malers Carl Moll, der als Stiefvater Alma Mahlers mit Oskar Kokoschka besonders vertraut war, brachte das Österreichische Museum für Kunst und Industrie (heute MAK) eine Kokoschka- Ausstellung. Unmittelbarer Anlass war auch hier ein runder Geburtstag – schon 1936 war Kokoschka fünfzig Jahre alt geworden. 208 Aloys Wach, Tagebuchblätter ab 1933, Eintrag 14.2.1934. 209 In der Forschung zu Oskar Kokoschka wurde dessen ablehnende Haltung zum österreichischen „Ständestaat“ teilweise relativiert: Leo  A. Lensing wies auf Diskrepanzen zwischen der in der Aus- gabe der Gesammelten Schriften publizierten Version eines Kokoschka-Vortrags im Österreichi- schen Werkbund 1934 und der im März 1934 im „Neuen Wiener Journal“ publizierten Version hin. Teilweise ständestaatsympathisierende Abschnitte seien in der überarbeiteten Fassung der Gesammelten Schriften nicht übernommen worden. Vgl. Leo  A. Lensing, Kokoschka lesen! Nör- gelnde Anmerkungen eines Literaturhistorikers, in: Hochschule für angewandte Kunst Wien (Hg.), Oskar Kokoschka – aktuelle Perspektiven, Wien 1998, 46–49. Dies passt generell in das Bild, das sich im Vergleich der edierten autobiographischen Dokumente mit früheren oder unveröffentlich- ten Fassungen ergibt, indem politische Stellungnahmen oder Aktivitäten zugunsten des gewählten autobiographischen Narrativs oft in selektiver oder veränderter Form zu finden sind. Open-Access-Publikation im Sinne der Lizenz CC BY 4.0
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Zeitwesen Autobiographik österreichischer Künstlerinnen und Künstler im Spannungsfeld von Politik und Gesellschaft 1900–1945
Titel
Zeitwesen
Untertitel
Autobiographik österreichischer Künstlerinnen und Künstler im Spannungsfeld von Politik und Gesellschaft 1900–1945
Autor
Birgit Kirchmayr
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-23310-7
Abmessungen
17.3 x 24.5 cm
Seiten
468
Kategorie
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. Einleitung 11
  2. Fragestellung und Ausgangsthesen 11
  3. Theoretische Bezugsrahmen 14
  4. Quellen 17
  5. „Zeitwesen“ oder: die ProtagonistInnen 20
  6. 1 Auto/Biographieforschung – KünstlerInnenforschung 33
    1. 1.1 Auto/Biographieforschung 33
      1. 1.1.1 Lebenslauf, Biographie, Autobiographie oder Auto/Biographie? 34
      2. 1.1.2 Auto/Biographie und Geschichtswissenschaft 39
      3. 1.1.3 Auto/Biographie und Geschlecht 47
    2. 1.2 Künstlerauto/biographie 51
      1. 1.2.1 Von Vasaris Viten bis „Inventing Leonardo“: Zur Geschichte der Künstlerbiographik 51
      2. 1.2.2 „Biographische Formeln“: Die „Legende vom Künstler“ 54
      3. 1.2.3 Geniekonzept und Autobiographical Life 59
    3. 1.3 Auto/Biographische Quellen 63
      1. 1.3.1 Autobiographie 65
      2. 1.3.2 Brief 66
      3. 1.3.3 Tagebuch 72
  7. 2 KünstlerInnen über sich 79
    1. 2.1 Alfred Kubin – ein autobiographical life 80
      1. 2.1.1 Der Künstler, sein Archivar und sein Nachlass 80
      2. 2.1.2 Die Autobiographie „Aus meinem Leben“ (1911–1952) 83
    2. 2.2 Oskar Kokoschka – der biographische „Jongleur“ 105
      1. 2.2.1 Der Künstler als Erzähler 105
      2. 2.2.2 Die Autobiographie „Mein Leben“ (1971) 109
    3. 2.3 Aloys Wach – Selbstbespiegelungen eines Suchenden 136
      1. 2.3.1 Autobiographisches in Tagebüchern und Briefen 136
      2. 2.3.2 „Biographische Notizen“ (1929) 138
    4. 2.4 Erika Giovanna Klien – Autobiographische Fragmente 150
      1. 2.4.1 Erklärungen zu einem Negativbefund 150
      2. 2.4.2 Die „Klessheimer Sendboten“ (1927) 154
    5. 2.5 Margret Bilger – Autobiographisches wider Willen 164
      1. 2.5.1 Versuch einer Verweigerung 164
      2. 2.5.2 Der „Lebensbericht“ (1968) 166
    6. 2.6 Erstes Resümee oder: Wie KünstlerInnen über sich schreiben und dabei „biographische Formeln“ verwenden 175
  8. 3 KünstlerInnen und gesellschaftliche Diskurse 179
    1. 3.1 Der Geschlechterdiskurs des frühen 20. Jahrhunderts 180
      1. 3.1.1 Alfred Kubin und die Misogynie der Moderne 185
      2. 3.1.2 „Mörder, Hoffnung der Frauen“: Oskar Kokoschka und die (modernen) Amazonen 206
      3. 3.1.3 Erika Giovanna Klien – schwierige Emanzipationswege einer „neuen“ Frau 214
      4. 3.1.4 Zerrissenheit und Identitätssuche – Geschlechterbilder bei Margret Bilger 220
    2. 3.2 Geschwindigkeit – Fortschrittseuphorie versus Kulturpessimismus 232
      1. 3.2.1 Alfred Kubins Traumstadt „Perle“ als Versuchsstation der Fortschrittsverweigerung 236
      2. 3.2.2 „Im Riesengefängnis New York“: Erika Giovanna Klien und ihr Verhältnis zu Stadt, Geschwindigkeit und Technik 245
      3. 3.2.3 Der Rückzug aufs Land: Alfred Kubin und Margret Bilger 256
      4. 3.2.4 „Haste nicht und raste nie. Sonst hastet die Neurasthenie“: ein Exkurs zum Nervendiskurs 264
    3. 3.3 Esoterik – Spirituelle Sinnsuche im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert 271
      1. 3.3.1 Alfred Kubin: Von der Ariosophie zum Buddhismus 277
      2. 3.3.2 Aloys Wach, die Kabbala und Jesus Christus als „Okkultist“ . . . . . . . 284 Exkurs: Die „Affäre Schappeller“ 291
    4. 3.4. Zweites Resümee oder: Welche Diskurse der Moderne die KünstlerInnen bewegten 308
  9. 4 KünstlerInnen und Politik – Von der Monarchie bis zum Nationalsozialismus 313
    1. 4.1 Die Legende vom unpolitischen Künstler – Zum Verständnis von Kunst und Politik bis 1945 315
    2. 4.2 Erster Weltkrieg und das Ende der k. u. k. Monarchie 319
      1. 4.2.1 Kubin, der Krieg und das Ende der „alten Ruhe“ 321
      2. 4.2.2 „Ich bin so froh, dass ich noch lebe“: Oskar Kokoschka und der Erste Weltkrieg 328
    3. 4.3 Zwischen den Kriegen: Revolution(en), Republik(en), „Ständestaat“ 349
      1. 4.3.1 Der „Kunstlump“ – Oskar Kokoschka und die (deutsche) Revolution 353
      2. 4.3.2 Aloys Wach und die Münchner Räterepublik 360
      3. 4.3.3 Aus der Distanz: Erika Giovanna Klien und die österreichische Zwischenkriegszeit 368
      4. 4.3.4 „Weil ich nicht in der Vaterlandspartei bin“: Positionen zum „Ständestaat“ bei Oskar Kokoschka und Alfred Kubin 373
    4. 4.4 Nationalsozialismus 382
      1. 4.4.1 „… diese stummen Geister der Auflehnung“: Alfred Kubin und der Nationalsozialismus 385
      2. 4.4.2 Oskar Kokoschka: Selbstbildnis eines „entarteten“ Künstlers 397
      3. 4.4.3 „22° Waage“: Aloys Wach und der Nationalsozialismus 404
      4. 4.4.4 „… hätte ich aber die conträren Gesinnungen“: Margret Bilger und der Nationalsozialismus 409
    5. 4.5 Drittes Resümee oder: Wie politisch waren die „unpolitischen“ KünstlerInnen? 422
  10. Dank 426
  11. Abkürzungsverzeichnis 428
  12. Tabellen- und Abbildungsverzeichnis 429
  13. Quellen- und Literaturverzeichnis 431
  14. Archive und Sammlungen 431
  15. Zeitungen/Zeitschriften/Jahrbücher 432
  16. Literatur und gedruckte Quellen 432
  17. Personenregister 463
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