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II.4 Rückeroberung von Öffentlichkeit
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den burschenschaftlicher Ideologie und Praxis rührten , erfuhr das völkische Prinzip Be-
kräftigung in einer teilweise den neuen Realitäten angepassten Form132 – einschließ-
lich der Folgerung , dass die Aufnahme von Mitgliedern „in die künftigen Bünde ( … )
sich selbstverständlich nur auf Arier zu beschränken“ habe133. Die Skepsis des Verfas-
sers , ob die von ihm propagierten Reformen hinreichten , „die Burschenschaften wie-
der zu erwecken“134 , sollte sich als unbegründet erweisen : Zum einen vollzog sich die
‚Wiedererweckung‘ , wie bereits aufgezeigt , jedenfalls im organisatorischen Sinne aus-
gesprochen rasch ; zum anderen mussten , um sie zu ermöglichen , noch nicht einmal die
von Berka als unzeitgemäß punzierten Traditionen preisgegeben werden.
Bezogen auf die Gesamtheit der vor dem Zweiten Weltkrieg in völkische Verbindun-
gen eingetretenen Alten Herren war die Bereitschaft zur völkischen Restauration nach
1945 durchaus nicht ungeteilt. „Leider haben [ sic ] uns in diesen Zeiten [ der Wieder-
errichtung , Anm. B. W. ] auch eine Reihe von Bundesbrüdern verlassen , die geglaubt
haben , ohne einen Freundschaftsbund auskommen zu können , oder die ihr Interesse an
der Sache des eigenen Volkes verloren hatten“, vermerkt die Aldanen-Chronik verächt-
lich über jene , welche die Erzählung von der eigenen Daseinsberechtigung und -not-
wendigkeit durch ihr Fernbleiben in Zweifel zogen.135 Wilfried von Hornberg ( Albia
Wien ) berichtete 1950 in einem Brief an den damaligen Verbindungsmann der DB nach
Österreich , Sigurd Weyringer ( Arminia Graz ), dass „so manche“ alten Burschenschafter
„absolut kein Interesse für ein Wiederaufleben haben“;136 und Hans Menzel ( Ostmark
bzw. Alania Wien ) konstatierte 1953 , „viele der ehemaligen Waffenstudenten“ würden
„bis zur Stunde noch um den Rest jener Ideale kämpfen , an die sie in ihrer Hochschul-
zeit kompromisslos und voller Inbrunst glaubten“.137
II.4 Rückeroberung von Öffentlichkeit
Es muß daher [ aufgrund der Isolierung der „freiheitlich-nationalen Akademiker“ durch Ent-
nazifizierung und schwarz-rote Patronage , Anm. B. W. ] das Bestreben der freiheitlichen Aka-
demikerschaft darauf gerichtet sein , sich im öffentlichen wie im wirtschaftlichen Bereich
132 So sollte das Deutschtumsbekenntnis nunmehr zu positiven Österreich- und Europa-Bezügen nicht
notwendig in Widerspruch stehen ( vgl. ebd., 6 und 8 f. ).
133 Ebd., 11. Wie das „selbstverständlich“ schon andeutet , befand Berka diese Vorgabe keiner näheren Be-
gründung wert. Selbstverständlicher als der Ausschluss von ‚Nicht-Ariern‘ war offenbar nur die Beibe-
haltung des Männerbundes : Sie blieb nicht nur unbegründet , sondern auch unerwähnt.
134 Ebd., 16.
135 Aldania 1994 , 158.
136 BAK , DB 9 , B. VI.15 [ A ], Brief Hornbergs an Weyringer vom 2. 12. 1950 ( Abschrift ), 1.
137 BAK , DB 9 , B. VI.15 [ A ], Rede am Stiftungsfest des Akademikerverbandes Salzburg vom 9. 5. 1953 , 3.
„ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- „ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
- Subtitle
- Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
- Author
- Bernhard Weidinger
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2015
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79600-8
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 634
- Keywords
- Burschenschaft, Studentenverbindung, Männerbund, Deutschnationalismus, Nationalismus, Rechtsextremismus, Konservatismus, Südtirol, Hochschulpolitik, VDU (Verband der Unabhängigen), FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs)
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- I. Einleitung 11
- II. Nationalsozialismus und postnazistische Restauration 45
- II.1 Völkische Korporierte im (und für den) Nationalsozialismus 45
- II.2 Korporationen und ‚Entnazifizierung‘ 52
- II.3 Die Wiedererrichtung der Bünde 56
- II.4 Rückeroberung von Öffentlichkeit 71
- II.5 Burschenschaftliche Vergangenheitsbewältigung 80
- II.5.1 Die erste Bestandsaufnahme Günther Berkas (1950/51) 83
- II.5.2 Die Auseinandersetzung um das ‚burschenschaftliche Geschichtsbild‘ (ab 1956) 90
- II.5.3 Burschenschaftliche Gedenkpolitik 96
- Exkurs: Zur Spezifik burschenschaftlicher Vergangenheitsbewältigung in Österreich 107
- II.5.4 Die Feldpost-Anthologie der Oberösterreicher Germanen (1967) 110
- Exkurs: Die Sprache der Vergangenheit 112
- II.5.5 Generationenverhältnis zwischen Konflikt und Konformismus 114
- II.5.6 Vergangenheitsbewältigung um die Jahrtausendwende 124
- II.5.7 Schlussbetrachtungen 127
- III. Burschenschaftliche Ideologie in Österreich 133
- III.1 Die Burschenschaften in Österreich als politische Vereinigungen 133
- III.2 Der burschenschaftliche Auftrag an den Einzelnen 150
- III.3 Burschenschaftliche Erziehung 164
- III.3.1 Der burschenschaftliche Erziehungsauftrag 164
- III.3.2 Ebenen und Orte burschenschaftlicher Erziehung 171
- III.3.3 Funktionen und Konsequenzen 177
- III.4 Politisch-ideologische Heterogenität und burschenschaftlicher Corpsgeist 181
- III.4.1 Meinungsvielfalt und -hegemonie 181
- Exkurs: Zur relativen Abweichung der Oberösterreicher Germanen 186
- III.4.2 Konflikt und Kontroversen 191
- III.4.3 Die Außenwahrnehmung: Burschenschaften als Monolith 201
- III.4.4 Ursachen und Folgen burschenschaftlicher ‚Geschlossenheit‘ 210
- III.5 Wandel und Beharrung 213
- III.5.1 Burschenschaften zwischen Avantgarde und Reaktion 214
- III.5.2 Die Restaurationsphase: weiter (fast) wie bisher 220
- III.5.3 Die 1960er-Jahre: Weckrufe und Reformanläufe 225
- III.5.4 Der Streit um die Ehrenordnung 229
- Exkurs: Das Duellwesen in Österreich nach 1945 232
- III.5.5 Die 1970er-Jahre: Aufbruchsstimmung und Backlash 233
- III.5.6 Gründe der Wandlungsresistenz 236
- III.6 Selbstbild: Gegen-Elite 249
- III.7 Völkischer Nationalismus als weltanschaulicher Angelpunkt 273
- III.8 Burschenschaften und Demokratie 302
- III.8.4 Der Einzelbund: ein ‚Parlament im Kleinen‘? 319
- III.8.5 Individuum und Kollektiv 326
- IV. Praxis burschenschaftlicher Politik 335
- IV.1 Burschenschaftliche Betätigung im politischen Sinn 335
- IV.2 Burschenschaftliche Betätigung im metapolitischen Sinn 355
- IV.2.1 Gegen ‚Zeitgeist‘ und ‚Umerziehung‘: Frühe burschenschaftliche Metapolitik 355
- IV.2.2 Wider die ‚österreichische Nation‘ 360
- IV.2.3 Gegen ‚Geschichtslügen‘: Burschenschaftliche Geschichtspolitik 365
- IV.2.4 Einsatz für ‚das Deutschtum‘: die ‚Volkstumspolitik‘ der Burschenschaften 374
- IV.2.5 ‚ Nach außen wirken‘: burschenschaftliche Publizistik und Öffentlichkeitsarbeit 377
- IV.2.6 ‚Neue Rechte‘ gegen ‚Neue Linke‘? 386
- IV.2.7 Rezeption der ‚Neuen Rechten‘ 399
- IV.2.8 Burschenschaftliche Metapolitik um die Jahrtausendwende 412
- IV.3 Burschenschaftliche Südtirol-Politik 416
- V. Burschenschaften und politische Parteien 443
- V.1 Völkische Korporationen als freiheitliche Kaderschmieden: eine statistische Annäherung 448
- V.2 Zur Überparteilichkeit des Burschenschaftswesens in Österreich 476
- V.3 Flügelkämpfe und Personaldebatten 489
- V.4 Programmatik und Policy-Ebene 511
- V.5 Parteienkooperation und Koalitionsoptionen 521
- V.6 Funktionen der FPÖ für die völkischen Korporationen 532
- V.7 Funktionen des völkischen Korporationswesens für die FPÖ 541
- V.8 Völkische Verbindungen und FPÖ: prekäre Interessengemeinschaft auf Gegenseitigkeit 550
- VI. Abschließende Überlegungen 557
- Anhang
- Literatur, publizierte Quellen, Chroniken und Festschriften 581
- Archive und Archivalien 603
- Verbindungsstudentische, völkische und freiheitliche Periodika 608
- Tabelle und Diagramme 609
- Zitierte eigene Interviews 609
- Abkürzungsverzeichnis 610
- Glossar: Organisationen, Organe, verbindungsstudentische Begriffe 612
- Personenregister 619